Do&Co-Chef Attila Dogudan.

Do & Co-Chef Attila Dogudan über seine Erfolgsformel

Wie man ein Unternehmen hochkocht: Einst betrieb Attila Dogudan einen kleinen Feinkostladen in der Wiener Innenstadt. Heute führt er einen global tätigen Gastronomie-Konzern. Dazwischen liegt eine nicht nur für österreichische Verhältnisse ungewöhnliche Karriere. Dogudan, von Europas Wirtschaftspresse soeben zum „Manager des Jahres 2015“ gewählt, sprach mit Michael Nikbakhsh über sein rastloses Leben, abgehobene Führungskräfte und die Champions League des Essens.

Drucken

Schriftgröße

Eigentlich macht der Mann nichts anderes, als Nahrungsmittel zu verarbeiten, wenn auch auf recht ansprechendem Niveau. Und eigentlich beginnt seine Story so, wie viele Unternehmergeschichten beginnen, die niemals erzählt werden: mit einem kleinen Geschäft, kaum Kundschaft, verschwindenden Umsätzen und der existenziellen Frage, wie er die Löhne seiner drei Mitarbeiter bestreiten soll.

Es hat nicht viel gefehlt, und der Name Attila Dogudan wäre nur ein weiteres Pünktchen auf der Landkarte gescheiterter Entrepreneurs gewesen. Doch aus dem 1981 in der Wiener Innenstadt eröffneten Feinkostladen formte der demnächst 56-jährige Wiener mit türkischen Wurzeln in knapp mehr als drei Jahrzehnten ein global operierendes, florierendes Unternehmen. Do & Co – das sind heute rund 9000 Mitarbeiter in 20 Ländern, Küchen, Hotels, Restaurants, Flughafen-Lounges, Shops, Marken („Do & Co“, „Demel“, „Hédiard“, „Aioli“, „Henry“, „Big Daddy“). Rund 60 Airlines lassen ihre Bordmenüs mittlerweile von Do & Co zubereiten, daneben ist das Unternehmen eine fixe Größe im VIP-Catering von Sportgroßveranstaltungen (Formel 1, Fußball, Tennis, Ski). „Eine Mischung aus Corporate structure und Gauklertum“, wie Dogudan es nennt.

Do & Co – das ist auch eines der ertragreicheren Unternehmen des Landes, in Zeiten der Krise zumal. Das Wirtschaftsjahr 2014/2015, Bilanzstichtag ist der 31. März, war überhaupt das beste der Unternehmensgeschichte. Umsatz: plus 25 Prozent auf 795,7 Millionen Euro, Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT): plus 15 Prozent auf 53,5 Millionen Euro. An der Wiener Börse verzeichnete die Do & Co-Aktie allein in den vergangenen zwölf Monaten ein Plus von 80 Prozent, während der Leitindex ATX nicht einmal drei Prozent schaffte.

"Manager des Jahres 2015"

Attila Dogudan, der Zirkusdirektor, ist längst ein gemachter Mann. Als Vorstandsvorsitzender der Do & Co AG verdiente er 2014 nicht ganz 1,2 Millionen Euro brutto, dazu kamen 3,3 Millionen Euro an Dividenden. Sein 40-prozentiger Anteil an Do & Co (60 Prozent stehen in Streubesitz) ist heute gut 300 Millionen Euro wert. Ganz passabel für einen einst leidlich begabten Schüler und verkrachten Wirtschaftsstudenten. Seit Donnerstag vergangener Woche ist Dogudan auch ein ausgezeichneter Mann. Die European Business Press (EBP) kürte ihn im litauischen Vilnius zum „Manager des Jahres 2015“. EBP ist der Dachverband der europäischen Wirtschaftspresse, dem 45 Publikationen aus 27 Ländern angehören, darunter „Financial Times“, „Handelsblatt“, „Wall Street Journal Europe“, und profil. Dogudan habe „aus dem Nichts ein beeindruckendes Catering-Imperium geschaffen“, so die in der Jury vertretenen Chefredakteure.

