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Olympische Winterspiele Sotschi: 20 Fragen vor der Eröffnung

Olympische Winterspiele Sotschi. Letzte Fragen vor der Eröffnung

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1. Seit wann gibt es Winterspiele?

Olympische Spiele sind bekanntlich eine Erfindung der alten Griechen. Im antiken Olympia fiel selten Schnee, weshalb die Urfassung der Wettkämpfe ohne Wintersport auskam. Auch die Olympischen Spiele der Neuzeit beschränkten sich zunächst auf sommertaugliche Bewerbe. Erst 1924 fanden die ersten Winterspiele in Chamonix statt. Im damals noch kargen Wettkampfkalender standen unter anderem Eishockey, Militärpatrouille und, wohl schon einst milde belächelt, Curling. Skifahren wurde erst 1936 in Garmisch zur olympischen Disziplin. Heute unvorstellbar: Der österreichische Skiverband boykottierte (wie jener der Schweizer) die Herrenrennen in Garmisch, weil das IOC Skilehrer als Profis eingestuft und ihnen die Teilnahme verweigert hatte.

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2. Sagt man Soodschi oder Sottschi?

Wer in den kommenden paar Wochen als Olympia-Auskenner punkten will, sollte die ­exakte Aussprache des Veranstaltungsortes beherrschen. Fernsehkonsum allein könnte in dieser Hinsicht verwirren, weil sich österreichische und deutsche Kommentatoren nicht einig sind. Im ORF ist stets von „Soodschi“ die Rede, bei ARD und ZDF zackig von „Sottschi“. Gerhard Mangott, Osteuropa- und Russland­experte sowie Professor für Politikwissenschaft an der Universität Innsbruck, gibt dem ORF recht: „Betonte Vokale werden im Russischen immer lang ausgesprochen.“ Richtig ist also Soodschi.

3. Wer gewinnt? Österreich!

Sechzehn Medaillen, darunter vier goldene, holten österreichische Sportler 2010 bei den Olympischen Spielen in Vancouver. Dieses Mal feierte die Republik schon im Vorfeld Triumphe: Kein Land vergleichbarer Größe scheffelte in Russland so viel Geld. Österreich habe der Schweiz schon vor Beginn der Spiele die erste Niederlage zugefügt, jammerte jüngst die Schweizer Tageszeitung „Blick“ – und zwar „in der Disziplin Geschäftemachen“. Konzerne wie der Bauriese Strabag und der Lifterzeuger Doppelmayr erhielten Aufträge im Gesamtwert von rund 1,3 Milliarden Euro. Nicht einmal Deutschland konnte da mithalten.

4. Wofür gibt es die meisten Medaillen?

Macht es einen großen Unterschied, ob man sehr schnell 1000 oder 1500 Meter eisläuft? Ja, durchaus. Bei Olympia sind das verschiedene Bewerbe. Außerdem gibt es noch Medaillen für 500, 3000, 5000 und 10.000 Meter sowie für die Disziplin Team-Verfolgung. Weil in fast allen Bewerben Damen und Herren starten, werden im Eisschnelllauf nicht weniger als 36 Medaillen vergeben. Ebenso viel Edelmetall wird an die Langläufer verteilt, die unter anderem im Sprint, im Team-Sprint, in der Staffel und über die Langstrecke gegeneinander antreten. Die in einigen Sommersportarten übliche Einteilung nach Gewichtsklassen entfällt dafür im Winter. Wer für seine Profession zu pummelig ist, muss selbst damit fertig werden.

