Hallstatt im Salzkammergut

profil-Morgenpost: Hallstatt – Shanghai – Attnang-Puchheim

Über Massentourismus, CO2-Emissionen, Klimawandel – und das vermehrte Auftreten von Chinesen im Salzkammergut.

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Guten Morgen!

Diese Zeilen wurden in einem Vorortezug von Shanghai geschrieben – zumindest könnte man die Bahnstrecke zwischen Bad Aussee und Attnang-Puchheim manchmal dafür halten, so hoch ist der Anteil der Fahrgäste asiatischer Herkunft. Üblicherweise waren sie gerade ein paar Stunden in Hallstatt und werden gleich anschließend ein paar Stunden in Salzburg verbringen. Im Schnitt, sagt die Tourismusstatistik, haben Besucher aus dem Fernen Osten für ihre Österreich-Besichtigung nämlich nur 1,4 Tage Zeit, dann ist bereits das nächste Land dran. Entsprechend gehetzt und übernächtig zugleich sehen die Reisenden aus – also durchaus bedauernswert.

Letzteres gilt aber auch für die Bevölkerung von Hallstatt, die mittlerweile eine Million Touristen pro Jahr verkraften muss. Auf jeden der rund 750 Einheimischen kommen somit 1300 Gäste (selbst in Venedig ist das Verhältnis niedriger, es liegt bei 1:670). Was das mit dem kleinen Ort im Salzkammergut macht, hat der Cartoonist und Autor Tex Rubinowitz in einem klugen Essay für die dieswöchige profil-Covergeschichte analysiert. Wobei so manche Hallstätter (aber auch Venezianer, Salzburger und andere Urlaubs-Hotspot-Ureinwohner), die im Sommer vor den Touristenmassen aus ihren Heimatort fliehen, andernorts selbst zu Massentouristen werden.

Mit dieser Ambivalenz müssen wir alle leben, und sie beschäftigt auch unsere ehemalige Kollegin Sibylle Hamann. Nach vielen Jahren als Journalistin (erst bei profil, dann als freie Autorin) kandidiert sie bei den Nationalratswahlen für die Grünen. Im Interview mit ihrem langjährigen Schreibtischnachbarn Robert Treichler erinnert sie sich unter anderem an die Zeit, in der sie als Auslandsreporterin unterwegs war – und dabei einen CO2-Fußabdruck verursachte, den auch die Tatsache nicht mehr auffüllen kann, dass sie nie ein Auto besessen hat und, wann immer möglich, Bahn gefahren ist.

Übrigens auch in China, womit sie eine der wenigen Menschen in Österreich sein dürfte, die tatsächlich eine Ahnung davon haben, wie es in einem Vorortezug von Shanghai wirklich zugeht. Und sich das nicht nur auf der Fahrt nach Attnang-Puchheim vorstellt, wo dieser Text nun Endstation hat.

Wo immer Sie währenddessen fahren, umsteigen oder stauen: Einen schönen Tag!