Fehlreaktionsfreude

Allergien, Teil II. Existieren Allergien als Waffe gegen Krebs?

Drucken

Schriftgröße

Von Alwin Schönberger

Die Neugier der Forscher macht vor Raubtieren nicht halt. Derzeit müssen Tiger und Löwen Haare lassen: Im Tiergarten Schönbrunn sammelt der Pfleger Andreas Eder gelegentlich Fellreste seiner animalischen Schützlinge und reicht sie an Wissenschafter des Wiener Messerli-Forschungsinstituts weiter. Erika Jensen-Jarolim, Professorin für Komparative Medizin, und ihr Team analysieren die Tierhaare mit detektivischem Gespür. Die Experten wollen herausfinden, welche Proteinbausteine im Fellkleid als Allergieauslöser infrage kommen.

Längst weiß man zwar, dass Katzen, Hunde oder Meerschweinchen bei vielen Menschen heftige Reaktionen des Immunsystems auslösen – ein Umstand, der in den vergangenen Jahrzehnten zum kontinuierlichen Anstieg der Allergikerraten beitrug. Gut ein Drittel der Bevölkerung in den Industrienationen, in urbanen Ballungsräumen sogar bis zu 40 Prozent, reagiert bei Kontakt der Schleimhäute mit Eiweißstoffen in Pollen, Nahrungsmitteln oder auf Tierhaaren mit Heuschnupfen, Asthma oder bösen Hautreizungen.

Auch sind Übeltäter wie das Katzenal-lergen „Fel d 5“ und das Hundeprotein „Can f 1“ katalogisiert, die für Allergien verantwortlich sein können. Doch Jensen-Jarolim will es nun ganz genau wissen: Gibt es zum Beispiel, so eine der Grundsatzfragen, gewissermaßen universelle Moleküle, die nicht nur Hauskatzen zur Allergiequelle machen, sondern etwa auch im Fell von Wild- oder Großkatzen vorkommen? Und umgekehrt: Womöglich könnte ein breitflächiges Screening einzelne Vertreter der Spezies identifizieren, welche genau jene kritischen Eiweißbausteine nicht tragen, die im Körper des Allergikers zu überschießenden Immunantworten führen. „Wir wollen unser Basiswissen erweitern“, sagt Jensen-Jarolim, die sich mit Allergien bei Tier und Mensch sowie entsprechenden Wechselwirkungen befasst.

Dem geheimnisvollen Universum der Proteine kommt dabei eine Schlüsselrolle zu: Nur ein winziger Prozentsatz dieser Eiweißstoffe bedingt die Produktion jener IgE-Antikörper, welche die typischen Allergiesymptome nach sich ziehen. Doch welche im Detail? Und gibt es eine Art gemeinsamen biochemischen Nenner? Ein tieferes Verständnis dieses molekularen Kosmos könnte allergiegeplagten Kindern doch noch zu Haustieren verhelfen – zum Beispiel, indem man Katzen genau jene Moleküle wegzüchtet, welche die allergische Reaktion auslösen. „Hypoallergene Tiere“ nennen Forscher solche Zuchtlinien. Das kalifornische Unternehmen Lifestyle Pets bietet genveränderte Katzen bereits tatsächlich zum Kauf an. „Fröhlich und spielfreudig“ seien die Kätzchen, verrät die Website ihrer Schöpfer, die auf eine Manipulation des Glycoproteins „Fel d 1“ abzielen.

Konsequenzen ungewiss
Allerdings: Abgesehen vom saftigen Preis von rund 3000 Euro kann niemand mit Gewissheit sagen, welche medizinischen Konsequenzen der Eingriff bei den Tieren bewirkt. Eine verstärkte Infektionsanfälligkeit vielleicht? Möglicherweise eine ausgeprägte Neigung zu Aborti? Jensen-Jarolim bestätigt zwar, dass diese Züchtungen weniger Asthmaauslöser in sich tragen, verfolgt aber im Rahmen ihrer aktuellen Studien ein anderes Konzept: Das intensive Studium der Proteinstrukturen könnte letztlich klären, ob bestimmte Rassen – Experten sprechen dabei von „Phänotypen“ – die kritischen Stoffe erst gar nicht bilden, und zwar ganz auf natürliche Weise. Gelingt das Vorhaben, müsste man Tierfreunden lediglich die passende Katzen- oder Hunderasse empfehlen. Immerhin sind zehn bis 15 Prozent der Allergiker sensibel gegenüber Hund oder Katze.

