Gerichtsurteil

Figlmüllers Schnitzel-Burger: Ein Besuch im "Brioche und Brösel"

Die Wiener Schnitzelinstitution Figlmüller versucht sich an einer Luxus-Schnitzelsemmel.

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Vergangenen Juni brachte es Wiens berühmtester Schnitzelklopfer zu einer doch etwas überraschenden Ehre: Der Online-Foodguide „Taste Atlas“ kürte die in der Wollzeile im 1. Wiener Gemeindebezirk gelegene Schnitzel-Institution Figlmüller zum „Most Legendary Restaurant in the World“ – also noch vor dem auf Platz zwei gelegenen „Katz’s Delicatessen“ in New York City und dem geradezu peinlich weit abgeschlagenen Münchner Hofbräuhaus (Platz neun). Derart bestärkt, versucht sich der Figlmüller nun seit einigen Tagen auch an einem neuen Streetfood-Konzept – und hebt die Schnitzelsemmel dabei auf ein tatsächlich sehr hohes Level.

Schwer zu finden ist der neue De-luxe-Schnitzelsemmel-Stand jedenfalls schon mal nicht: Das in einen ehemaligen Würstelstand hineingebaute „Brioche und Brösel“ liegt in der zu jeder Tages- und Nachtzeit pulsierenden Rotenturmstraße, unweit der bei Nachtschwärmer:innen beliebten Lokalmeile Bermudadreieck. Man konzentriert sich hier auf das Wesentliche. Das Angebot ist minimalistisch – und das ist, wie so häufig, als echte Stärke zu bewerten. Zu essen gibt es bei „Brioche und Brösel“ exakt vier Dinge: den „Wiener Burger“, einen Tafelspitz-Burger, Trüffelchips – und Manner Schnitten.

Erster Gang – der „Wiener Burger“: Dass die Burger Buns aus einem aus Germteig hergestellten Brioche bestehen, hätte man bereits aufgrund des Lokalnamens erraten können, dass sie aber so flaumig geraten, ist trotzdem eine angenehme Überraschung. Gefüllt sind sie mit dünn geklopftem Kalbs-Wiener-Schnitzel, eingelegten Zitronen, Salat, Zwiebelmarmelade und Petersil-Mayonnaise. Auf den ersten Blick erschreckt die Anzahl der Zitronenscheiben im Burger ein wenig, aber durch die Fermentation sind sie, auch mit Schale, herrlich bekömmlich geworden. Im Gesamtgeschmackserlebnis wird dieser Burger zu einer runden, leicht süßen Angelegenheit.

Zweiter Gang: der Tafelspitz-Burger – und der ist fast noch gelungener. Der Tafelspitz wurde – laut Figlmüller-Angaben – sous vide gegart. Für diese Zubereitungsart benötigt man vor allem zwei Dinge: ein Vakuumiergerät und Geduld. Das luftdicht eingeschweißte Rindfleisch wird bei niedrigen Temperaturen stundenlang gar gezogen. Für den Burger wird der Tafelspitz dann in mundgerechte Stücke zerteilt und erinnert so schon fast an gezupftes Pulled Beef – und so schimmert ein bisschen Amerika durch den Austro-Burger. Dazu gesellen sich noch sehr knusprig frittiertes Kartoffelstroh, Kren und Schnittlauchsauce. Ein wenig Wurzelgemüse, auf den Punkt gegart, hat es auch noch in das Kunstwerk reingeschafft.

Es gelingt also bei beiden Burgern das Kunststück, ikonische Gerichte, die im kollektiven österreichischen Geschmacksgedächtnis abgespeichert sind, auf Burgerformat zu konzentrieren – das klingt vielleicht nach einer unspektakulären Übung; hier ist es aber perfekt ausbalanciert und tatsächlich sensationell schmackhaft.

Beilage kann er ebenfalls, der Figlmüller – auch wenn hier vom klassischen Erdäpfelsalat ausnahmsweise abgewichen wird. Die knusprigen Trüffelchips mit Parmesan werden dafür sogar flambiert. So richtig geschmolzen ist der Käse zwar nicht, vermutlich war das aber auch nicht der Plan.

Ein kleiner Lifehack noch zum Schluss: Zwischen dem Figlmüller-Stammhaus in der Wollzeile und dem „Brioche und Brösel“ liegt nur ein Fußmarsch von knapp 200 Metern. Sollte die Schlange beim Original also wieder einmal legendär lang sein, könnte der hauseigene Street-Food-Stand eine buchstäblich nahe liegende Alternative werden.

Empfehlung: stehen bleiben
Stimmung: urban
Preisverhältnis: Burger jeweils 9,80 Euro, Trüffelchips 4,50 Euro

Brioche und Brösel, Rotenturmstraße 21, 1010 Wien

Stephan   Graschitz

Stephan Graschitz

ist als Chef vom Dienst bei profil tätig.