5. Wen interessiert das alles?

Der olympische Abfahrtslauf der Herren war in Österreich stets ein Straßenfeger mit bis zu zwei Millionen Zusehern. Vor vier Jahren saßen ausnahmsweise nur 1,3 Millionen Fans vor den Fernsehgeräten. Der Bewerb war verschoben worden, und es gab in Vancouver auch keinen österreichischen Favoriten. Derlei Ungemach trübt sogar die Begeisterung der Österreicher für den alpinen TV-Sport. Insgesamt interessieren sich für olympische Winterspiele deutlich weniger Menschen als für das Spektakel im Sommer. Die russischen Veranstalter rechnen mit insgesamt drei Milliarden Fernsehzuschauern. Die Sommerspiele in London erreichten vor zwei Jahren fast fünf Milliarden. Beide Zahlen sind nur Schätzungen und mögen deutlich zu hoch liegen. Tatsache ist, dass es bei Winterspielen nur einen wirklich massentauglichen Sport gibt: Eishockey. Die restlichen Bewerbe erfreuen sich einer lokal stark eingeschränkten Popularität. Das deutsche Publikum etwa ist seit ein paar Jahren verrückt nach Biathlon. Die Niederländer wiederum stehen auf Eisschnelllauf. Bei der Entscheidung über 10.000 Meter der Männer fieberten vor vier Jahren fast sieben von insgesamt 16 Millionen Holländern vor dem Fernseher mit. Der wichtigste TV-Markt, die USA, wird dieses Mal nicht nur darunter leiden, dass die meisten Bewerbe wegen der Zeitverschiebung mitten in der Nacht stattfinden. Mit Lindsey Vonn fällt noch dazu ein Superstar verletzungsbedingt aus. Der Sender NBC, Inhaber der Übertragungsrechte, befürchtet für Olympia bereits einen Verlust von mehreren hundert Millionen Dollar.

6. Wer bleibt am längsten fit?

Spitzensport ist eher eine Beschäftigung für jüngere Semester. Doch auf der Teilnehmerliste für Sotschi findet sich auch Personal jenseits der allerbesten Jahre. Die älteste Sportskanone in Sotschi wird Hubertus Hohenlohe sein. Der 55-jährige Prinz will für Mexiko im Riesenslalom antreten. Ihren 40. Geburtstag bereits hinter sich haben unter anderem auch der Skispringer Noriaki Kasai (41), die Eishockey-Cracks Teemu Selänne (43) und Jaromir Jagr (42) sowie der Rodler Albert Demtschenko (42). Vergleichsweise jugendlich ist Österreichs ältester Olympia-Teilnehmer: Der Biathlet Christoph Sumann wurde kürzlich 38.

7. Warum lassen Bobfahrer die Hüllen fallen?

Die Bobbewerbe gehören seit den ersten Winterspielen fix zum Wettkampfprogramm. Ganz große Publikumsmagneten sind sie aber nicht. Das liegt wohl daran, dass ungeschulte Augen die Feinheiten der Technik nicht erkennen. Für den Laien fährt ein Bob wie der andere – und alle zusammen erinnern irgendwie an die gute alte Rohrpost. Seit Kurzem gibt es bei TV-Übertragungen von Bob-Events allerdings eine Neuerung zu besichtigen: Immer mehr Athleten machen sich mit nackten Waden (und einige auch mit nackten Armen) auf den Weg. Ein Marketing-Gag wie die kleinen Bikinihöschen der Beach-Volleyballerinnen? Nein, sagt Manfred Maier, Trainer der österreichischen Bobfahrer. „Die Sportler wärmen sich vorher gut auf. In den engen Wärmeschutzanzügen ist ihnen dann heiß. Deshalb machen sich einige, so gut es geht, Luft.“ Bei Olympia wird man das seltener sehen, denn eigentlich ist die Freikörperkultur verboten und wird nur ausnahmsweise geduldet.

8. Warum sieht man im Fernsehen nie, wie steil es bei Skirennen wirklich zugeht?

Fritz Melchert, legendärer ORF-Sportregisseur, plaudert aus der Schule:
„Um die Steilheit eines Hanges zu zeigen, müsste man von der Seite filmen. Dann würde aber niemand erkennen, ob ein Tor korrekt passiert wurde. Aber ich darf beruhigen: Bei der Herren-Abfahrt in Sotschi gibt es nach 25 Fahrsekunden eine Stelle, die so steil ist, dass das auch in der TV-Übertragung rüberkommen wird. Grundsätzlich gilt: Eine Übertragung muss erstens, logisch, das Sportliche einfangen. Zweitens muss sie die Emotionen zeigen: die der Fahrer, die ins Ziel kommen, der Führenden, die gerade geschlagen wurden oder nicht, sowie des Publikums. Drittens wichtig: Land und Leute. Ich will zeigen, wie schön der Berg ist. Spannend wird es für den Regisseur, wenn die Startintervalle verkürzt werden. Dann kann es auf längeren Abfahrten schon vorkommen, dass drei Läufer gleichzeitig auf der Strecke sind. Für den Zuschauer darf dann nicht der Eindruck entstehen, dass ein Läufer mit rotem Anzug startet und mit blauem Anzug ins Ziel kommt. So etwas ist mir aber zum Glück noch nie passiert.“

