Blick auf Bad Ischl vom Siriuskogl

profil-Morgenpost: Uns bleibt immer noch Bad Ischl

Guten Morgen!

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Sebastian Hofer

Wer bei profil am Mittwochfrüh eine Hausdurchsuchung macht, wird, neben einer Runde ausgeschlafener Journalisten auf dem Weg zur Redaktionskonferenz, immer auch ein paar Gerüchte, Analysen, Spekulationen sowie das eine oder andere Staatsgeheimnis vorfinden. So etwas liegt in Nachrichtenmagazinredaktionen nun einmal herum, am Kopierer, hinterm Kopierer, zwischen Kopierer und Mistkübel. Wobei die Staatsgeheimnisse, so ehrlich müssen wir sein, gegenüber den Spekulationen meistens in der Minderheit sind, aber manchmal sind es sogar Kirchenstaatsgeheimnisse. Ein ebensolches dokumentiert Christa Zöchling im aktuellen profil.

Dass der österreichische Bischof Alois Hudal nach 1945 zahllosen NS-Verbrechern vom Vatikan aus über die sogenannte „Rattenlinie“ zur Flucht nach Südamerika verholfen hatte, war lange bekannt, seine Motivlage aber immer noch umstritten: nicht ausgeschlossen, dass Hudal aus christlicher Barmherzigkeit gehandelt habe. Nun kommt eine neue Studie des Historikers Johannes Sachslehner zu einem eindeutigen Befund.

„Von Barmherzigkeit war bei Hudal nichts zu spüren“, schreibt Zöchling: „Kein Rätselwesen, sondern gekränkter Kleingeist mit maßlosem Ehrgeiz, von Hass auf die Juden und deutscher Überheblichkeit beseelt.“ Hudal, schon Ende der 1920er-Jahre ein glühender Nationalsozialist und Hitlerverehrer, erklärte die Nürnberger Rassegesetze übrigens zur „Notwehr“ gegen „Überflutung durch fremde Elemente“. Wenn es nicht schon kalt wäre, könnte man eine Gänsehaut bekommen.

Ziemlich frisch ist es derzeit auch in Bad Ischl, Kulturhauptstadt Europas 2024. Im Finale setzte sich die ehemalige k&k-Sommerfrischemetropole gegen Dornbirn und St. Pölten durch. Warum, wird womöglich für immer ein Geheimnis bleiben. Andererseits arbeiten wir schon fieberhaft an der Aufklärung der Causa. Teile der profil-Redaktion planen vorsorglich schon einmal eine Hausdurchsuchung in der örtlichen Hofzuckerbäckerei.

Wir wünschen Ihnen einen süßen Mittwoch!

Sebastian Hofer

Sebastian Hofer

Sebastian Hofer

schreibt seit 2002 im profil über Gesellschaft und Popkultur und ist seit 2020 Textchef dieses Magazins.