Traditionell gibt es nur eine Strategie gegen Tierallergien: möglichst jeden Kontakt vermeiden. Die verbreitete Annahme, dass die häufige Gegenwart von Haustieren der Entstehung von solchen Überempfindlichkeiten vorbeugen könne, trifft nach Ansicht der meisten Forscher nicht zu. Eine einzige Ausnahme wird debattiert: Sind bereits Neugeborene respektive sehr kleine Kinder – also Menschen in jener Phase, in der das angeborene Immunsystem erst allmählich heranreift und dabei durch Umwelteinflüsse geprägt wird – ständig in Gesellschaft von Hund oder Katze, könnte dies einen gewissen Schutz herausbilden. Das ergab etwa eine Langzeituntersuchung des Medical College of Georgia, die vor zwei Jahren publiziert wurde. Kinder, die im ersten Lebensjahr das Heim mit einer Katze geteilt hatten, litten später nur halb so oft an Allergien wie Jugendliche, die keine Katze zu Hause gehabt hatten. Ein Hund als Familienmitglied zeitigte interessanterweise nur bei Burschen einen positiven Effekt. Warum, ist unklar.

Dieser Benefit der frühesten Lebensjahre ist freilich bei Allergien generell von großer Bedeutung, auch im Hinblick auf Behandlungserfolge: Beginnt die Therapie in jüngsten Jahren, wenn man auf einen Stoff oder maximal zwei reagiert, liegt die Erfolgsquote der gängigen Hyposensibilisierung mitunter bei über 90 Prozent. Doch mit steigendem Alter und der dann häufig wachsenden Zahl von Substanzen, auf die man anspricht, sinken die Chancen rapide: Ein molekulares Chaos an Allergenen, die einander gegenseitig beeinflussen und die Symptome potenzieren (in der Fachsprache „Polysensibilisierung“), ist extrem schwer zu beherrschen.
Klassisch sind zum Beispiel Wechselwirkungen zwischen tierischen Allergenen und solchen in Lebensmitteln. Denn teils finden sich exakt jene Proteine, die in Gegenwart der Vierbeiner tränende und juckende Augen verursachen, auch in mancher Nahrung: Wer auf Katzen empfindlich reagiert, tut dies im Wege einer Kreuzallergie beim Genuss von Fleisch oft ebenfalls. Überhaupt sind die täglichen Mahlzeiten eine reiche Quelle an Allergenen, besonders seit dem intensiven Einsatz von Konservierungsmitteln und anderen Zutaten der industriellen Fertigung, wie Jensen-Jarolim berichtet. Diese sogenannte „prozessierte“ Nahrung wirke vielfach als Verstärker.

„Was sich geändert hat, ist die Anpassung der Ernährungsgewohnheiten an im Westen übliche Standards“, konstatiert auch Dietmar Fuchs, Professor für Biologische Chemie an der Medizinischen Universität Innsbruck. „Aufgrund der weiten Handelswege werden heute Konservierungsmittel verbreitet eingesetzt. Sie dienen vor allem zur Hemmung von Keimwachstum und liefern damit einen wesentlichen Beitrag zur gesteigerten Hygiene in unserem Alltag“, so Fuchs. Freilich sei es sinnvoll, gefährliche Krankheitserreger zu eliminieren, doch man kann es auch übertreiben: Der heutige Lifestyle verordne gewissermaßen ein widernatürlich steriles, keimfreies Umfeld. Weil allerdings eine Vielzahl von Daten darauf hindeutet, dass Keimkontakt bis zu einem gewissen Grad das Immunsystem resistent gegen Allergien macht, liegt der Verdacht nahe, dass die Nahrungsmittelindustrie auf diesem Umweg durchaus zur Verbreitung solcher Leiden beiträgt. „Zum Glück werden Nahrungsmittelzusatzstoffe in letzter Zeit mehr und mehr hinterfragt“, findet Fuchs.