9. Sind die Salzburger noch traurig?

Im Sommer 2005 hatte Salzburg, gemeinsam mit sechs weiteren Städten, seine Bewerbung als Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2014 abgegeben. Die Salzburger überstanden die Vorrunde, scheiterten aber am Ende klar. Anschließend ermittelte die Staatsanwaltschaft fast fünf Jahre lang, ob bei der Bewerbung alles mit rechten Dingen zugegangen war. Untersucht wurden etwa saftige Honorare für PR-Agenturen und Berater. Im November 2013 wurden die Verfahren eingestellt. Die Geldflüsse waren nach Ansicht der Staatsanwaltschaft „nicht unüblich“. In Salzburg ist das Thema Olympia erledigt, wie Vizebürgermeister Harald Preuner erklärt:

profil: Wenn alles nach Wunsch gelaufen wäre, müsste Salzburg demnächst die Olympischen Spiele austragen. Sind Sie jetzt ganz froh, dass es anders kam?
Harald Preuner: Das IOC hat sich 2007 für Sotschi entschieden, das haben wir zur Kenntnis genommen. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass das schon vorher ausgemacht war. Aber wie auch immer: Ich wünsche allen Beteiligten viel Spaß. Dieser Kelch ist an uns vorübergegangen.

profil: Der schneearme Winter hätte Salzburg ganz schön unter Druck gebracht. Es wäre Ihnen vielleicht ergangen wie den Kitzbühelern mit ihrem Hahnenkammrennen.
Preuner: Wir haben ein gutes Konzept präsentiert, das auch funktioniert hätte. Unsere Skigebiete liegen höher als Kitzbühel. Da gibt es genug Schnee. Und ein paar Schneehaufen wie in Sotschi hätten wir auch zusammengebracht.
profil: Wird sich Salzburg wieder einmal bewerben?
Preuner: Nein, für uns ist das Thema erledigt. Wir haben unsere Erfahrungen gemacht und daraus gelernt. Vor allem die Bevölkerung will das nicht.

10. Warum ist das alles so teuer?

Mit der beherzten Ansage, nicht weniger als zwölf Milliarden Dollar in die Ausrichtung der Olympischen Spiele von Sotschi investieren zu wollen, gewann Wladimir Putin anno 2007 die Gunst des IOC. Seither wurde des Präsidenten Rechnung deutlich nach oben korrigiert, unterm Strich stehen Kosten von 50 Milliarden Dollar, umgerechnet 37 Milliarden Euro. Damit sind die Olympischen Spiele 2014 die teuersten der Geschichte. Offiziell haben die schwierigen baulichen Bedingungen an der russischen Schwarzmeerküste den Preis hochgetrieben: 70.000 Bauarbeiter mussten die Infrastruktur zum Teil auf instabilem Grund hochziehen, was zum Beispiel die Errichtungskosten der Skischanzenanlage von 40 Millionen auf 265 Millionen Dollar hochschnalzen ließ. Prestigebauten wie die größte Bahnstation Russlands oder das größte Olympiastadion aller Zeiten (das ausschließlich die Eröffnungs- und Schlussfeiern beherbergen wird) boten aber auch reichlich Spielraum für eher inoffizielle Mehrkosten. Boris Nemzow, Vize-Ministerpräsident unter Boris Jelzin und jetziger Oppositionspolitiker, taxiert das Veruntreuungsvolumen von Sotschi 2014 auf nicht weniger als 30 Milliarden Dollar: „Die Olympischen Spiele von Sotschi sind ein beispielloser Diebeszug, vollbracht von Leuten aus Putins Regierung und regimetreuen Oligarchen.“

11. Wo liegt Sotschi?

Kleine Handreichung für den Smalltalk in der Biathlon-Strafrunde: Die südrussische Schwarzmeermetropole Sotschi hat 340.000 Einwohner, liegt auf demselben Breitengrad wie Saint-Tropez und wurde aufgrund ihrer angenehm subtropischen Verhältnisse (Durchschnittstemperatur im Jänner: 6° C) vor allem als Badeort bekannt (daher der Name Kaukasische Riviera). In der Sowjetzeit wurden in Sotschi zahlreiche Sanatorien errichtet, in postsowjetischer Ära tat sich der Ort vor allem als Oberschicht-Spielplatz (russisches Venice Beach) hervor sowie als erste Karrierestation der späteren Tennisstars Maria Scharapowa und Jewgeni Karfelnikow. Auch nach seiner olympischen Episode soll Sotschi Sportstadt bleiben: Präsident Putin verständigte sich mit Bernie Ecclestone bereits auf die Austragung eines Formel-1-Grand-Prix, und auch die russische Fußball-WM 2018 wird hier eine Spielstätte finden.


