Nie wieder einsam oder dumm!

Sieben Podcasts für ein Hallelujah

Die profil online-Redaktion stellt ihre Lieblingspodcasts vor.

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Ines

"Adulthood Made Easy" (Real Simple)

"Erwachsensein leicht gemacht", der Titel verspricht einiges. "Adulthood Made Easy" ist der Podcast für alle, die sich in der letzten Woche zumindest einmal gefragt haben: Was mache ich hier eigentlich und was soll das Ganze? Vor allem aber spricht er junge Frauen an, die sich erstmals in der "echten Welt" behaupten sollen und wollen. Moderatorin Sam Zabell, selbst erst 23, versucht mit ihren Gästen Hilfestellung zu verschiedensten Themen zu geben, sei es zu den ersten Gehaltsverhandlungen, dem ersten Mal Zusammenziehen oder dem Umgang mit der Allgegenwärtigkeit der sozialen Medien. Dabei ist neben professionellen Ratschlägen auch immer Platz für viel Humor und auch etwas verdientes Selbstmitleid. Gut für: Große und kleine Lebenskrisen.

"TED Radio Hour" (NPR)

TED-Talks sind super. Und es sind viele. Viel zu viele. Moderator Guy Raz und sein Team machen sich die Mühe, die besten herauszufiltern. Darauf basierend entsteht jede Woche eine "TED Radio Hour" rund um ein bestimmtes Thema, wie Vertrauen, Missverständnisse oder Design. Die jeweiligen Vortragenden sind dabei bei Raz im Studio. So entsteht ein lebendiger, menschlicher Dialog, der noch weit mehr über die interessanten Menschen auf der TED-Bühne und ihre Hintergründe verrät, als es ein klassischer Frontalvortrag jemals könnte. Gut für: Erleuchtungen in der U-Bahn.

Philip

„Fest & flauschig“ (Spotify)

Viel böses Blut ist geflossen, als sich der deutsche Entertainer Jan Böhmermann und der Musiker Olli Schulz von ihrem Stammsender „radio eins“ getrennt haben. Die beiden haben die kurze Auszeit nach der Erdogan-Schmähgedicht-Affäre genutzt, um aus ihrer wöchentlichen Radio-Blödelei „Sanft & sorgfältig“ den Spotify-Podcast „Fest & flauschig“ zu machen. Seit Mitte Mai gibt es die neue Sendung in gewohnter Manier jeden Sonntag gratis in der Spotify-App, auch wenn hier nicht immer (und das gehört zum Sendungskonzept) alles nach Plan läuft. Nach dem Hype ihrer alten Sendung suchen die zwei Plauder-Knalltüten nun wieder die Nische abseits der öffentlich-rechtlichen Aufmerksamkeit. Es geht um die großen Fragen des Alltags: Die schizophrene Medienszene, die Politik als Spiegelbild der Gesellschaft, Wahnsinn Fernsehen, Kindererziehung, Kita, die Medien, Society-Getratsche, Musik-Anekdoten und Peniswitze. Willkommen in der wöchentlichen Therapiestunde – reinhören und süchtig werden.

„Wer hat Burak erschossen?“ (Kulturradio vom RBB)

Spätestens seit die amerikanische Journalistin Sarah Koenig 2014 den sensationell erfolgreichen, millionenfach bei iTunes heruntergeladenen Podcast „Serial“ aufgelegt hat, haben True-Crime-Podcasts Konjunktur. Der deutsche Journalist Philipp Meinhold hat sich „Serial“ als Vorbild genommen. In „Wer hat Burak erschossen?“ wird die Ermordung des 22-jährigen Burak Bektas auf offener Berliner Straße thematisiert. Neun Folgen lang wird der bis heute ungelöste Fall neu aufgerollt; Meinhold spricht mit Bektas’ Freunden, die bei dem Mordanschlag zum Teil lebensgefährlich verletzt wurden, bekommt Einblick in das Familienleben des Opfers, spricht mit dem Arbeitgeber, interviewt die Beamten der Mordkommission. Nichts ist gewiss in der Geschichte dieses Verbrechens. Der Journalist weiß selbst nicht, wohin ihn sein Podcast führen wird. Die Recherchen sind nicht abgeschlossen. Sie entwickeln sich Woche für Woche weiter. Ein Tatmotiv gibt es nicht. Oder war der Mord doch rassistisch motiviert? Und dann gibt es plötzlich einen Tatverdächtigen, der wegen eines anderen Mordfalls in Untersuchungshaft sitzt.

