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Ausweichroute

Ab Juli gilt die NoVA auch für Klein-Lkw, die Maßnahme ist umstritten. Der Umstieg auf Elektrofahrzeuge dürfte in dieser Klasse länger dauern.

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von Robert Prazak

 

Elektroautos wie ein Tesla sorgen auf Österreichs Straßen längst nicht mehr für staunende Gesichter, die Umstellung auf emissionsfreie Fahrzeuge kommt auf Touren. Dazu soll beitragen, dass bei der Berechnung der Normverbrauchsabgabe (kurz NoVA) stärker auf den CO2-Ausstoß eines Fahrzeugs geachtet wird. Das Ziel ist die Dekarbonisierung des Verkehrs, sowohl des Privat- als auch des Güterverkehrs. Doch eine Maßnahme, die diesen Sommer in Kraft tritt, sorgt im Moment für Aufregung: Ab 1. Juli wird die NoVA, die einen beträchtlichen Anteil am Kaufpreis eines Fahrzeugs ausmacht, auch für eine beliebte Fahrzeugklasse gelten, die unter anderem bei Lieferdiensten im Einsatz ist: Klein-Lkw wie Kastenwägen oder Pick-Ups unterliegen ab diesem Zeitpunkt dieser Abgabe, von der nur noch reine Elektrofahrzeuge – also keine Hybridmodelle – ausgenommen sind. Die Regierung will damit „Schlupflöcher“ bei der geplanten Ökologisierung der NoVA schließen.

73 Prozent mehr Elektro-Pkw (reine Elektromodelle) wurden 2020 im Vergleich zum Jahr davor neu zugelassen. Mit knapp 16.000 Fahrzeugen ist dieses Segment aber noch immer winzig.

Das führe zu einer „massiven finanziellen Mehrbelastung insbesondere für Klein- und Mittelbetriebe“, klagt Günther Kerle, Sprecher der Automobilimporteure. „Die neue Steuer trifft in erster Linie die Kleintransporteure, Handwerker, Zustell- und Handelsbetriebe.“ Die Mehrkosten für die Gewerbetreibenden würden Beträge im fünfstelligen Bereich ausmachen. Fuhrpark-Experte Henning Heise, Obmann des Fuhrparkverbands Austria, sieht einen ungünstigen Zeitpunkt für die Ausweitung der NoVA: „Auf der einen Seite bekommen die Unternehmen Coronahilfen, auf der anderen Seite werden die Fahrzeuge teurer.“ Mehrkosten werden an die Kunden weiterverrechnet, glaubt Heise.

Die Händler in Österreich haben indes auf die baldige Ausweitung der Abgabe reagiert und bieten derzeit diverse Aktionen an, um Unternehmen jetzt noch zum Kauf der betroffenen Fahrzeugklasse zu animieren. Denn viele Unternehmen könnten, wie von den Experten befürchtet, lieber ihre alten Fahrzeuge weiter nutzen statt auf ein neues Modell umzusteigen – Aktionen sollen sie umstimmen. Zudem werden von den Händlern jene Modelle forciert, die von der NoVA-Erhöhung nicht betroffen sind; das sind beispielsweise Fahrzeuge, die auf eine Pkw-Version als Basis zurückgreifen. Tatsächlich wirkt sich die anstehende NoVA-Erhöhung in Kombination mit der (demnächst auslaufenden) Investitionsprämie und dem E-Mobilitätsbonus momentan positiv auf den Fahrzeughandel aus, bestätigt Kerle. Unternehmen, bei denen die Anschaffung eines Fahrzeuges ansteht, ziehen die Käufe vor. „Andere hingegen werden aufgrund der deutlich gestiegenen Kosten eine Neuanschaffung überdenken oder gar nicht in Betracht ziehen.“ Danach werde der Markt für längere Zeit stagnieren.

40.042 Lkw wurden im Vorjahr in Österreich neu zugelassen – ein Rückgang von knapp 17 Prozent gegenüber 2019.

Doch was wäre die Alternative, schließlich muss zweifellos auch der Güterverkehr etwas zur Reduktion der Emissionen im Verkehr beitragen? „Bei der Kfz-Besteuerung wäre es sinnvoller, verstärkt den Verbrauch anstatt den Besitz eines Fahrzeuges zu besteuern“, argumentiert Kerle. Dass ein Auto in Österreich mit vergleichsweise hohen Besitzsteuern belastet wird, ohne einen Kilometer gefahren zu sein oder CO2 ausgestoßen zu haben, ist tatsächlich umstritten. Derzeit trifft die NoVA nämlich auch Privatpersonen, die beispielsweise weniger als 10.000 Kilometer pro Jahr fahren. Ein Gewerbetreibender mit 35.000 Kilometern Fahrleistung pro Jahr sollte entsprechend mehr leisten für den Klimaschutz, argumentiert Fuhrparkexperte Heise. Was könnte konkret getan werden? „Eine große CO2-Steuer“ fordert Günther Kerle. Für Heise wäre eine zweckgebundene Erhöhung der Mineralölsteuer denkbar – diese werde von der Mehrzahl der Unternehmen begrüßt und sei sozial verträglich. Wie ist es in Deutschland? Dort gibt es keine NoVA, zudem ist die Mehrwertsteuer für gewerbliche Anmeldungen abzugsfähig – die Fahrzeuge sind daher deutlich günstiger in der Anschaffung. Das Argument des Handels: Auf diese Weise sind Modelle mit niedrigen Emissionen im Einsatz. Andererseits wird dadurch der Umstieg auf Elektromodelle auch nicht gerade forciert.

Bleibt die Frage, wie rasch reine Elektrofahrzeuge in der Kategorie der Leicht-Lkw eine echte Alternative zu Benzin- und Dieselmodellen sein werden. Eine Umstellung könnte unter anderem bei Lieferdiensten etwas bewirken, denn die Zustellung von Paketen an Privathaushalte wird angesichts der steigenden Popularität des E-Commerce kaum weniger werden. Seitens der Autofahrerklubs Öamtc und Arbö heißt es, der Umstieg auf Elektrofahrzeuge sei in diesem Segment derzeit nicht so einfach wie bei Pkw. Das Problem: Noch ist die Auswahl an Modellen, die bei Reichweite und Kaufpreis – für Unternehmen zwei zentrale Aspekte – konkurrenzfähig sind, recht überschaubar. Zwar wächst die Zahl der verfügbaren Elektrofahrzeuge beständig, doch viele Unternehmen bemängeln, dass durch das Gewicht der Batterie in Elektrofahrzeugen die Zuladung eingeschränkt wird. Außerdem wird eine dem Einsatzzweck angepasste Ladeinfrastruktur und -leistung benötigt werden, sagt Heise. „Damit Pakete in absehbarer Zeit mit Elektrofahrzeugen geliefert werden können, braucht es noch mehr passende E-Fahrzeuge und beispielsweise in Wien einen massiven Ausbau der öffentlichen Ladepunkte, die auch für große Fahrzeuge geeignet sind.“