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EU-Lobbyregister: Das Märchenbuch der Konzerne

EU-Lobbyregister. Das Märchenbuch der Konzerne

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Keine gute Nachricht ohne schlechte. Vergangene Woche wurde der Entwurf für ein verpflichtendes EU-Lobbyregister verabschiedet.
Das ist zu begrüßen. Aber leider.

Anreize für korrekte Angaben, gar Strafen für falsche, wird es nicht geben, obwohl sich in Brüssel fast alles um Lobbying dreht. Es sind nur grobe Schätzungen: 5000 Lobbyorganisationen mit 20.000 Beschäftigten sollen jährlich rund drei Milliarden Euro investieren, um Entscheidungsträger des Europäischen Parlaments zu beeinflussen – über Einladungen, Verbände, Enqueten, möglicherweise auch durch direkte Geldzuwendungen. Im Mai 2011, nachdem einige EU-Abgeordnete, darunter Ernst Strasser, von der „Sunday-Times“ als Lobbyisten enttarnt worden waren, verlangte die Mehrheit des EU-Parlaments ein verpflichtendes Lobbyregister.

Denn das Bestehende ist, gelinde gesagt, ein Hohn. Aktuell sind zwar rund 6013 Organisationen registriert. Big Player wie etwa Adidas, Amazon oder Goldman Sachs sind nicht darunter. Überdies werden seit Jahren mehr als fragwürdige Angaben bei den finanziellen Aufwendungen gemacht: 2011 gab die Association of Independent Tobacco Specialists allen Ernstes an, keinen Euro in Lobbying zu investieren. Im selben Jahr belegte
IRCEM, ein mittleres französisches Versicherungsunternehmen, mit 55 Millionen Euro den Spitzenplatz.

Ein ähnlich schiefes Bild ergibt das laufende Jahr. 2013 wollen etwa Ford nur 600.000 Euro, Google 1,2 Millionen, Unilever 600.000, ExxonMobil fünf Millionen, Shell 4,2 Millionen, British Airways 1,5 Millionen, Microsoft 4,7 Millionen, Bayer 2,8 Millionen, Statoil 900.000, Ericsson 900.000 und Nokia 700.000 Euro für Lobbying investiert haben. Macht in Summe knapp 23 Millionen Euro. Glaubwürdig?

Wohl kaum. Tunclear Textile Industry Inc., ein Unternehmen, das Textilien und Babybekleidung aus organischer Baumwolle herstellt, meldet im laufenden Jahr 20 Millionen Euro laut Transparenzregister.
Martin Ehrenhauser (Foto), einziger österreichischer Vertreter in
der Arbeitsgruppe, ist der Entwurf wenig überraschend „zu wenig entschlossen“. Sein Vorschlag, wonach nur Lobbyorganisationen, die im Register eingetragen sind, bei Expertengruppen der Kommission teilnehmen und zu Ausschüssen ins EU-Parlament eingeladen werden dürfen, setzte sich allerdings nicht durch.