Club 3 mit Clemens Neuhold, PROFIL, Klaus Herrmann, KRONE, Christopher Drexler, Landeshauptmann der Steiermark und Johanna Hager, KURIER.
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Club 3: Das Ende des steirischen Sonderweges

Der neue Landeshauptmann, Christopher Drexler, gibt sich im Club 3 überraschend angepasst. So richtig emotional wird er bei den Russland-Sanktionen.

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NATO-Beitritt? Tempo 160 km/h? Gleichgeschlechtliche Ehe? Drei provokante Positionen des früheren Christopher Drexler, die wir im Club 3 – dem TV-Format von profil, „Kurier“ und „Kronen Zeitung“ – gar nicht mehr streiften. Dafür boten seine Antrittsinterviews genügend Raum. Vielmehr wollten wir vom neuen Landeshauptmann der Steiermark wissen, ob er an der  Tradition der steirischen Landespartei festhält, querzudenken, Debatten anzustoßen, neue Wege auch für die Bundespartei aufzuzeigen. Denn nichts scheint die ÖVP im aktuellen Umfrage-Tal dringender zu benötigen. Doch Drexler will der Bundespartei und ihrem Chef, Karl Nehammer, gar nichts empfehlen, vorschlagen, ans Herz legen. Angesprochen auf die ÖVP-Korruptionsaffären verteidigt er seine Partei gegen die „Lausbubenstreiche“ der Opposition, die „Empörungskultur“, die von „Wiener Zirkeln“ ausgehe, das Ende der „zivilisatorischen Errungenschaft namens Unschuldsvermutung“. Zahlreiche Ermittlungen gegen frühere und aktive Politiker seien wieder eingestellt worden, gibt er zu bedenken.

2007 war Drexler Mitglied der ÖVP-Perspektivengruppe. Warum ist er heute so defensiv? Weil es ihm zu „klischeehaft“ sei, als ÖVP-Landeshauptmann den Parteichef zu kritisieren. Und weil er gar nicht daran glaubt, dass seine Partei eine Frischzellenkur benötigt. Vielmehr hofft der 51-Jährige, dass sich die „schnelllebige“ Stimmungslage zugunsten der Regierung und der ÖVP dreht, sobald ihre Maßnahmen gegen die Energiekrise – vom Klimabonus bis zur Strompreisbremse – greifen. Eine äußerst gewagte Zukunftsstrategie der ÖVP, die Drexler aber mitträgt.
Politisch verortet sich der Steirer „ein Quäntchen rechts der Mitte“. Das „Quäntchen“ im Detail: Drexler ist gegen einen Klimabonus für Asylwerber und kann sich auf EU-Ebene auch drastische Asylreformen vorstellen, wie aktuell in Dänemark oder Großbritannien diskutiert.

Beide Länder wollen Asylwerber ins ostafrikanische Ruanda ausfliegen, damit ihr Asylantrag zunächst dort geprüft wird. Mit Gegenwind aus der Steiermark muss Hardliner ÖVP-Innenminister Gerhard Karner nicht rechnen – im Gegenteil.


Wenn Drexler Parteikollegen kritisiert, zumindest indirekt, trifft es Thomas Stelzer und Anton Mattle. Der Landeshauptmann von Oberösterreich und der Tiroler ÖVP-Chef hatten die EU-Sanktionen gegen Russland infrage gestellt. Drexler warnt davor, „Putins Propaganda auf den Leim“ zu gehen. „Ich hielte es für völlig unangebracht, angesichts der verbrecherischen Politik Wladimir Putins auch nur eine Sekunde lang in Erwägung zu ziehen, bei den Sanktionen klein beizugeben. In der Ukraine sterben jeden Tag Frauen, Männer, Kinder.“
Um die Unabhängigkeit von russischem Gas zu erhöhen, wünscht sich Drexler in seinem Bundesland 150 neue Windräder „in den nächsten Jahren“. Aktueller Stand: 104. Damit will er „den dritten Platz“ hinter Niederösterreich und dem Burgenland „zumindest festigen“. Auch diese Ansage zeigt: Der einstige Provokateur ist vorsichtig geworden.

Clemens   Neuhold

Clemens Neuhold

Seit 2015 Allrounder in der profil-Innenpolitik. Davor Wiener Zeitung, Migrantenmagazin biber, Kurier-Wirtschaft. Leidenschaftliches Interesse am Einwanderungsland Österreich.