Richard Schmitt, Chefredakteur „exxpress"
Faktencheck

Warum man „exxpress“ bei der Corona-Berichterstattung nicht trauen sollte

Wann es während eines Lockdowns wirklich erlaubt ist, die Wohnung zu verlassen, ist mitunter schwierig zu erfassen – selbst für das zuständige Ministerium. Das Medium „exxpress“ ist jedenfalls keine zuverlässige Informationsquelle.

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Ungeimpfte dürfen laut neuer Verordnung zu Weihnachten nicht in die Kirche.“ 

„exxpress"

13. November 2021

Falsch

ERGÄNZUNG: „exxpress“ hat sich in einem späteren Artikel selbst korrigiert. Näheres dazu unten.

Nun steht fest, worüber bereits seit Tagen spekuliert wurde: Österreich geht in einen vierten bundesweiten Lockdown. Ab Montag dürfen alle, auch Geimpfte, nur noch in Ausnahmefällen die eigenen vier Wände verlassen. Welche Regeln dafür genau gelten, bleibt nicht nur für Laien unübersichtlich. Zudem kursieren zu diesem Thema allerlei Falschmeldungen – unter anderem auch in dem ÖVP-affinen Medium „exxpress“.

Zur Vorgeschichte: Schon mit 15. November trat in Österreich ein Lockdown für Ungeimpfte in Kraft. Dieser soll auch nach dem neuen, generellen Lockdown, also ab dem 13. Dezember fortgesetzt werden. Die entsprechende Verordnung, die „5. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung“, sieht vor, dass Personen ohne 2-G-Nachweis ihre Wohnung nur aus bestimmten Gründen verlassen dürfen. Das Onlinemedium „exxpress“ titelte in einem Artikel vom 13. November 2021 dazu: „Ungeimpfte dürfen laut neuer Verordnung zu Weihnachten nicht in die Kirche“. Und weiter: „Wie aus der 12-seitigen Lockdown-Verordnung hervorgeht, dürfen Ungeimpfte künftig keine Gottesdienste mehr besuchen – mit Ausnahme von Beerdigungen. Das bedeutet im Klartext, dass sie am Heiligen Abend nicht in die Kirche dürfen.“ Aber: Das stimmt so nicht.

Keine Weihnachts-Gottesdienste für Ungeimpfte?

„exxpress“ meint, dass Ungeimpfte keine Gottesdienste mehr besuchen dürften, da dies nicht unter die relevante Ausnahmebestimmung im Verordnungstext fällt (§ 2 Abs 1 Z 3 lit e). Nach dieser ist das Verlassen des eigenen Wohnbereichs zur „Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens“ zulässig, darunter fällt auch „die Befriedigung religiöser Grundbedürfnisse, wie Friedhofsbesuche und individuelle Besuche von Orten der Religionsausübung“. Auf profil-Anfrage wird von einer Sprecherin des Gesundheitsministers Wolfgang Mückstein (Die Grünen) bestätigt, dass Gottesdienste nicht unter diese Ausnahme fallen. Ungeimpfte Personen dürften demnach also tatsächlich keine Messen besuchen.

Religionsgemeinschaften entscheiden selbst

Allerdings hat die vorliegende Verordnung für sogenannte „Zusammenkünfte zur Religionsausübung“ gar keine Geltung (§ 20 Abs 1 Z 7). Aus dem Büro der Kultusministerin Susanne Raab (ÖVP) heißt es dazu, dass Religionsgemeinschaften selbst zu entscheiden hätten, welche Maßnahmen getroffen werden. Ein Sprecher der Ministerin erklärt: „Religionsausübung ist in Österreich als verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht ein Grundrecht. Kirchen und Religionsgesellschaften regeln die Schutzmaßnahmen selbst und kommen ihrer Verantwortung in der Pandemie-Bekämpfung nach.“

So gibt die katholische Kirche etwa vor, dass es für den Besuch öffentlicher Gottesdienste keinen Impfnachweis braucht, wie aus der Rahmenordnung der österreichischen Bischofskonferenz hervorgeht. Deren Sprecher, Paul Wuthe, erklärt gegenüber profil: „Bei uns gelten die gleichen Regelungen wie in der U-Bahn oder im Supermarkt: Eine FFP2-Maske muss getragen werden, eine Impfung braucht es aber nicht, um an einer Messe teilzunehmen.“ Beim Versehen eines liturgischen Dienstes sei ein 3-G-Nachweis allerdings Voraussetzung.

Fazit

Die Aussage, dass Ungeimpfte keine Gottesdienste besuchen dürfen, ist daher falschFestgehalten werden muss aber jedenfalls, dass die rechtliche Situation diesbezüglich selbst von dem für Corona-Verordnungen zuständigen Gesundheitsministerium nicht vollumfänglich durchblickt wurde.

Ab Montag, dem generellen Lockdown, gelten im Übrigen verschärfte Corona-Regeln für katholische Gottesdienste: Eine FFP2-Maske muss nicht nur innerhalb der Kirche, sondern auch bei Gottesdiensten im Freien getragen werden. Zusätzlich ist auch ein Zwei-Meter-Mindestabstand verpflichtend. Ungeimpfte Personen dürfen aber auch weiterhin an Messen teilnehmen. In der Aussendung der Österreichischen Bischofskonferenz vom 19. November heißt es dazu: „Um niemanden von der Feier öffentlicher Gottesdienste von vornherein auszuschließen, ist die Teilnahme weiterhin ohne Nachweis einer geringen epidemiologischen Gefahr möglich.“

ERGÄNZUNG: „exxpress“ hat sich in einem späteren Artikel selbst korrigiert und klar gestellt, dass Ungeimpfte doch an Gottesdiensten teilnehmen dürfen. Die faktiv-Redaktion hat diese Korrektur ursprünglich übersehen und bedauert diese Ungenauigkeit. Der alte, fehlerhafte „exxpress"-Artikel wurde allerdings nicht aktualisiert und war damit geneigt, weiter für Verwirrung unter Gläubigen zu sorgen. Dementsprechend war eine Klarstellung der Thematik aus Sicht der faktiv-Redaktion zweckmäßig.

UPDATE: Seit 20. November findet sich ein Hinweis von „exxpress“, dass der Stand des Artikels veraltet ist.

Katharina Zwins

Katharina Zwins

war Redakteurin bei profil und Mitbegründerin des Faktenchecks faktiv.