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12. Was hat ein Olympiateilnehmer im Gepäck?

Hannes Reichelt, Hoffnungsträger des ÖSV in Abfahrt und Super-G, erläutert seine Packliste: „Das Maximum, das ich mitnehmen darf, sind drei Taschen, insgesamt komme ich auf 69 Kilo Gepäck, plus Handgepäck. Am schwersten sind natürlich die drei bis vier Paar Skischuhe. Die Ski nimmt der Servicemann mit, pro Disziplin mindestens fünf Paar. Alles andere kommt doppelt mit: Helm, Handschuhe, Hauben, Rennanzug. Von der Unterwäsche immer genau so viel, dass es für eine Woche reicht. Danach wird gewaschen. Private Dinge habe ich eher weniger dabei, die Fotos von der Freundin hat man am Handy oder Laptop, meinen Glücksbringer habe ich im vorigen Jahr verloren, der ist seither auf Weltreise. Aber bisher ist es auch ohne ganz gut gegangen.“

13. Was wird das neue Curling?

Der Reiz von Olympia erschließt sich nicht allein aus Herrenabfahrten und Eishockey-Finals, sondern insbesondere auch aus all den Rand- und Außenrandsportarten, die da alle vier Jahre im Nachmittagsfernsehen landen. In den vergangenen Jahren hat sich in dieser Kategorie vor allem Curling eine kultische Verehrerschaft zugezogen. Ein verdienter Anwärter auf die Gunst des nischenaffinen Publikums wäre aber auch das ewig unterschätzte Skeleton. Der Sport vereint haarsträubendes Spektakel mit erfrischender Komik. Die Athleten fegen mit 140 km/h buchstäblich Hals über Kopf durch den Eiskanal, steuern mit subtilen Pobackenbewegungen durch Steilkurven und werden im Ziel, ganz banal, per Einfahrt in einen Haufen Schaumstoffmatten gebremst. Medaillenhoffnung aus Österreich: Janine Flock, frischgebackene Eurpameisterin.

14. Wie halten sich Kurzbahn-Eisschnellläufer auf den Beinen?

Faszinosum Short-Track: Vier bis acht Läufer rotieren auf einer 111 Meter langen Bahn im Kreis (genauer: im Oval) und erreichen trotz dichten Gedränges im Pulk Geschwindigkeiten und Schräglagen, von denen der klassische Wiener Eistraumbenutzer tatsächlich nur träumen kann. Wie sich das Spektakel rein physikalisch rechnet:

Damit der Schwerpunkt des Läufers G die gleiche Höhe behält, muss die vertikale Kraft Fy die normale Erdbeschleunigung g der Masse des Läufers m aufheben. Mathematisch ausgedrückt: Fy – mg = 0
Die Zentripetalkraft Fx, die horizontal vom Schwerpunkt G zum Mittelpunkt der Rotationsbewegung wirkt, wird durch die Masse m des Läufers, seine Geschwindigkeit v und den Radius R bestimmt: Fx = m V2/R
Bei gleichbleibendem Winkel ß müssen die Rotationskräfte im Gleichgewicht sein, mathematisch: Fx sin ß * L – Fy cos ß * L = 0
Aus der Kombination der drei Gleichungen ergibt sich (mit einigen hier ausgesparten Rechenschritten): tan ß = Rg/V2
Bei einem Radius von 8,5 Metern und einer Geschwindigkeit von 10 Metern pro Sekunde (36 km/h) muss sich der Läufer demzufolge in einem Winkel von 39,8 Grad zur Bahn neigen, um auf derselben zu bleiben.

