Cyberama: Das Smartphone wird zu einem Teil unseres Selbst

Cyberama von Thomas Vasek: Ich, mein Phone

Das Smartphone wird zu einem Teil unseres Selbst

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Ohne Smartphone sind wir dümmer. Das zeigt jetzt eine Studie an der Universität von Missouri. In einem Experiment mussten 40 iPhone-Nutzer aus einem Buchstabensalat Wörter heraussuchen. Einmal hatten sie ihr Smartphone dabei, das andere Mal nicht. Während der Aufgabe wurden Blutdruck und Herzfrequenz gemessen. Ergebnis: Bei der Testsequenz ohne Smartphone fühlten sich die Probanden deutlich unwohler, ihre Herzfrequenz stieg - und sie fanden weniger Wörter. "Unsere Ergebnisse lassen darauf schließen, dass eine Trennung vom iPhone negative Einflüsse auf die Leistung bei mentalen Aufgaben haben kann“, erklärte einer der Wissenschafter. In der Studie heißt es sogar, dass das iPhone zur "Erweiterung des Selbst“ werden könne. Abgesehen davon, dass das wie eine Werbebotschaft von Apple klingt, bestätigt das Resultat eine These, die seit Längerem von einigen Philosophen und Kognitionswissenschaftern vertreten wird. "Das iPhone ist zum Teil meines Geistes geworden“, meint etwa der australische Philosoph David Chalmers. Nach seiner "Extended Mind“-These können wir nicht nur kognitive Prozesse, sondern sogar Teile unseres Selbst aufs Smartphone auslagern, sofern wir nur eng genug an das Gerät "gekoppelt“ sind. Das Entscheidende dabei ist, dass das Gerät die gleiche Rolle für uns spielt, die kognitive Prozesse wie das Gedächtnis spielen. Je häufiger wir das Smartphone benutzen und uns darauf verlassen, desto mehr verschmelzen wir damit zu einem "erweiterten System“. Und das ist keineswegs so schlimm, wie es klingt. Der Mensch hat Teile seines Geistes immer schon auf externe Ressourcen ausgelagert - auch bevor es Google und Facebook gab. Jemandem heutzutage das Smartphone wegzunehmen, ist nicht bloß Diebstahl, sondern ein direkter Angriff auf seine Person. Wie denken Sie darüber?

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