Rosetta-Mission

"Philae": Landung von Mini-Labor auf Kometen Tschuri geglückt

Raumfahrt. Landung von Mini-Labor auf Kometen geglückt

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Einen Tag nach der spektakulären Landung mit einem Mini-Labor auf dem Kometen Tschuri hat man wieder Kontakt zu dem Landegerät "Philae" bekommen. In der Nacht hatte es eine Zwangspause ergeben, da sich der Komet "67P/Tschurjumow-Gerassimenko" sowie die Raumsonde "Rosetta" in seiner Nähe bewegen. Das auf "Tschuri" sitzende Labor "Philae" kann somit nicht immer Kontakt zur Sonde haben, von der aus Signale zur Erde geschickt werden.

Probleme bei erster Landung
Trotz offensichtlich wilder Landung liefert das Mini-Labor "Philae" wieder Daten vom Kometen "67P/Tschurjumow-Gerassimenko". Kontrolleure konnten Donnerstag früh erneut Kontakt zu dem Gerät aufnehmen. Dabei gibt es Hinweise, dass "Philae" nicht nur zwei, sondern sogar drei Mal aufgepeppelt sein könnte.

"Die Verbindung läuft gut", sagte ein Sprecher im Kontrollzentrum der Europäischen Weltraumorganisation ESA in Darmstadt. In der Nacht hatte es wie erwartet eine Zwangspause wegen eines Funklochs gegeben. Das Labor scheine in einem "sehr soliden" Zustand zu sein.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln wollte Daten prüfen, nach denen "Philae" nicht nur zwei, sondern sogar noch ein drittes Mal auf dem Kometen aufgesetzt haben könnte. "Die Vermutung liegt nahe", sagte DLR-Sprecher Andreas Schütz. "Sicher ist es aber erst, wenn die Daten ausgewertet sind."

Die Landung ist eine Premiere in der Geschichte der Raumfahrt. Beim Aufsetzen auf "67P/Tschurjumow-Gerassimenko" gab es am Mittwoch aber Schwierigkeiten. Zwei Harpunen zum Verankern von "Philae" auf "Tschuri" wurden nicht ausgelöst, eine Düse zum Aufdrücken des Labors auf dem Kometen funktionierte nicht.

Der Chef des Esa-Flugbetriebs im Satelliten-Kontrollzentrum Esoc in Darmstadt, Paolo Ferri, ging am Donnerstag davon aus, dass "Philae" trotzdem auf dem Kometen bleiben wird. "Dass das Mini-Labor wieder abhebt, bezweifle ich sehr. Es ist zur Ruhe gekommen."

In den ersten Stunden nach der Landung hätten bereits wichtige Daten gesammelt werden können, sagte Ferri. Neben Fotos sei es etwa gelungen, das Tomographie-Projekt "Consert" zu starten. Dabei durchleuchten "Philae" und die Sonde "Rosetta" den Kometen in Teamarbeit. Wissenschafter wollen mit der Mission einen Blick in die Kinderstube des Sonnensystems werfen, das vor 4,6 Milliarden Jahren entstand.

Das Labor war mit "Rosetta" durch das All gereist und dann ausgesetzt worden. Bis zur Landung vergingen zehn Jahre, acht Monate und zehn Tage.

Touchdown! My new address: 67P! #CometLanding

Philae Lander (@Philae2014) November 12, 2014

Im Satellitenkontrollzentrum der Europäischen Weltraumorganisation ESA in Darmstadt löste die Premiere im All großen Jubel aus. Manche Experten vergleichen das Ereignis mit der Mondlandung 1969. Der Komet ähnelt ein bisschen einer Plastikente.

TOUCHDOWN for @Philae2014! #CometLanding pic.twitter.com/ZMBeB8ng3h

ESA Rosetta Mission (@ESA_Rosetta) November 12, 2014

Das Labor war an Bord der Raumsonde "Rosetta" zehn Jahre lang zu dem Kometen mit dem Spitznamen "Tschuri" gereist. Am 12. November war das Labor von seinem "Taxi" gelöst worden.

"Rosetta" und das Landegerät sollen den Kometen analysieren, um möglichst viel über ihn und den Beginn des Sonnensystems vor rund 4,6 Milliarden Jahren zu erfahren. Auch Hinweise auf die Entstehung des Lebens erhoffen sich die Forscher, etwa durch den Nachweis von organischen Molekülen wie Aminosäuren. Bis zum Tag der Landung legte "Rosetta" rund 6,5 Milliarden Kilometer im All zurück.

