im Gastgarten des Restaurants "Pichlmaiers Zum Herkner" in Wien
Powerlunch

Eineinhalb Gänge mit … Gabi Spiegelfeld

Für Sebastian Kurz hat Gabi Spiegelfeld aus Liebe zu seiner Leidenschaft ihr Telefonbuch geöffnet, ihm Kontakte geknüpft und Veranstaltungen organisiert. Das war, im Nachhinein betrachtet, nicht nur schlau.

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Gabi Spiegelfeld sitzt bei ihrem Lieblingswirt an ihrem Lieblingsplatz, in der rechten Hand hat sie einen ganz leichten Sommerbellini und in der linken ihr Telefon. Sie spricht über Lautsprecher, damit ihr Bekannter, der Eventveranstalter Edwin Weindorfer, aus erster Hand erzählen kann, dass der Koch seines spanischen Country Clubs schon zwei Mal Essen für den Jet von Jeff Bezos geliefert hat. Plötzlich rauscht es, Weindorfer ist nicht mehr zu verstehen, was ein bisschen schade ist, weil die Geschichte gerade jetzt wohl doch auf den Höhepunkt zusteuert, und Spiegelfeld ruft zornig: „Ich hasse dieses WhatsApp.“ Die Mitarbeiter der Wiener Korruptionsstaatsanwaltschaft würden das jetzt nicht unbedingt bestätigen.

Wir sitzen in „Pichelmaiers Zum Herkner“, am äußeren Ende von Dornbach. Es ist ein heißer Junitag, Montagmittag, und das ist insofern bemerkenswert, weil das Lokal Montagmittag eigentlich geschlossen hat. Keine Sorge, hatte Spiegelfeld bei der Terminvereinbarung gesagt, „die sperren sicher für uns auf“, und genau so war es dann auch. Eine Gabi Spiegelfeld kann Türen öffnen: Das ist zwar platt, aber die Wahrheit, und seit vielen Jahren gilt das nicht nur für Restaurants. Spiegelfeld ist so was wie die Doyenne der österreichischen PR-Szene, eine Art Anneliese Rohrer für Networker, nur in nett. Spiegelfeld kennt jeden und jede, mehr Handynummern von wichtigen Menschen hat niemand im Land, außer vielleicht die Bundestrojaner-Abteilung im Innenministerium, aber die sind den Tick zurückhaltender. „So ein Netzwerk entsteht nicht von heute auf morgen“ sagt sie, während sie in den Krautfleckerln herumstochert, dem kleinen Gruß aus der Küche, „ich habe mehr als 20 Jahre in meines investiert. Netzwerken ist immer ein Geben und Nehmen, ein sich gegenseitig Helfen.“ Eine Zeit lang hat Spiegelfeld ihr Netzwerk auch Sebastian Kurz zur Verfügung gestellt. „Ich komme aus einem bürgerlichen Haus, habe immer ÖVP gewählt, aber richtig begeistern konnte ich mich erst, als Sebastian Kurz kam. Das waren junge Menschen, die rund um die Uhr für eine Idee gearbeitet haben. Die waren nicht in der Disco, die haben ihre Freizeit aufgeben. Für eine Idee. Das hat mir imponiert“, sagt sie heute. Sie hat Kurz deswegen mit Unternehmern aller Umsatzklassen zusammengebracht, hat für ihn Einladungen organisiert, aber eben nicht nur das. In Zusammenarbeit mit Thomas Schmid sollte sie zum Beispiel auch weibliche Führungskräfte für die diversen Aufsichtsräte finden, die die ÖVP besetzen konnte. Das hat nicht so gut geklappt, wie man den Chatprotokollen der WKStA entnehmen kann, gemeinsam mit der Information, dass Spiegelfeld nicht so ein Fan dieser Scheiß-Quotenregelung ist, vorsichtig gesagt, weil eben diese „Weiber so nerven“.

Eine Gabi Spiegelfeld kann Türen öffnen: Das ist zwar platt, aber die Wahrheit, und seit vielen Jahren gilt das nicht nur für Restaurants. Spiegelfeld ist so was wie die Doyenne der österreichischen PR-Szene, eine Art Anneliese Rohrer für Networker, nur in nett.