15. Wer schützt Sotschi?

Gut 37.000 Sicherheitskräfte sollen Terroristen, Demonstranten, Verkehrsrowdys und andere Ruhestörer während der Spiele in Schach halten. Zur Verstärkung der Sicherheit wurden auch Einheiten der Elitetruppe Speznas (für spezialnowo nasnatschenija) einberufen. Das passt: Die Herren kennen sich nicht nur mit heiklen Einsätzen aus (unter anderem waren sie am Geiseldrama im Moskauer Musical-Theater Dubrowka 2002 beteiligt, im Bürgerkrieg in Tadschikistan, im Tschetschenien-Konflikt und in Afghanistan aktiv), sondern haben auch eine olympische Vorgeschichte: Der damalige KGB-Chef Juri Andropow hatte die Einheit unter dem Eindruck des Terroranschlags auf die Spiele 1974 in München gegründet. Ansonsten wird in Sotschi sicherheitstechnisch auf Elektronik und Bürokratie gesetzt: Nicht nur Athleten und Betreuer, auch Besucher müssen sich namentlich registrieren und vom Inlandsgeheimdienst FSB auf Unbedenklichkeit scannen lassen. Das österreichische Olympische Komitee musste schon Monate vor Erstellung der finalen Teilnehmerliste seine Abordnung akkreditieren, sicherheitshalber wurden 750 Personen zur Überprüfung angemeldet, von denen leider nur knapp die Hälfte wirklich nach Sotschi fahren darf. Dort werden sie, sicher ist sicher, von 5500 Kameras und den Mobilfunk-Abhörspezialisten des FSB beschützt, sowie von mehreren Handvoll FBI-Agenten und zwei US-Kriegsschiffen. Demonstrationen sind übrigens, trotz anders lautender Meldungen, sehr wohl gestattet: Im Vorort Chosta, kaum 18 Kilometer südlich des Olympiaparks, wurde eine offizielle Protestzone eingerichtet.

16. Vor wem muss Sotschi geschützt werden?

Am meisten Bauchweh bereitet den Sicherheitsbeauftragten der tschetschenische Terrorpate Doku Umarow, der sich selbst am liebsten als „Emir des Kaukasischen Emirats“ bezeichnet und seit Juli 2013 mit Anschlägen auf die Olympischen Spiele droht. Er wolle, so Umarow, Sotschi „mit allen Mitteln, die Allah erlaubt“, bekämpfen, worunter offenbar auch schweres Gerät zu verstehen ist.

17. Wird das jamaikanische Bobteam wieder einmal Cool Runnings abliefern?

Nach zwölfjähriger olympischer Abwesenheit tritt das berühmteste Bobteam der Welt, jenes aus Jamaika, endlich wieder einmal bei Olympischen Winterspielen an. Theoretisch jedenfalls. Am Dienstag der Vorwoche erhielt der karibische Zweierbob mit Kapitän Winston Watts und Anschieber Marvin Dixin zwar einen Quotenplatz des Weltverbands FIBT, nicht aber die nötige Anschubfinanzierung. Seine Jubelmeldung über die Qualifikation verband der jamaikanische Bobverband denn auch gleich mit einem Spendenaufruf – die Reise- und Materialkosten für das Abenteuer Sotschi überstiegen die Budgets des Verbands und seiner Athleten. Man zeigte sich aber zuversichtlich, die benötigten 80.000 Euro noch rechtzeitig einzusammeln, denn: „Die Spiele werden nicht dieselben sein ohne die Aufregung und die Leidenschaft des jamaikanischen Bob-Teams.“

18. Was sind die schönsten Andenken?

Mit Stand 10. Jänner waren, wie das Merchandising-Komitee von Sotschi nicht ohne Stolz verkündete, mehr als 960.000 Sotschi-Eisbären (offizielles Maskottchen) verkauft, etwa 50 Millionen Tisch-Hockey-Spiele, zwei Millionen Kaffeetassen sowie 3,5 Millionen Kühlschrankmagnete und Schlüsselanhänger. Bis zum Beginn der Spiele rechne man weiters mit dem Absatz von 75.000 Paar Langlaufski, 300.000 Paar Eislaufschuhen und, warum auch nicht, 260.000 Fußbällen mit Sotschi-2014-Logo. Rund 5000 offiziell lizensierte Produkte werden anno 2014 dem olympischen Gedanken gewidmet, geplanter Umsatz: 500 Millionen Euro. Aktuell im Angebot auf shop.sochi2014.com: Ringbucheinlagen A5, 1,52 EUR (statt 2,07 EUR)