Die Sonde war 2004 mit einer Ariane-5-Rakete von der Weltraumstation Kourou in Französisch-Guayana gestartet.

Die komplizierte Reise zum Kometen
Weit über sechs Milliarden Kilometer in gut zehneinhalb Jahren - die europäische Kometensonde "Rosetta" hatte eine lange Strecke hinter sich, als ihre Mission am 12. November mit der Landung eines Mini-Labors auf dem Zielkometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko ihren Höhepunkt fand. Um Schwung auf ihrer Reise aufzunehmen, passierte "Rosetta" im vergangenen Jahrzehnt dreimal die Erde und einmal den Mars.

2. März 2004: "Rosetta" startet an Bord einer Ariane-5G-Trägerrakete vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana.

4. März 2005: Erster Vorbeiflug an der Erde in 1.955 Kilometern Entfernung.

25. Februar 2007: "Rosetta" passiert unseren Nachbarplaneten Mars in einer Distanz von nur 250 Kilometern.

13. November 2007:
Zweiter Vorbeiflug an der Erde, diesmal in 5.301 Kilometern Entfernung.

5. September 2008:
"Rosetta" begegnet im All dem Asteroiden Steins, der zwischen Mars und Jupiter seine Bahn um die Sonne zieht. Die Sonde nähert sich dem kleinen Himmelskörper bis auf 802,6 Kilometer.

13. November 2009:
Dritter Vorbeiflug an der Erde in 2.480 Kilometern Distanz.

10. Juli 2010:
"Rosetta" passiert den großen Asteroiden Lutetia und nähert sich ihm bis auf 3162 Kilometer.

8. Juni 2011:
Aus Energiespargründen werden die Instrumente von "Rosetta" in eine zweieinhalbjährige "Tiefschlafphase" versetzt.

20. Jänner 2014:
"Rosetta" erwacht planmäßig aus dem "Winterschlaf", ihre Instrumente werden nach und nach reaktiviert.

6. August 2014:
Ankunft am Kometen Tschurjumov-Gerasimenko, genannt Tschuri. "Rosetta" schwenkt in den folgenden Tagen in eine Umlaufbahn um den Brocken aus Eis, gefrorenen Gasen und Staub ein.

12. November 2014:
"Rosettas" Landeeinheit "Philae" löst sich von der Muttersonde und sinkt auf die Oberfläche des Kometen hinab. Nach stundenlanger Spannung verkünden die ESA-Wissenschaftler, dass der Forschungsroboter auf Tschuri gelandet ist.

Finally! I’m stretching my legs after more than 10 years. Landing gear deployed! #CometLanding

Philae Lander (@Philae2014) November 12, 2014

"Rosetta", "Philae" und "Agilkia": Woher kommen die Namen?

Rosetta: Der Name für die Sonde "Rosetta" wurde in Anspielung auf den Stein von Rosetta (auch: Stein von Rosette) gewählt. Mit den Inschriften darauf - in Altgriechisch, Demotisch und in Hieroglyphen - konnten erstmals die ägyptischen Hieroglyphen entziffert werden. Der Stein befindet sich heute im Britischen Museum in London.

Philae: Der Name des Landers "Philae" bezieht sich auf die Nil-Insel Philae. Auf diesem Eiland war ein Obelisk gefunden worden, der in griechischer Schrift und in Hieroglyphen die Namen von Kleopatra und Ptolemäus trug und so bei der Entzifferung half. Analog dazu soll die Mission dazu beitragen, unsere kosmische Geschichte zu entschlüsseln.

Agilkia: Der für den Lander ausgesuchte Platz auf dem Kometen ist ebenfalls nach einer Insel im Nil benannt: Agilkia. Sie wurde 1980 der neue Standort für den Tempel von Philae. Der ursprüngliche Standort - die Insel Philae - war nach dem Bau eines Staudamms überflutet worden. Den Namen für den Landeplatz auf dem Kometen wählte eine Jury in einem Wettbewerb aus 8.300 Vorschlägen aus. Vorher hieß der Platz auf dem Himmelskörper schlicht und kurz "J".

(APA/Red.)