Mit Schmid hat sie mittlerweile keinen Kontakt mehr, zuletzt telefonierten sie an ihrem Geburtstag im Februar, mit Kurz schon: „Wie es ihm wirklich geht, weiß ich aber nicht.“ Wenn man mit Spiegelfeld im Herkner sitzt, dann versteht man ein bisschen, wie das damals so gelaufen sein könnte. Sie ist nett, charmant und witzig. Sie spricht sehr schnell, und es kann gut sein, dass ihr manchmal die eine oder andere kleine Bösartigkeit herausrutscht, über Wolfgang Rosam zum Beispiel, den anderen großen Netzwerker dieser Stadt. Aber die nimmt sie dann sofort zurück, das geht ja beim Plaudern, anders als bei Chatnachrichten, die sich dummerweise auf einer Festplatte bei Thomas Schmid finden. Spiegelfeld schafft schnell eine Vertraulichkeit. Und vor allem dann, wenn sich Herkner-Besitzer Martin Pichlmaier dazugesellt, fliegen die Vornamen so schnell durch den wunderschönen Gastgarten, dass man mit dem Nachdenken gar nicht mehr nachkommt, welcher Alex da jetzt mit welchem Klemens unterwegs war, der übrigens ein bisschen seltsam ist, welchen Andi man nur noch so selten sieht und welchen Roli man jetzt beim ORF anruft. Gabi Spiegelfeld ist eine Meisterin der sympathischen kleinen Indiskretion, vielleicht hat sie auch deswegen seit Jahren so viele Freunde und Freundinnen im Journalismus. Netzwerken ist wirklich immer ein Geben und Nehmen. Trotzdem: Der Ausflug in die Nähe der Politik hat Spuren hinterlassen, sagt sie. Der U-Ausschuss. Die Verdächtigungen. Die Peinlichkeit, dauernd die eigenen Chats in der Zeitung nachlesen zu müssen. Spiegelfeld klingt nicht frustriert, wenn sie das sagt, eher desillusioniert. „Ich habe nichts Falsches gemacht. Ich habe mich darum gekümmert, dass sich Wirtschaftstreibende, die für die Politik nicht mehr zugänglich waren, plötzlich wieder für die Politik interessiert haben. Und das ist doch gut. Politik braucht die Wirtschaft, sonst funktioniert das ja alles nicht.“ Die Frage ist, was die Wirtschaft von der Politik braucht. Und ob es die Politik als solches ist, oder doch eher nur die Politiker, die gerade regieren?

MIttagstisch

Spiegelfeld stochert im Spargelsalat mit Oktopus (22 Euro), und eigentlich können einem in diesem Moment alle drei ein bisschen leidtun, der Spargel, der Oktopus und auch Frau Spiegelfeld, die erzählt, dass sich einiges verändert hat in den vergangenen Jahren. „Wenn man ehrlich ist, dann braucht man mich eigentlich gar nicht mehr“, sagt sie und schickt nach, dass sie das gar nicht so negativ meint.

Spiegelfeld stochert im Spargelsalat mit Oktopus (22 Euro), und eigentlich können einem in diesem Moment alle drei ein bisschen leidtun, der Spargel, der Oktopus und auch Frau Spiegelfeld, die erzählt, dass sich einiges verändert hat in den vergangenen Jahren. „Wenn man ehrlich ist, dann braucht man mich eigentlich gar nicht mehr“, sagt sie und schickt nach, dass sie das gar nicht so negativ meint. „Ernsthaft: Meinen Job gibt’s nicht mehr. Welcher Unternehmer braucht heute noch jemand, der ihm einen Kontakt macht? Das hat sich alles geändert. An einen Wolfgang Schüssel ist man nicht herangekommen. Aber wenn heute der A1-Chef mit dem Nehammer reden will, dann braucht er mich nicht, denn er ruft ihn einfach an.“ Das ist zwar jetzt nur für jene überraschend, die nicht wissen, dass Thomas Arnoldner, der A1-Chef, früher in der JVP aktiv war und seine Frau unter Gernot Blümel die Wiener ÖVP gemanagt hat, aber prinzipiell hat Spiegelfeld natürlich recht: Politiker sind heute offener für Kontakte zu Wirtschaftstreibenden, und nicht immer ist das gleichbedeutend mit einem Ermittlungsakt.

Spiegelfeld selbst hat damit aber abgeschlossen. Sie plant, die Stadt zu verlassen und nur noch in Tirol und auf Mallorca zu leben: „Ganz ehrlich: Ich gehe mittlerweile am Abend lieber mit meinem Hund spazieren und schaue in den Sternenhimmel als in Wien auf eine Party.“ Immer diese mitleidigen Blicke, das schlägt einem aufs Gemüt. In Kitzbühel organisiert sie jedenfalls mittlerweile den sogenannten „Kitz Summit“, ein gemütliches Networking-Treffen von 150 Managern, Unternehmensberatern, Start-uppern und Politikern, mit wenigen Panels und viel Nachmittagsfreizeit. Sie hat den Gipfel entwickelt, als man ihr den „Salzburg Summit“ wegen ihrer Freundschaft zu Sebastian Kurz weggenommen hat. Daneben plant sie gerade einen Mallorca Summit, der soll 2024 im Herbst starten, gemeinsam mit Edwin Weindorfer und seinem Koch – sollte der bis dahin nicht endgültig in die Flugbereitschaft von Jeff Bezos gewechselt sein.

Markus  Huber

Markus Huber

ist im Hauptberuf Herausgeber des Magazins „Fleisch“ und schreibt für profil alle zwei Wochen die Kolumne „Powerlunch“.