Lammkrone mit Minzsauce und Kohlsprossen

eatdrink: From Brussels with love

Lamm und Minze: Jetzt kommt der harte Brexit auf den Tisch.

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Es gibt kein schlimmeres Vorurteil über die britische Küche als Lamm und Minzsauce. Doch, man kann statt eines zarten Lamms auch einen zähen Hammel nehmen; man kann den Hammel auch totkochen statt braten und die Minze mit heißem Wasser übergießen, damit sie möglichst nicht mehr so erfrischend schmeckt, wie es Minze eigentlich tut. In England Lamm mit Minzsauce zu essen, ist so ähnlich wie Kaugummi kauen. Auch Obelix war, als er im Band „Asterix bei den Briten“ Minzsauce zu seinem Wildschwein gereicht bekam, tief erschüttert – als Gallier aus einem Land, in dem gekocht wird wie Gott in Frankreich, naturgemäß. Schließ die Augen und denk an England ist also ein Spruch, der für Tisch und Bett gleichermaßen gilt.

Aber wie kam die Minze in die britische Küche? Vielleicht erklärt die Geschichte der Minzsauce ja auch den unmittelbar bevorstehenden Brexit: Die Briten wollten einfach auch eine grüne Sauce haben wie die wichtigsten EU-Länder auf dem Kontinent – die Deutschen tunken ja ihre Kartoffeln in Frankfurter Grüner Soße auf, die Franzosen haben die Sauce verte und die Italiener die Salsa verde. Aber die Engländer wollten sie anders: unangepasst und disharmonisch, damit sie sich jederzeit ausführlich über die Beschimpfungen der britischen Küche echauffieren können.

Minzsauce kann man auch etwas appetitlicher zubereiten.

Die Wahrheit ist natürlich etwas anders: Minze kam vermutlich mit den Römern bis hinauf an den Hadrianswall, die heutige Grenze zu Schottland. Das Kräutlein war nämlich schon in der Antike überaus beliebt und stand für Schönheit und Wohlgeruch; die alten Griechen rieben sich gerne damit ein. Bei Matthäus im Neuen Testament wird Minze auch als Währung für den Zehent – eine zehnprozentige, an Herrschende abzuführende Steuer – erwähnt. Und im Mittelalter putzten sich die Briten schließlich damit die Zähne.

Wir wollen an dieser Stelle etwas zurechtrücken zum Abschied. Minzsauce kann man auch etwas appetitlicher zubereiten, zum Beispiel, indem man positive Einflüsse anderer grüner Saucen vom Festland zulässt, sich also kooperativ gibt: Statt kochend heißes Wasser wie im Originalrezept verwenden wir gutes mildes Olivenöl; geschmackliche Harmonie entsteht durch feinst gehackte Schalotten und Zitronensaft, wie in der grünen Soße; für die Bindung sorgt ein Dotter, wie in der Salsa verde; und damit britische Gewohnheiten nicht zu kurz kommen, bekommt die Sauce noch ein paar Erbsen verpasst.

Eine kleine letzte Tücke kann ich mir nicht verkneifen: Als Beilage zu dieser Lammkrone mit Minzsauce gibt es Kohlsprossen, und damit hat die böse EU doch wieder ein Wörtchen mitzureden auf der Insel: Die kleinen grünen Dinger heißen auf Englisch nämlich Brussels sprouts.

Lammkrone mit Minzsauce und Kohlsprossen Für 4 Personen: 1 Bund Minze grob hacken und mit 1 Handvoll gekochter Erbsen, 1 TL Rohrzucker und 1 zerdrückten Knoblauchzehe in einen Mixbecker geben. Salzen, pfeffern und unter langsamer Zugabe von mildem Olivenöl zu einer zähen Flüssigkeit pürieren. Dann 1 fein gehackte Schalotte, den Saft 1 Zitrone und 1 Dotter kräftig unterrühren. Noch einmal abschmecken und ziehen lassen. 300 g Kohlsprossen putzen und halbieren. In einer Pfanne mit etwas Olivenöl gut durchrösten. 1 Knoblauchzehe, 1 Chilischote und die Schale 1/2 Zitrone allerfeinst hacken und zu den Kohlsprossen geben. Abschmecken, kurz weiterrösten und dann ins 140 Grad ­heiße Backrohr stellen. Ca. 750 g Lammkrone mit einigen Zweigen Rosmarin in einer Pfanne mit etwas Butter und Öl anbraten, mit Fleur de sel und grobem schwarzem Pfeffer würzen und zu den Sprossen ins Rohr stellen, bis das Fleisch schön rosa ist. Lamm mit der Sauce und den Sprossen anrichten und dazu im Ofen gebackene kleine Kartoffeln reichen.