Der Award, seit 1991 vergeben, ging unter anderem schon an Ingvar Kamprad (Ikea-Gründer), Wolfgang Mayrhuber (Lufthansa), Bernd Pischetsrieder (vormals BMW und Volkswagen) und Luca di Montezemolo (vormals Ferrari). Dogudan ist erst der dritte ausgezeichnete Österreicher nach Herbert Stepic (2007, damals Chef von Raiffeisen International) und Mayrhuber (2010). Stepic brachte die kugelförmige EBP-Trophäe allerdings kein nachhaltiges Glück.

profil: Herr Dogudan, in unserem Archiv finden sich zwar Dutzende Fotos von Ihnen, aber kein einziges, das Sie an Ihrem Schreibtisch zeigt. Was verrät das über Sie? Attila Dogudan: Dass ich zu 90 Prozent der an der Front bin, beim Kunden, beim Gast – also da, wo das Geld verdient wird. Am Schreibtisch sitze ich nur wenig, meistens dann, wenn Journalisten schon schlafen.

profil: Sie haben also einen Schreibtisch. Dogudan: Natürlich, sogar zwei. Einen in Istanbul und einen in Wien.

profil: Es dürfte nicht allzu viele Manager börsennotierter Konzerne geben, denen der Job körperlich so viel abverlangt. Sie kommen soeben vom Europa-League-Finale in Warschau, davor waren Sie beim Grand Prix in Monaco, demnächst catert Do & Co die Formel-1-Rennen in Kanada und Österreich. Dogudan: Sie vergessen das Champions-League-Finale in Berlin, eine der größten Veranstaltungen, die wir je gemacht haben. Wir rechnen mit insgesamt 14.000 VIP-Gästen an einem Tag.

profil: Wie sieht Ihr Tagesablauf rund um ein Großevent aus? Dogudan: Ich bin kein wirklicher Frühaufsteher, in aller Regel geht’s um acht Uhr raus aus dem Bett, ab neun geht’s dann durch bis zehn, elf in der Nacht – bis der letzte Gast gegessen hat. Dann ist der Zeitpunkt gekommen, wo wir selbst zum Essen kommen. Dazwischen müssen wir schauen, dass wir unseren eigenen Ansprüchen gerecht werden. Dabei geht es zunächst einmal um die Frage, was wir tun können, damit unsere Kunden zufrieden sind. Unsere einzige Kommunikation ist der zufriedene Gast, der das weitererzählt und die Marke in die Welt trägt. Daneben analysieren wir vor Ort laufend mögliche Risiken, um nur ja keinen Mist zu bauen.

profil: Viele Kilometer zu Fuß, unregelmäßig essen und wenig Schlaf … Dogudan: … ein durch und durch gesundes Managerleben. Nein, im Ernst: Ich schlafe zumeist zwischen sechs und sieben Stunden und ernähre mich gesund. Und das Herumlaufen bringt immerhin viel Bewegung.

Unser größtes Asset ist die Unternehmenskultur. Da geht es nur um die Menschen und sonst gar nichts.

profil: Fähige Manager zeichnen sich in aller Regel auch dadurch aus, dass sie delegieren. Diese Fertigkeit scheint bei Ihnen allenfalls mittelmäßig ausgeprägt zu sein. Dogudan: Dagegen verwehre ich mich. Man kann nicht 800 Millionen Euro mit 9000 Mitarbeitern umsetzen, wenn man nicht delegiert. Dennoch ist es in unserem Geschäft unerlässlich, dass du immer nah am Kunden bist. Wenn das Management nur delegiert, weiß kein Mensch, wie es beim Gast im Detail zugeht. Unser Geschäft ist eben nicht vom Schreibtisch aus über Mails delegierbar. Unser größtes Asset ist die Unternehmenskultur. Da geht es nur um die Menschen und sonst gar nichts. Natürlich kaufen wir die beste Rohware, aber was uns weltweit einzigartig macht, sind unsere Mitarbeiter. Man spürt, dass sie nicht nur fürs Geld arbeiten, obwohl wir in unserer Branche die höchsten Gehälter weltweit zahlen.