Moderne Nahrung als Allergieverstärker
Er und seine Kollegen haben anhand von Zellstudien mittlerweile noch einen Konnex zur Ernährung aufgespürt: In der Lebensmittelindustrie gebräuchliche Zusätze greifen ganz offensichtlich auch anderweitig ins komplexe Gefüge des Immunsystems ein. Neben Konservierungmitteln sind dies etwa Antioxidantien – und damit ausgerechnet jene Vitamine, die mit hohem Marketingaufwand als besonders gesund gepriesen und gern in Fruchtsäfte gemixt werden. Konkret geht es dabei um Helferzellen der Typen Th1 und Th2. Während Erstere unter dem Eínfluss von Vitaminzusätzen über eine Entzündungshemmung unterdrückt werden, steigt die Aktivität der Zweiteren – was in Bezug auf Allergien kritisch ist, weil dem Th2-System eine Schlüsselfunktion bei deren Ausprägung zukommt. „Es handelt sich hauptsächlich um in hoher Dosis zugesetzte Stoffe und nicht um natürliche Vitamine in Obst“, präzisiert Fuchs.
Doch auch scheinbar banale und vielfach geschätzte Methoden der Bearbeitung mancher Leckereien gelten als problematisch. So sei zum Beispiel die Erdnussallergie überhaupt erst mit dem Rösten der Nüsse virulent geworden, berichtet Jensen-Jarolim. Demografische Daten stützen die These der modernen Nahrung als Allergieverstärker durchaus: Rund acht Prozent der Kinder in den USA laborieren heute an Nahrungsmittelallergien, in Mitteleuropa wird die Zahl inzwischen auch schon auf bis zu sechs Prozent geschätzt.

Die Wiener Forscherin befasst sich allerdings nicht nur mit humanen Reaktionen auf Tierkontakte, sondern auch gleichsam mit dem Gegenteil. So verblüffend es klingen mag: Immer mehr Tiere entwickeln Allergien gegen Menschen. Als Ursache gilt vor allem übertrieben enger Kontakt. Nicht nur im Sinne der Kinder haben Katzen eigentlich nichts im Bett verloren – zugleich können Vierbeiner Überempfindlichkeiten gegenüber den Keratinschuppen der menschlichen Haut entwickeln, deren Konzentration auf dem Leintuch naturgemäß besonders hoch ist.
Überhaupt werden Haustiere immer mehr zu Allergiepatienten, was ihre Halter angesichts von Symptomen wie ständigem Kratzen oder Haarausfall oft nicht nur Nerven, sondern auch ordentlich Geld kostet. Bei den Hunden sind es vor allem Rassen wie Retriever, Malteser und verschiedene Terrier, die überempfindlich auf Allergene von Milben, Flöhen sowie aus der Nahrung reagieren – wobei auch bei den Tieren die großindustrielle Verarbeitung von Futter eine gewichtige Rolle spielen dürfte.
Moderne Chip-Diagnostik, wie sie in Österreich bereits verfügbar ist (siehe profil 16/2013), wäre gerade für Tiere vorteilhaft: Finden es schon Menschen lästig genug, den „Prick-Test“ über sich ergehen zu lassen, bei dem eine recht kleine Auswahl möglicher Allergene direkt in die Haut geritzt wird, ist dieser Check bei Tieren ohne belastende Sedierung oder gar Narkose undurchführbar. Für die computerisierte Diagnose mittels Chip hingegen genügt ein winziges Tröpfchen Blutserum – und als Resultat erhält man die Analyse eines breiten Spektrums potenzieller Erreger auf präziser molekularer Basis. Eine solche Methode wird zurzeit an der Wiener Veterinärmedizinischen Universität entwickelt.

Dass sich Experten wie Jensen-Jarolim so sehr für die winzige Welt der Biochemie interessieren, hat abseits konkreter Therapieansätze noch einen tieferen Grund. „Wir wollen das Prinzip Allergie verstehen“, sagt die Wiener Forscherin. Wie Allergien wirken und zu bekämpfen sind, ist zweifelsohne ein bedeutsames Themenfeld – warum sie überhaupt existieren, jedoch ein nicht minder spannendes. Eine zunächst merkwürdig klingende Frage lautet: Wäre es denkbar, dass just jene Mechanismen, die zu den teils scheußlichen allergischen Reaktionen führen, in ihrer Urform einen Sinn haben, womöglich sogar einen Nutzen in evolutionärer Hinsicht?
Inzwischen fällt die Antwort recht eindeutig aus: wahrscheinlich ja. Dabei werden momentan zwei Gedankenmodelle verfolgt, die einander auch nicht widersprechen. Eines der heißesten Themen derzeit ist die sogenannte Allergo-Onkologie. Mehrfach wurde die verblüffende Beobachtung gemacht, dass Allergiepatienten womöglich zumindest in einem Punkt im Vorteil sind: Sie sind von einigen Krebsarten geringfügig seltener betroffen als die Durchschnittsbevölkerung. „Man ist als Allergiker natürlich beileibe nicht vor Krebs geschützt“, schränkt Jensen-Jarolim ein, doch der grundsätzliche Zusammenhang sei zumindest statistisch evident.

