Umweltorganisationen sehen Handlungsbedarf

Klimabericht: Österreich von Klimawandel besonders betroffen

Aktuell. Österreich von Klimawandel besonders betroffen

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Seit 1880 ist die Temperatur in Österreich um nahezu zwei Grad gestiegen (Global: 0,85 Grad) - und ein weiterer Anstieg ist zu erwarten. Dies geht aus dem ersten österreichischen Klimawandel-Sachstandsbericht hervor.

An dem Projekt haben mehr als 240 österreichische Klimaforscher drei Jahre lang gearbeitet. "Es ist europaweit der erste nationale Sachstandsbericht", betonte Ingmar Höbarth, Geschäftsführer des federführenden Österreichischen Klimafonds.

Grundsätzlich unterstreicht der Bericht, "dass der Klimawandel in Österreich durch Messungen und Beobachtungen belegt ist und rascher vor sich geht als im globalen Mittel". Grund dafür ist, dass der Alpenraum besonders empfindlich für Klimaveränderungen ist.

Plus von 3,5 Grad bis zum Ende des 21. Jahrhunderts
Die Wissenschafter gehen auch von einem weiteren Temperaturanstieg in Österreich aus: Ohne Gegenmaßnahmen rechnen sie mit einem Plus von 3,5 Grad bis zum Ende des 21. Jahrhunderts. Durch den Klimawandel haben sich auch die Temperaturextreme markant verändert, so sind etwa kalte Nächte seltener, heiße Tage aber häufiger geworden. "Als ich ein Kind war, hatten wir acht Hitzetage von über 30 Grad, heute sind es 30", sagte Höbarth. Dieser Trend wird sich laut dem Bericht noch verschärfen - und damit auch die Häufigkeit von Hitzewellen.

Die Leidtragenden des Klimawandels sind in praktisch allen Bereichen zu finden, vor allem Land- und Forstwirtschaft, Ökosysteme, Biodiversität, aber auch Tourismus und das Gesundheitssystem. Die ökonomischen Auswirkungen extremer Wetterereignisse in Österreich sind dem Bericht zufolge bereits jetzt erheblich und haben in den vergangenen drei Jahrzehnten zugenommen. "Wir hatten alleine zwei Jahrhunderthochwasser in den vergangenen elf Jahren", sagte Höberth.

"Vorsichtig optimistisch"
Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) unterstrich, dass der Klimawandel eine wissenschaftlich belegte Tatsache ist. "Wer das leugnet, geht an der Realität vorbei", meinte der Ressortchef. Österreich reagiere mit einer zwei Eckpunkte umfassenden Strategie auf die Erwärmung: Einerseits durch aktive Klimaschutzmaßnahmen, andererseits mit einer Anpassung an den Klimawandel und dessen Auswirkungen wie etwa den vermehrten Hochwasserschutz. Insgesamt zeigte sich der Minister aber "vorsichtig optimistisch", dass der Klimawandel auf internationaler Ebene mit neuen Klimazielen gebremst werden kann.

Die Wissenschafter forderten eine "Transformation Österreichs in eine emissionsarme Gesellschaft". Dies erfordere laut Nebojsa Nakicenovic, TU Wien und Mitglied der Projektleitung, "radikale strukturelle und technische Umbaumaßnahmen".

Umweltorganisationen sehen Handlungsbedarf
Dringenden Handlungsbedarf für Österreich orten Umweltschutzorganisationen. "Angesichts der drohenden Folgen fordern wir Österreichs Bundeskanzler Faymann (Werner, SPÖ), Anm.) auf, sich beim kommenden EU-Rat für ein ambitioniertes EU-Klima- und Energiepaket einzusetzen", erklärten Global 2000, Greenpeace und WWF in einer Aussendung.

Den Umweltschützern zufolge ist die Erhöhung des Zieles auf 40 Prozent Treibhausgas-Reduktion möglich. Die Formulierung könnte aber auch auf eine Reduktion "um mindestens 40 Prozent" lauten. Österreich habe sich in der Debatte noch nicht öffentlich positioniert. Aber auch in Österreich selbst sei noch großer Handlungsbedarf gegeben. Global 2000 wies darauf hin, dass nach wie vor Kohlekraftwerke ohne Abschaltpläne betrieben werden, und forderte vom Verbund, "einen Ausstiegsplan aus der Verstromung von Kohle vorzulegen".

Weiters forderten die Umweltorganisationen den raschen Umstieg auf erneuerbare Energieträger. "Die fossile Energieerzeugung ist der heftigste Klimatreiber." Eine Voraussetzung dafür sei eine höhere Besteuerung für die Verfeuerung fossiler Energieträger. Zudem sei ein zukunftsfähiges Energiesystem ohne eine Halbierung des Energieverbrauchs nicht möglich. "Die derzeitigen Vorgaben der Klima- und Energiepolitik sind völlig unzureichend", konstatierten die Umweltschutzorganisationen.

Der Umweltdachverband trat für die Ökologisierung des Steuersystems ein. "Tax what you burn, not what you earn (besteuere, was du verbrennst, nicht was du verdienst, Anm.)" sollte das Motto für eine aufkommensneutrale ökosoziale Steuerreform sein. Höhere Steuern auf fossile Energieträger und Ressourcenverbrauch müssen einerseits den Faktor Arbeit entlasten und andererseits die Energiewende endlich auf Kurs bringen", sagte Michael Proschek-Hauptmann, Geschäftsführer des Umweltdachverbandes.

(APA/Red.)