profil: Reden wir also über Ihre Unternehmenskultur. Dogudan: Die ist relativ einfach erklärt. Sie ist von Anstand geprägt und durch ein grundsätzliches Bekenntnis zu Leistung, die nur gemeinsam erbracht werden kann. Das kann man nur glaubhaft transportieren, wenn man es selbst vorlebt. Es ist für uns nicht einfach, weltweit die Leute zu finden, die zu uns passen.

profil: Kein Wunder, schließlich eilt Ihnen ja der Ruf voraus, an zwei Orten gleichzeitig sein zu können. Dogudan: Blöd für die Leute, die hoffen, dass ich nur an einem Ort bin.

profil: Was zeichnet einen fähigen Manager aus? Dogudan: Ein fähiger Manager muss eine ganz klare Vision davon haben, wofür das Unternehmen steht und wohin es sich entwickeln soll. Ich habe eine simple Unterteilung: Entweder willst du der Beste sein oder der Billigste. Und du musst dir permanent die Frage stellen, wer überhaupt dein Produkt, deine Dienstleistung haben will und wie dein Business Case am besten zu organisieren ist. In unserem Fall heißt das: Do & Co funktioniert nicht mit reiner Corporate structure. Unser Geschäft ist eine Mischung aus Corporate Structure und Gauklertum. Ich definiere Do & Co als Gourmet Entertainment Company. Wir sind ein Zirkus, wenn Sie so wollen. Mit rein finanzgetriebenem Denken ließe sich ein Unternehmen wie dieses niemals erfolgreich führen. Ich kenne einige Große aus unserer Branche, wo die ersten 20 Führungskräfte in der Hierarchie nichts mit dem Produkt zu tun haben. Die sind perfekt organisiert, haben aber leider kein Produkt. Umgekehrt gibt es viele Kleine, die zwar mit Herz bei der Sache sind, aber kaufmännisch nicht auf der Höhe der Erfordernisse. Als Manager musst du deinen Leuten beides vermitteln: Zielstrebigkeit und Leidenschaft.

profil: Ich habe ein profil-Interview aus dem Jahr 2002 ausgegraben. Da sagten Sie unter anderem: „Ich wollte nie einer der Patriarchen sein, die nicht merken, dass die Wirklichkeit sie überholt. In fünf Jahren bin ich 47, dann werden Jüngere das Zepter in die Hand nehmen.“ Heuer begehen Sie Ihren 56. Geburtstag. Und Sie sind immer noch da. Dogudan: Ich habe etwas Verspätung, stimmt. Aber ich mache längst nicht alles selbst, auch wenn dieser Eindruck medial gerne transportiert wird. Do & Co ist wie ein Uhrwerk, wo ein Zahnrad ins andere greift. Wir haben 28 Küchen weltweit. Da wäre es gar nicht möglich, physisch überall zu sein, auch wenn ich bekanntlich an zwei Orten gleichzeitig sein kann.

profil: Do & Co ohne Attila Dogudan – vorstellbar? Dogudan: Durchaus. In einem Unternehmen ist es das Wichtigste, nachhaltig zu sein. Wenn man nicht will, dass der unternehmerische Spirit mit einem selbst wieder verschwindet, muss man der nächsten Generation möglichst viel an Wissen vermitteln. Und dabei geht es eben nicht nur um Dinge, die in eine Matrix passen. Wir ziehen derzeit unsere Do & Co Academy auf, die wir hoffentlich zu Jahresende fertig haben. Wir buttern Millionen hinein, um Mitarbeiter für den Weltmarkt auszubilden. Dort wird der Controller genauso unterrichtet wie der Koch oder der Customer-Relations-Mitarbeiter. Wir müssen in jedem Segment best in class sein und übergreifend denken. Ein Controller, der nur abrechnen kann und noch nie im Einkauf mitgemacht hat und auch nicht weiß, wie man eine Veranstaltung controllingmäßig realistisch begleitet, bringt gar nichts. Der Finanzer stellt stets die Marge in den Vordergrund, der Produktmensch dagegen die Kunden. Und letztlich hat der Produktmensch recht. Ich orientiere mich an der Top-Modeindustrie. Und damit meine ich nicht nur Louis Vuitton oder Hermès, sondern auch H&M und Zara. Die zeigen uns, wie man mit Marken umgeht und dennoch Margen generiert.