Mittlerweile liegt auch eine Theorie im Hinblick auf die molekularbiologischen Prozesse vor. Die Vermutung ist, dass genau jene Antikörper der Immunglobulinklasse E (IgE), die für allergische Reaktionen mitverantwortlich sind, Einfluss auf die Krebsentstehung haben könnten. Hemmt IgE vielleicht sogar das Tumorwachstum? Der definitive Beweis existiert noch nicht, so Jensen Jarolim, doch es gebe „mit Sicherheit Schnittflächen zwischen IgE und Tumoren; vielleicht nähern wir uns damit dem Sinn der Allergie“. Mithilfe von synthetisch hergestellten IgE-Antikörpern gegen Krebs bei Menschen und auch bei Hunden sollen diese Phänomene nun näher untersucht werden.

Ein zweiter Ansatz zur Identifizierung ursprünglich sinnvoller Funktionen von Allergien konzentriert sich auf jene Körperzellen, welche die körpereigene Armee gegen verschiedene Angreifer bilden. Neuerlich sind die beiden Typen von Helferzellen von Belang: einerseits die Gruppe Th1, die vor allem gegen Viren und Bakterien gerichtet ist. Zentrale Aufgabe der Th2-Zellen dagegen ist es, den Organismus vor Schäden durch Würmer, Parasiten sowie durch Pflanzen-, Tiergifte und Reizstoffe zu bewahren. Vor allem der Kampf gegen letztere Form der Bedrohung, die sogenannten Xenobiotika, weist eine auffallende Parallele zur Allergie auf: Die Reaktion des Immunsystems erfolgt blitzartig. Was der Allergiker aus leidvoller Erfahrung kennt – etwa sofortiges Niesen, wenn Pollen in die Nase dringen –, ist bei der Abwehr von Giftstoffen höchst angebracht, möglicherweise sogar lebensrettend: Toxische Substanzen, beispielsweise durch den Biss eines giftigen Tieres, sollen mit größtmöglichem Tempo aus dem Körper befördert werden.

Mittlerweile gibt es auch Beobachtungen, welche diese These stützen, wie jüngst ein Forscherteam von Immunbiologen der Yale University in „Spektrum der Wissenschaft“ darlegte: Demnach konnte bereits nachgewiesen werden, dass eine sehr rasche allergische Reaktion das Risiko verringert, sich nach einem Zeckenbiss potenziell gefährliche Erreger wie Borrelien einzufangen. Diese Strategie des Körpers deute darauf hin, so erläutern die US-Experten, dass sich „in der Evolution grundlegende Mechanismen herausgebildet haben, die solche Gefahren rasch erkennen und sie unverzüglich bekämpfen“. Der Haken an der Sache: „Natürlich kann solch ein Warnsystem mitunter Fehlalarm geben.“

Typisch Evolution sozusagen: Generell zielführende Überlebensstrategien erkauft sich Homo sapiens mitunter mit lästigen Mängeln im sonst klugen biologischen Patent. Vermutlich ist dieses leicht überholungsbedürftige Programm der Natur allerdings ein schwacher Trost – zu wissen, dass man schon bei zartem Frühlingsduft bloß deshalb von heftigem Niesreiz gepeinigt wird, weil einen die Evolution zugleich vor vielleicht noch schlimmerem Übel bewahrt.

