Cyberama von Thomas Vasek: Überwachungswarnung

Warum wir uns an Überwachung nicht gewöhnen dürfen

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Stellen Sie sich einmal vor, Sie wüssten, dass Sie ständig rundum überwacht werden. Dass jedes Ihrer E-Mails mitgelesen, jedes Telefonat abgehört, jede Bewegung per Video verfolgt wird. Wie würde dieses Wissen Ihr Leben verändern? Vielleicht würden Sie in Zukunft einiges anders machen. Zum Beispiel weniger intime E-Mails schreiben, seltener am Telefon über die NSA schimpfen oder nackt durch die Wohnung laufen. Es könnte allerdings auch sein, dass Sie sich an die Überwachung gewöhnen, solange diese keine unmittelbaren Konsequenzen hat - bis Sie irgendwann gar nicht mehr daran denken und sich einfach so verhalten wie bisher. Solche Gewöhnungseffekte sind ein Kernproblem der gesamten Überwachungsdebatte. Edward Snowden kann noch so viele Beweise auf den Tisch legen: Solange sich die Menschen nicht ernsthaft betroffen fühlen, wird die Überwachung weitergehen. Und was soll schlecht daran sein, wenn es den meisten ohnehin egal ist? Lassen Sie uns das kleine Gedankenexperiment daher etwas verschärfen. Nehmen wir nun an, Sie wüssten nicht nur, dass Sie ständig überwacht werden, sondern auch, dass sämtliche Überwachungsergebnisse in regelmäßigen Abständen veröffentlicht werden. Jedermann könnte sämtliche Details aus Ihrem Privatleben einsehen. Das würde die Situation natürlich drastisch verändern. Plötzlich hätte die Überwachung sehr konkrete und vermutlich unangenehme Folgen. Wenn Sie davon ausgehen müssten, dass eines Tages jeder Ihre privaten Mails lesen kann, würden Sie bestimmte Mails wahrscheinlich überhaupt nicht mehr schreiben. Ihre Freiheit wäre massiv eingeschränkt. Natürlich ist das nur ein Gedankenexperiment. Aber solche Szenarien, ob realistisch oder nicht, können helfen, zu verstehen, was Überwachung bedeutet - und warum es wichtig ist, dass wir uns eben nicht an sie gewöhnen. Wie denken Sie darüber?

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