Wir spielen Champions League und nicht Regionalliga.

profil: Wer in Ihrem Unternehmen recherchiert, hört immer wieder: Dogudan zahlt gut, aber fordert viel. Wer sein Tempo nicht halten kann, sollte sich tunlichst eine andere Beschäftigung suchen. Dogudan: So ist das im internationalen Wettbewerb. Wenn man nicht trainiert und keine Freude daran hat, sich mit den Besten der Welt zu messen, dann ist man hier fehl am Platz. Wir spielen Champions League und nicht Regionalliga.

profil: Einen Konzernbetriebsrat hat Do & Co bis heute nicht. Dogudan: Aber genug Betriebsräte in den Teilunternehmen. Wir haben in vielen Ländern normale Arbeitnehmervertretungen. Bei einem börsennotierten Unternehmen, das in 20 Ländern tätig ist, darf jeder davon ausgehen, dass es hier ordentlich und sauber zugeht. Do & Co wäre niemals dort, wo es ist, hätten wir nicht zufriedene Mitarbeiter.

profil: Sie haben 1981 mit einem Feinkostladen und drei Mitarbeitern in Wien begonnen. Heute ist Do & Co in 20 Ländern tätig und beschäftigt rund 9000 Mitarbeiter. War das der Plan des jungen Dogudan? Dogudan: Ich wollte ein ordentliches Unternehmen hinstellen, welches weltweit arbeitet und eine Top-Qualitätsmarke wird, sozusagen ein Synonym für gutes Essen. Ich hatte den Traum, irgendwann eine Milliarde umzusetzen, allerdings in Schilling. Mit einem Tagesumsatz von damals 2000 Schilling (145 Euro, Anm.) war es aber wirklich nur ein Traum.

Krise hin, Krise her. Man muss in solchen Phasen die eigene Bequemlichkeit hinterfragen.

profil: Im Ergebnis nähert Do & Co sich der Umsatzmilliarde immer mehr an, wenn auch in Euro. Im Geschäftsjahr 2014/2015 stieg der Konzernumsatz um 25 Prozent auf 795,7 Millionen Euro, das EBIT um 15 Prozent auf 53,5 Millionen Euro. Ihr Resümee? Dogudan: Ein Geschäftsjahr ohne Überraschungen. Das Ergebnis ist absolut in Ordnung. Das Wesen von Do & Co ist dennoch nicht die Umsatzmaximierung. Mir ist es völlig egal, ob der Umsatz in einem Jahr um 15 oder 20 Prozent wächst oder nicht. Das Unternehmen ist auf das Erwirtschaften nachhaltiger Erträge ausgelegt, die den Mitarbeitern und Aktionären zugute kommen. Ende der Geschichte.

profil: In den vergangenen fünf Jahren hat Do & Co Umsatz und Gewinn faktisch verdoppelt – und das trotz Krise. Keine ganz schlechte Leistung. Dogudan: Krise hin, Krise her. Man muss in solchen Phasen die eigene Bequemlichkeit hinterfragen. Wir hatten in Österreich zuletzt keinen einfachen Markt, gerade in der Fliegerei. Also haben wir versucht, andere Bereiche zu erschließen. Wir sind mit „Henry“ ins Retail und an Bord der Österreichischen Bundesbahnen gegangen. Daneben haben wir das internationale Geschäft weiter forciert: Türkei, Frankreich, heuer kommt Südkorea hinzu. Und wir bauen das US-Geschäft konsequent aus. Nach New York und Chicago sollen Küchen in Los Angeles, San Francisco und Washington folgen. Daneben entwickeln wir das Joint Venture mit Nespresso. Wir diversifizieren in unterschiedlichen Märkten mit unterschiedlichen Produkten, Marken und Risiken, siehe Modeindustrie. Im Ergebnis bekommen wir langsam die kritische Masse, die es braucht.

