Faktencheck

Koglers Klimaschutzbehauptung: Österreich, Pionier bei der CO2-Bepreisung?  

Vizekanzler Werner Kogler rühmt sich mit Österreichs Vorreiterstellung in Sachen CO2-Bepreisung. Die Tatsachen sehen anders aus. Ein profil-Faktencheck. 

Drucken

Schriftgröße

Als eines der ersten Länder in der Europäischen Union führt Österreich die CO2-Bepreisung ein.“

Werner Kogler, Vizekanzler Die Grünen

Werner Kogler muss sich rechtfertigen. Die ökosoziale Steuerreform, das Prestigeprojekt der Grünen, wird kritisiert – vor allem von der eigenen Klientel. Nicht verwunderlich also, dass der grüne Vizekanzler ausrückt und medienwirksam versucht, Österreichs Rolle als Pionier in Sachen CO2-Bepreisung darzustellen. Dabei bedient er sich gerne Formulierungen mit Superlativen – vor allem im Vergleich mit anderen EU-Staaten.  

„Als eines der ersten Länder in der Europäischen Union führt Österreich die CO2-Bepreisung ein“, erklärte Werner Kogler bei der Präsentation der ökologisch-sozialen Steuerreform am 3. Oktober 2021. Am darauffolgenden Tag betonte der Vizekanzler im Ö1-Morgenjournal: „Da ist Österreich in der Europäischen Union bei den Wenigen, die eine solche CO2-Bepreisung überhaupt einführt.“ Tatsächlich ist diese Darstellung unzutreffend. Die Ökonomin Claudia Kettner vom WIFO stellt klar: „Österreich liegt im Hinblick auf die CO2-Bepreisung im Mittelfeld.“ Denn: Der CO2-Preis habe etwa in Skandinavien schon eine lange Tradition, so Kettner. Ein Blick auf die Daten der Weltbank zeigt: Finnland war 1990 das erste Land der EU mit einem CO2-Preis, Schweden folgte 1991. Ein Jahr später führte auch Dänemark eine CO2-Bepreisung ein. In den Jahren seither kamen - in jeweils sehr unterschiedlicher Ausgestaltung hinsichtlich Preis und Reichweite - Slowenien, Estland, Lettland, Irland, Portugal, Frankreich, Spanien, die Niederlande, Luxemburg und Deutschland dazu (siehe Grafik). Österreich ist also keineswegs unter den ersten Ländern der EU mit CO2-Bepreisung. 

Und der Preis? 

Auch Polen gehörte zu den ersten EU-Ländern, die ein CO2-Bepreisungsmodell eingeführt haben. Dort fallen auf eine Tonne CO2 allerdings nur rund zehn Cent an. Im Vergleich dazu steht Österreich mit zunächst 30 Euro pro Tonne deutlich besser da und liegt auf ähnlichem Niveau wie Deutschland. Andere EU-Staaten sind beim Preis wesentlich ambitionierter, so etwa Schweden mit rund 120 Euro pro Tonne CO2, Finnland mit etwa 60 Euro oder Frankreich mit einem CO2-Preis von 45 Euro pro Tonne. 

Fazit 

Bei der Analyse der CO2-Bepreisung anderer EU-Mitgliedstaaten zeigt sich, dass Österreich nicht eines der ersten Länder ist, das eine derartige Bepreisung eingeführt hat. In 14 Staaten gibt es bereits ein ähnliches System (nach den Daten der Weltbank). Die Aussage von Werner Kogler ist daher als größtenteils falsch einzustufen. Doch auch wenn Österreich nicht unter den ersten EU-Staaten ist, haben es Wirtschafts- und Klimaexpertinnen und -experten, mit denen profil sprach, als positiv bewertet, dass Österreich mit der CO2-Bepreisung nun zumindest nachzieht.

Katharina Zwins

Katharina Zwins

war Redakteurin bei profil und Mitbegründerin des Faktenchecks faktiv.