Renate und Bernhard Breithofer, 46 und 17
„Verschiedene Methoden ausprobieren“

Renate Breithofer zählt zu jenen Allergiepatienten, bei denen die Symptome im Lauf der Jahre merklich nachließen. Eine Austestung von rund 25 Jahren ergab noch Reaktionen auf die Erreger Haselnuss, Birke und Erle sowie die damit verbundenen Kreuzallergene Apfel und Karotte. Bei Breithofer, die in Wien eine Praxis für Allgemeinmedizin betreibt, dürfte die Hyposensibilisierung recht gut angesprochen haben: Im Grunde seien ihre Beschwerden beseitigt, so die Ärztin, nur die Irritation durch Haselpollen sei geblieben. Ihr Sohn Bernhard dagegen ist relativ heftig und von mehreren Auslösern betroffen – seit seiner Kindheit er ist allergisch gegen Staubmilben und Proteine im Katzenfell. Auch ein Wespenstich wäre bei ihm kritisch. Die Standardtherapie hat Bernhard Breithofer nicht absolviert, dafür Eigenblutbehandlungen, die nach eigenem Bekunden zumindest dezente Erleichterung brachten. Ihren Patienten rät Breithofer durchaus dazu, verschiedene Methoden auszuprobieren, ob nun traditionelle Schulmedizin oder Alternativprogramme wie Akupunktur – so verwirrend allergische Reaktionen seien, so individuell verschieden seien oft auch die therapeutischen Erfolge: „Manchen hilft eine bestimmte Methode, anderen eben nicht.“

Hintergrund

Das Allergie-Alphabet
Die häufigsten Erscheinungsformen von Allergien, auf welche Auslöser sie zurückzuführen sind und wie sie traditionell behandelt werden.

Eiweißstoffe (Proteine) in Pollen, auf dem Tierfell oder in der Nahrung lösen die häufigsten Allergiesymptome aus: tränende Augen, rinnende Nase, Nies-anfälle, Atembeschwerden bis hin zu Asthma. Fast jedes fünfte Kind in urbanen Gebieten leidet zudem am atopischen Ekzem, besser bekannt unter dem veralteten Begriff Neurodermitis. Die fatale Allergikerkarriere, bei der immer mehr Überreaktionen auftreten, wird als „atopischer Marsch“ bezeichnet.

Die übliche Behandlung ist die Spezifische Immuntherapie: Man verabreicht wohldosiert genau jene Substanzen, auf die der Patient allergisch reagiert. Bei nur ein bis zwei Allergenen und frühem Therapiebeginn sind die Behandlungserfolge heute beachtlich. Wirkt eine Vielzahl von Allergenen, lässt sich das immunologische Chaos kaum schlichten. Neue Methoden mit synthetischen Impfstoffen könnten die Erfolgsquoten merklich steigern (siehe profil 16/2013 hier).

Standen zur Hyposensibilisierung lange nur Injektionen zur Verfügung (die häufige Besuche in der Arztpraxis erforderten), gibt es die Präparate nun auch zur sublingualen Einnahme, also als Tablette oder Spray. Zur reinen Symptombekämpfung werden Antihistaminika (Präparate, welche die Ausschüttung der allergieauslösenden Histamine bremsen) sowie Inhalatoren eingesetzt, welche die Atemnot bekämpfen.

Neurodermitis wird mit lokal angewandten Kortikoiden (Cortisonpräparaten) behandelt, Feuchtigkeitscremes sollen die Regeneration der Haut fördern und deren Barrierefunktion stärken.

Kontaktallergien sind ein Spezialfall: Jeder Sechste ist zumindest zeitweise davon betroffen, wobei rund 4000 allergene Substanzen bekannt sind. Verbreitet sind etwa Reizungen durch Nickel. Hier handelt es sich nicht um IgE-Reaktionen. Stattdessen werden Immunzellen in der Haut gegen die Irritanzien mobilisiert. Neben deren Meidung können nur die Entzündungsreaktionen gedämpft werden.

Medikamentenallergien stellen ebenfalls eine eigene Kategorie dar. Hier dürfte jener Arm der Immunabwehr in Aktion treten, der für die Bekämpfung von Giftstoffen zuständig ist, sogenannten Xenobiotika. In fehlgeleiteter Form lösen etwa Antibiotika wie Penicillin allergische Reaktionen aus.

Die Themen in Teil eins in profil 16:
- Hochwirksame Therapien in greifbarer Nähe
- Wie moderne Chip-Diagnostik funktioniert
- Neueste Erkenntnisse der Ursachenforschung
- Wie Keime das Immunsystem schützen