profil: Die Do & Co AG notiert seit 1998 an der Wiener Börse, seit 2010 an der Börse Istanbul, Ihre Stiftung hält mittlerweile 40 Prozent am Unternehmen. Der Aktienkurs hat sich allein seit 2011 verfünffacht. Die Investoren scheinen Ihr Unternehmen zu mögen. Dogudan: Gut, es gab auch Phasen, in denen der Kurs sich runterbewegt hat. Aber ich denke, dass die Investoren mittlerweile Vertrauen in unser Geschäftsmodell haben, auch wenn es für uns eigentlich keine echten Benchmarks gibt. Fraglos hat auch das Doppellisting in Istanbul geholfen, weil es der Aktie zusätzliche Liquidität brachte. Vor allem aber wissen die Investoren, dass wir unsere Leistung erbringen. Wir sind jetzt rund 90 Quartale an der Börse und haben immer Wort gehalten. Wir haben stets die Wahrheit gesagt, im Guten wie im Schlechten. Investoren hassen Überraschungen.

profil: Gesamthaft gesehen hat Do & Co international keinen echten Mitbewerber. An welchen Benchmarks orientieren Sie sich? Dogudan: An den regionalen und lokalen Anbietern, die das Geschäft jeweils viel besser verstehen als wir. Unser Markt ist die Welt. In New York, London und Paris gibt es eine Menge Unternehmen, die das, was wir tun, segmentiv wirklich gut machen. Von diesen können wir lernen. Wir haben uns 2014 mit Hédiard in den französischen Markt eingekauft, der sehr kompetitiv ist. Wir gehen bewusst in Ligen hinein, die uns fordern. Die Alternative wäre, dass wir uns in Selbstverherrlichung und Wohlstand auflösen.

profil: Do & Co catert heute rund 60 Airlines, darunter Emirates, Qatar, British, Cathay Pacific, Singapore, Turkish und Austrian Airlines. Eine Fluglinie, die Sie in diesem Leben noch gerne hätten? Dogudan: Ich möchte jede Fluglinie haben, die ihren Kunden aus Überzeugung heraus ein gutes Produkt anbieten will.

profil: Wollen das nicht alle? Dogudan: Nein. Es gibt budgetgetriebene Fluglinien, viele davon im Westen, die meinen, das Fliegen sei eine reine Commodity, ohne jegliche Emotion. Sie bringen die Kunden von A nach B und wollen dabei sicher und pünktlich sein, vorzugsweise in einer Monopolsituation. Doch das ist zu wenig. Airlines in der Türkei, den Golfstaaten und dem asiatischen Raum sind heute extrem serviceorientiert, die Amerikaner dagegen kaum, die Europäer irgendwo dazwischen. Kein Mensch fliegt wegen des Essens, aber es ist das billigste Marketinginstrument, das eine Airline einsetzen kann. Fluglinien müssen ohnehin Geld in die Hand nehmen, um überhaupt ein Glas Wasser an Bord zu bekommen. Dazu braucht man trotzdem einen Caterer, ein Kühlhaus, ein Zolllager. Irgendeiner muss das Wasser zählen, der Lkw muss es hin- und zurückbringen, und am Ende muss abgewaschen werden. Wenn du hier ein bisschen etwas aufschlägst – und ich rede von nur wenigen Cent oder Euro pro Passagier, die für den Ticketpreis völlig irrelevant sind –, kannst du emotional enormen Mehrwert schaffen und Kunden langfristig binden. Und umgekehrt: Wenn du 20 Millionen Euro beim Catering einsparst, darfst du nicht wundern, wenn du drei Jahre später möglicherweise 200 Millionen Euro an Umsatz verlierst. Langsam setzt sich diese Erkenntnis auch in der Fliegerei durch, dass es noch immer einen Kunden gibt, über den man sprechen sollte.

