Tauchgang ins Ungewisse: Die Briten verlassen die EU.

profil-Morgenpost: Die drei ??? und der Brexit

Schlag 23 Uhr Greenwich Mean Time, wenn in Brüssel bereits die Geisterstunde beginnt, ist es soweit: Das Vereinigte Königreich verabschiedet sich nach 47 Jahren Mitgliedschaft aus dem Staatenbund.

Drucken

Schriftgröße

Philip Dulle

An Freitagen, wenn hier bei profil Redaktionsschluss ist, Kolleginnen und Kollegen hektisch letzte Seiten füllen, noch aktuelle Podcasts und Videos produziert werden und das Wochenende schon so nah, aber noch immer so weit weg erscheint, wünsche ich mich gerne in das idyllische kalifornische Küstenstädtchen Rocky Beach, Heimat der jugendlichen Detektive Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews.

Klar, in den Abenteuern der seit 1979 bestehenden Hörspielreihe „Die drei ???“ (heute erscheint das 203. Abenteuer „Tauchgang ins Ungewisse“) geht es, wie in einem Gutteil der profil-Geschichten, auch um Machtspiele, Intrigen, krumme Machenschaften und die Frage, wem man überhaupt noch trauen darf. Man weiß aber zumindest, dass am Ende alles gut ausgeht.

Wenn die Briten an diesem geschichtsträchtigen Freitag, dem 13., pardon 31. Jänner, endgültig aus der Europäischen Union austreten, gibt es, 1316 Tage nach dem Referendum, zumindest doch noch ein Ende mit Schrecken und keinen Schrecken ohne Ende. Schlag 23 Uhr Greenwich Mean Time, wenn in Brüssel bereits die Geisterstunde beginnt, ist es soweit: Das Vereinigte Königreich verabschiedet sich nach 47 Jahren Mitgliedschaft aus dem Staatenbund – und 67 Millionen Briten werden nur noch Bürger eines EU-Drittstaates sein. So long, and thanks for all the fish.

„Für mich gibt es keinen Grund zu feiern“, sagt der britische Erfolgsautor Jonathan Coe, befragt zu seinen heutigen Partyplänen, im launigen profil-Interview zu unserer London-Korrespondentin Tessa Szyszkowitz: „Ich werde ein gutes Buch lesen, eine Tasse heißen Kakao trinken und früh schlafen gehen.“ Im kommenden profil, das am 2. Februar erscheint, können Sie dann auch bei Szyszkowitz nachlesen, wie sich der Brexit und die Folgen in einer Kleinstadt in Ostengland anfühlt. In Thurrock, nur 30 Kilometer von London entfernt, stimmten 72 Prozent für leave – das dritthöchste Anti-EU-Votum in ganz Großbritannien. Kleiner Spoiler: Es geht auch um getrennte Schlafzimmer.

Ich persönlich empfehle Ihnen für diesen Brexit-Freitag neben einer Tasse Ingwer-Zitronen-Tee, übrigens das 2019 erschiene Debütalbum des britischen Rappers Tyron Frampton alias Slowthai. Vielsagender Titel: „Nothing Great about Britain“. Es geht um Sozialbrennpunkte, Gewalt und Perspektivenlosigkeit – und um einen Musiker aus Northampton, der Little Britain mit großer Klappe und ordentlich Wumms auf den Zahn fühlt. Wenn Ihnen aber, völlig nachvollziehbar, eher nach Eskapismus ist, gönnen Sie sich doch einfach das neue Abenteuer aus Rocky Beach.

Übrigens: Das furchteinflößendste Abenteuer der Detektive Justus, Peter und Bob ist immer noch Folge elf – „Die drei ??? und das Gespensterschloss“ aus dem Jahr 1980. Da kann nicht mal der Brexit mithalten.

Philip Dulle

P.S. Gibt es etwas, das wir an der „Morgenpost“ verbessern können? Das Sie sich von einem Newsletter in aller Herrgottsfrüh wünschen würden? Das Sie ärgert? Erfreut? Wenn ja, dann lassen Sie es uns unter der Adresse [email protected] wissen.

Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.