Genozid in Ruanda. Massenmörder finden moralische Gründe für ihre Gräueltaten.
Die wichtigsten Antworten der modernen Moralstudien

Lassen sich inhumane Taten moralisch rechtfertigen?

Gibt es einen universellen Kodex von Gut und Böse?

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Lassen sich inhumane Taten moralisch rechtfertigen?

Stellen wir uns eine Situation vor, in der Entscheidungen getroffen werden, die als unmoralisch gelten müssten. Wenn beispielsweise Menschen aus Kriegsgebieten auf der Flucht sind und wir verhindern, dass sie sichere Gebiete erreichen, verwehren wir ihnen, was wir wohl selbst gern hätten, befänden wir uns in einer ähnlichen Lage. Eigentlich widerspricht dies dem Prinzip der Reziprozität, welches besagt: Handle, wie du selbst behandelt werden möchtest.

Um Flüchtlingen den Zutritt zu verweigern, müssen viele Menschen zusammenwirken: Es braucht Grenzkontrollen, Politiker müssen die Maßnahmen öffentlich erklären. Verhalten sie sich unmoralisch? Nein, sagen Moralforscher, stattdessen werden der jeweiligen Situation angepasste moralische Begründungen entwickelt. Etwa: Zum Wohl der eigenen Gesellschaft und späterer Generationen lassen sich Restriktionen nicht vermeiden, weil sonst erst recht Leid, Armut oder Konflikte entstünden. Man entwirft damit plausible Argumente mit moralischem Anspruch. Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Es geht hier nicht darum, was faktisch stimmt oder nicht -sondern um typische moralische Begründungen in solchen und ähnlichen Situationen.

Bild: Genozid in Ruanda. Massenmörder finden moralische Gründe für ihre Gräueltaten.

Alwin   Schönberger

Alwin Schönberger

Ressortleitung Wissenschaft