Viele Menschen glauben, dass sie etwas beginnen, und dass es gleich funktionieren muss. Do & Co hat die ersten sieben, acht Jahre überhaupt nicht funktioniert.

profil: Nun ist es aber doch so, dass das Low-cost-Prinzip in den vergangenen Jahren nach und nach auch auf etablierte Fluglinien übergegriffen hat. Dogudan: Und genau das ist das Problem. Low cost heißt: „I have low cost.“ Wenn ich eine Fluglinie habe, die so sein will, aber keine low costs hat, wird’s eng. Wenn Sie heute um 150 Euro oder weniger durch Europa fliegen können, fein, dann dürfen Sie sich an Bord nichts erwarten. Wenn Sie aber 500 Euro oder mehr für ein, zwei Stunden Linienflug bezahlen, dann versteht das kein Mensch. Praktisch hat noch kein einziger Network Carrier nachhaltig bewiesen, dass er low cost wirklich kann.

profil: Von den drei großen Do & Co-Divisionen Airline-, Event-Catering und Gastronomie/Hotellerie trägt das Airline-Geschäft mittlerweile zwei Drittel des Umsatzes und drei Viertel des Ergebnisses. Dogudan: Unser Ziel muss sein, langfristig auf 50:50 zu kommen, also jeweils die Hälfte unseres Umsatzes in der Luft und auf dem Boden zu generieren, um Do & Co besser gegen kurzfristige Konjunkturzyklen zu wappnen. In jüngerer Vergangenheit gab es ja kaum ein Jahrzehnt, in dem die Fliegerei nicht vorübergehend in der Krise gewesen wäre.

profil: Do & Co war unter anderem Essensausrüster der Fußball-Europameisterschaften in Portugal 2004, Österreich und Schweiz 2008, Polen und Ukraine 2012, kommendes Jahr steht die Euro in Frankreich an. Sie rechnen da mit 150.000 bis 200.000 VIP-Gästen. Wie bereitet man ein Unternehmen auf ein Event dieser Größenordnung vor? Dogudan: Wir haben zumindest Erfahrung damit, wie es nicht geht. In Portugal 2004 zum Beispiel hatten wir von der UEFA die Auflage, dass 30 Prozent der Mitarbeiter Portugiesen sein mussten. Das halten wir ohnehin immer so. In dem Fall war’s aber überraschend, dass wir beim ersten Gruppenspiel der portugiesischen Mannschaft unsere Leute im Stadion suchen mussten. Da hatten einige ihre Uniformen und Ausweise ausgefasst und waren verschwunden, um sich das Spiel anzusehen. Die Euro 2016 in Frankreich ist eine wirklich große Sache. Wir treten dort mit Hédiard als französischem Unternehmen mit französischer Mannschaft auf, haben aber im Backoffice Leute, die schon drei Europameisterschaften und ein Dutzend Champions-League-Finale betreut haben. Wir arbeiten seit mehr als einem Jahr an der Vorbereitung, und die UEFA weiß, dass wir mit Herz und Seele dabei sind.

profil: Zu einer Fußball-Weltmeisterschaft hat es bisher freilich nicht gereicht. Nach allem, was man so über FIFA-Funktionäre hört, ist das nur eine Frage des Preises. Dogudan: Oder der FIFA-Funktionäre, keine Ahnung. Man kann nicht alles im Leben haben. Irgendwann wird auch eine WM kommen.

profil: Sind Prominente eigentlich schwieriger zu bekochen als Normalsterbliche? Dogudan: Nein. Komplizierte Menschen gibt’s überall. Zickigkeit ist keine Funktion des Status.

profil: Abschließend: Attila Dogudans Tipp für Jungunternehmer? Dogudan: Viele Menschen glauben, dass sie etwas beginnen, und dass es gleich funktionieren muss. Do & Co hat die ersten sieben, acht Jahre überhaupt nicht funktioniert. Heißt: Geduld haben, durchhalten, den Schweinehund überwinden, ständig das eigene Tun hinterfragen, Fehler wegbekommen und selbst im Erfolg demütig bleiben. Man sollte also immer wieder in den Spiegel schauen und sich fragen: Was mache ich falsch?

profil: Was sehen Sie, wenn Sie in den Spiegel schauen? Dogudan: Einen Typen, der sich selbst ständig infrage stellt.

Michael   Nikbakhsh

Michael Nikbakhsh

war bis Dezember 2022 stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Wirtschaftsressorts.