#brodnig: „Frauen sollten nicht wählen“

#brodnig: „Frauen sollten nicht wählen“

Wie die Google-Suche rückwärts-gewandte Ideen sichtbar macht.

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Einst gab es die schöne Idee, dass wir im Internet gleichberechtigt werden. Dass es online keinen Unterschied macht, ob man Mann oder Frau ist. Von solch einem Netz scheinen wir weit entfernt zu sein. Das zeigt die Google-Suche. Viele kennen es: Man schreibt ein paar Worte in die Suchmaske und die Software vervollständigt den Satz. Tippt man die Worte „Frauen sollten“ ein, werden einem auf einigen Geräten folgende Anfragen vorgeschlagen: 1.) Frauen sollten nicht wählen. 2.) Frauen sollten dankbar sein. 3.) Frauen sollten sich rar machen. 4.) Frauen sollten keine Männerkleidung tragen. Tippt man im Vergleich „Männer sollten“ ein, zeigt einem Google: 1.) Männer sollten nicht heiraten. 2.) Männer sollen Röcke tragen. 3.) Männer sollten nicht putzen. 4.) Männer sollten beschnitten sein.

Interessant ist, was Google dann in den Ergebnissen liefert. Sucht man „Frauen sollten nicht wählen“, landet unter den Top-Treffern die Webseite „WikiMANNia“ – eine Seite von extremen Männerrechtlern. Zum Frauenwahlrecht heißt es dort: „Die Mehrzahl der Frauen interessiert sich nicht für Wahlen (…).“ Sowie: „Frauenstimmrecht bedeutet nicht die Verwahrlosung von Kindern, Frauenstimmrecht bedeutet gar keine Kinder.“

Die Amerikanerin Safiya Umoja Noble schrieb ein Buch darüber, wie Suchmaschinen sexistische und rassistische Ideen sichtbarer machen (es heißt „Algorithms of Oppression“). Einerseits liegt das daran, dass Menschen sexistische oder rassistische Fragen bei Google eintippen – die Vorschläge für Suchanfragen bauen darauf auf, wonach andere suchten. Andererseits sind extreme politische Bewegungen oft geschickt darin, ihre Webseiten so zu gestalten, dass diese ganz oben in den Google-Treffern landen. Technik kann also für politische Zwecke ausgenutzt werden. Auch kann Technik ein Zerrspiegel der Gesellschaft sein: Ich bin überzeugt, dass die allermeisten Österreicher eine Abkehr vom Frauenwahlrecht absurd fänden. Was uns Google hier einblendet, ist keine Mehrheitsmeinung, sondern die skurrile Suchanfrage einer rabiaten Minderheit, die dank Technik zusätzliche Sichtbarkeit erlangt.

Ingrid   Brodnig

Ingrid Brodnig

ist Kolumnistin des Nachrichtenmagazin profil. Ihr Schwerpunkt ist die Digitalisierung und wie sich diese auf uns alle auswirkt.