19. Wird Daniela Iraschko-Stolz eine Regenbogenfahne mitnehmen?

Über die russischen Homosexuellen-Gesetze spricht die 29-jährige Skisprung-Weltmeisterin Daniela Iraschko-Stolz, die im August ihre Lebensgefährtin Isabel Stolz geheiratet hat, eigentlich nicht so gern. Für profil hat sie – via E-Mail – eine Ausnahme gemacht.

profil: Dem Laien wird gern erklärt, dass Skispringen Kopfsache sei. Wie bereitet man sich darauf vor, exakt am 11. Februar 2014 einen klaren Kopf zu haben?
Daniela Iraschko-Stolz: Am besten mit guten Sprüngen in der Vorbereitung und im Training, damit das Selbstvertrauen stimmt. Am Tag X kann viel passieren, worauf man keinen Einfluss hat: Wind, Unterbrechungen etc. Nervosität ist kein Fehler, sondern kann auch sehr motivierend sein.

profil: Lenkt die politische Situation im Gastland – Stichwort Homosexuellen-Gesetzgebung – dabei ab?
Iraschko-Stolz: Ablenkung ist es keine, ich kann mich immer voll und ganz auf den Sport konzentrieren. Zuhause geht es ja auch um andere Themen als nur ums Skispringen. Natürlich denkt man darüber nach, aber ich kann die Situation in Russland leider nicht ändern. Mein Ziel ist, mit einer tollen Leistung für Furore zu sorgen. Ich denke, das ist das beste Statement.

profil: Werden Sie eine Regenbogenfahne nach Sotschi mitnehmen?
Iraschko-Stolz: Ich werde nur die rot-weiß-rote Fahne mitnehmen.

profil: Die aktuelle Diskussion über die russischen Verhältnisse ist aber schon berechtigt?
Iraschko-Stolz: Diskussionen sind immer berechtigt, vor allem, wenn es um Menschenrechte geht. Aber man darf Sport und Politik nicht vermischen. Für die Sportler sind die Spiele das Höchste. Wir haben alle keinen Einfluss darauf, wo und wann die Spiele stattfinden. Ich bin überzeugt, dass ich in Sotschi genauso ehrlich empfangen werde wie jeder andere. Ich denke, man muss selbst Toleranz zeigen, um toleriert zu werden. Ich möchte Menschen ein Vorbild sein, die es mit ihrer sexuellen Orientierung nicht so leicht haben wie ich.

20. Und was sagt die Statistik?

Heinz Prüller ist längst in Pension, für die sportstatistische Datenflut muss also anderweitig gesorgt werden. Ein paar erste Zahlen zum Aufwärmen: 12 neue Bewerbe werden bei den Spielen 2014 ausgetragen, es handelt sich um:

Biathlon – gemischte Staffel, Eiskunstlauf – Team-Bewerb, Ski Freestyle – Halfpipe, Damen und Herren, Ski Freestyle – Slopestyle, Damen und Herren, Skisprung Damen, Rodeln – Team Staffel, Snowboard – Slopestyle, Damen und Herren, Snowboard – Parallelslalom, Damen und Herren

1066 Euro kosten die teuersten Livetickets in Sotschi, sie gelten für die Eröffnungsfeier am 7. Februar. Etwas günstiger kommen die Herrenabfahrt (9. Februar, 117 Euro) und das Eiskunstlauf-Kurzprogramm der Paare (11. Februar, 405 Euro), sehr viel günstiger das Skeleton-Finale der Herren (15. Februar, 42 Euro) oder die Halfpipe-Entscheidung im Damen-Freestyle Ski (20. Februar, 64 Euro).

98 Bewerbe werden insgesamt ausgetragen: 50 der Herren, 43 der Damen und 5 gemischte.

201 Medaillen hat Österreich bis dato bei Winterspielen erreicht, davon 55 in Gold. Das ergibt im ewigen Medaillenspiegel Platz fünf hinter Deutschland (358), Russland (308), Norwegen (303) und den USA (253).
105 davon wurden im alpinen Skilauf gewonnen, 23 im Skisprung, 20 im Eiskunstlauf.

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Rosemarie Schwaiger