Stephan

WTF with Marc Maron

Er ist neurotisch, narzistisch, unsicher, grumpy, umtriebig und voller Selbstironie: Nach zwei geschiedenen Ehen und einer stockenden Karriere als Comedian wollte Marc Maron endlich aus seinem Kopf raus und hat begonnen, sich in schonungslosen Gesprächen mit Regisseuren, Schauspielerinnen oder Musikern den Abgründen und Freuden des Lebens zu stellen. Dabei entstehen Gespräche, wie man sie höchstens in seinem engsten Kreis führt: Robin Williams erzählt von seinen Depressionen und warum er wieder zu trinken begann. Mit der Musikerin Kim Wild (Sonic Youth) spricht Maron über Vertrauen und das Ende ihrer Ehe mit Thurston Moore. Ethan Hawk erzählt von Selbstzweifel und Zufällen. Maron geht stets mit der selben Prämisse in die bisher über 700 Gespräche: We are all fucked! Und steigt am Ende stets mit der Erkenntnis wieder aus: But we are alright! Das ist beruhigend, ehrlich, selbstbezogen, mutig, kräfteraubend, herzerwärmend. Boomer lives!

Edge of Sports mit Dave Zirin

Wer der Meinung ist, Sport und Politik hätten nichts miteinander zu tun, hat von Sport keine Ahnung und interessiert sich nicht für Politik. Der Journalist und Autor Dave Zirin zeigt Woche für Woche das Gegenteil auf: präzise, abseits der Mainstreamsportberichterstattung, mit Hingabe für Außenseiter und den Sport und unterhaltsam. Was hat das Baseballteam Baltimore Orioles mit wachsender Polizeigewalt im Großraum Baltimore zu tun? Welche politische Bedeutung hat es, wenn die Sängerin Beyoncé ihren Song "Formation" in der Halbzeitpause des Superbowls präsentiert? Und welchen Interessen dient es, dass College-Basketballer für ihre Arbeit kein Gehalt bekommen? Zirin scheut nicht vor Konfrontation zurück, überschreitet aber auch nicht die Grenze zur - in den USA nicht unüblichen - Selbstgefälligkeit. Denn im Zentrum steht stets die Begeisterung für alles, was die Faszination Sport ausmacht. We are outta her, peace!

NBA-Show "The Starters"

"Good evening, sweet world!" So begrüßen die vier Basketballnerds J.E. Skeets, Tas Melas, Trey Kerby, Leigh Ellis (zwei Kanadier, ein Amerikaner und ein Australier) fünfmal die Woche Basketballfreaks weltweit. Hier wird liebevoll gestritten, das Internet durchforstet, jede Bewegung in der NBA analysiert, jeder "Wedgie" gefeiert (nachschauen!) mit feinen Gästen auf hohem Niveau gescherzt und der feinste Spielzug bekommt zwei Daumen nach oben. Das Schöne: Hier labern Fans für Fans und keine ehemaligen Spieler, die erzählen, warum früher alles besser war. Und das gefällt auch den aktuellen Spielern, die den vier Jungs in ihren Dreißigern gerne ein paar Anekdoten aus der Umkleidekabine erzählen. Die beste NBA-Show und der Beweis, warum Twitter doch eine gute Erfindung ist. "That's what I call a very solid play!"