Zarmania

Menschen des Jahres: Wladimir Putin arbeitete an seinem Erfolgsrezept

Menschen des Jahres 2013. Wladimir Putin arbeitete an seinem Erfolgsrezept: Rücksichtslosigkeit

Drucken

Schriftgröße

Wladimir Putin darf für sich in Anspruch nehmen, Erfinder des Putinismus zu sein, wobei das wohl nicht jeder uneingeschränkt als Erfolg verbuchen würde, denn das nach dem russischen Präsidenten benannte Phänomen gilt als Alternative zum demokratischen Rechtsstaat, und zwar als gänzlich mit diesem unvereinbare Alternative.

Putinismus ist, wenn "Homosexuellen-Propaganda“ unter Strafe gestellt wird; wenn harmlose Punk-Aktivistinnen wie die Mitglieder der Band Pussy Riot in Straflagern landen; wenn staatliche Medien unter einem neuen Dach - und unter Führung eines höchst umstrittenen Chefredakteurs - zusammengefasst werden, um "wieder ein gerechteres Bild von Russland aufzubauen“.

Der Putinismus ist keine ausgefeilte Ideologie, die einen Eintrag im Buch der Politikwissenschaft lohnte, sondern nicht viel mehr als die anlassbezogene Missachtung demokratischer Prinzipien. Der russische Langzeit-Präsident (2000 bis 2008; 2012 bis heute) will auch nicht unbedingt eine intellektuelle Denkschule begründen. Lieber macht er seinen Oberkörper frei, setzt sich auf ein Pferd und reitet vor den Kameras auf und ab.

Hübsch anzusehen ist Putin in solchen Momenten. Außerdem ist er "sehr clever“. Dieses Kompliment an den größten Macho der G8 (jedenfalls seit dem Ausscheiden von Silvio Berlusconi) stammt von Ex-US-Präsident Bill Clinton. Putin hat neben einigen Schwächen - Moral, Ethik, Fairness - auch unübersehbare Stärken: Machtbewusstsein, Durchsetzungsvermögen, Rücksichtslosigkeit. Das Jahr 2013 zeigte, wie erfolgreich diese Kombination sein kann. Putin stand unverdrossen zu Syriens Diktator Baschar al-Assad, um dann im entscheidenden Moment zu vermitteln und einen Militärschlag der USA gegen Syrien zu verhindern. "Ein Appell zur Zurückhaltung aus Russland“ lautete der Titel eines Gastkommentars, den Putin, ganz Friedensengel, via "New York Times“ an die amerikanische Öffentlichkeit richtete - eine feine Mischung aus Chuzpe und Affront. Unter Putins Führung entwand Russland zuletzt auch die Ukraine der drohenden (und für Moskau unangenehmen) Anbindung des Landes an die EU. Welche Mittel Putin dabei anwandte, blieb im Dunkeln. Der Verdacht reicht von Drohungen bis zu Erpressung.

Dem Ziel, die einstigen Sowjetrepubliken wieder eng an Moskau zu binden und ein Vorrücken der NATO zu verhindern, kommt Putin ein Stückchen näher - kurzfristig. Zbigniew Brzezinski, Nationaler Sicherheitsberater des früheren US-Präsidenten Jimmy Carter, prophezeit in der "Financial Times“, dass es nicht lange dauern werde, bis die russischen Eliten einsähen, dass kein Weg daran vorbei führe, ihr Land zu einem "wahrhaft modernen, demokratischen und vielleicht sogar führenden europäischen Staat zu machen“. Von Putin selbst ist diese Einsicht kaum zu erwarten. Cleverness und Klugheit sind nicht dasselbe.

Die Menschen des Jahres 2013:

# Angela Merkel hielt den deutschen Haushalt sauber.

# Frank Stronach sorgte für Erheiterung

# Maria Fekter quasselte sich ins politische Out

# Marcel Hirscher bewies wieder einmal Zug zum Tor

Robert   Treichler

Robert Treichler

Ressortleitung Ausland, stellvertretender Chefredakteur