Affäre: Hundsgemein Admiral & Wettpunkt

Affäre: Hundsgemein

Strafanzeige wegen Be- trugs: Die Justiz ermittelt

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Was würden Sie sagen, wenn Sie jemand zu einer Wette herausfordert und den Ausgang schon vorher kennt?

Dankend ablehnen würden Sie wohl.
Was aber, wenn Sie erst hinterher erfahren, dass Ihr Wettgegner das Ergebnis schon gekannt hat?

Dann würden Sie ihn vermutlich schlicht einen Betrüger nennen und, wenn möglich, Ihren Einsatz zurückfordern.

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft St. Pölten ist diese moralisch zumindest fragwürdige Variante bei zwei großen österreichischen Wettanbietern aber gang und gäbe. Admiral und Wettpunkt sollen nach jüngsten Erhebungen schon seit geraumer Zeit nach diesem Muster agieren. Eine Gruppe von Beamten des Landeskriminalamtes Niederösterreich hatte, begleitet von einem Sachverständigen, mehrere Wettlokale der beiden Unternehmen überwacht. Bei den dort angebotenen Wetten auf Hunderennen, die auf Monitoren laufen, stießen die Kriminalisten auf Bemerkenswertes. Zitat aus der profil vorliegenden Strafanzeige (Aktenzahl: 12 Ur 78/06i) vom 8. März 2007: „Im Falle des Produktes … ist es jedoch so, dass es sich um aufgezeichnete Hunderennen handelt, welche im Fünfminutentakt abgespielt werden.“

Nun wäre ja vielleicht nichts Schlimmes dran, wenn diese Rennen nur mit wenigen Minuten Verspätung daherkämen. Weil etwa die Rechte für die Live-Übertragung unverhältnismäßig teuer sind oder es schlicht technisch bedingte Verzögerungen gibt. Tatsächlich soll sich im Zuge der Ermittlungen aber gezeigt haben, dass diese ausgestrahlten Bewerbe teilweise mehrere Monate, in manchen Fällen sogar Jahre alt sein dürften.

Da die Auswahlkriterien nicht erkennbar sind, hat das für die Wettlustigen, wie das Gesetz die gemeinen Kunden nennt, keinen wirklichen Vorteil. Die Bildschirme verraten nämlich nichts über „Veranstaltungsort, Zeit oder Favoriten“ der betreffenden Rennen. Sonst wäre wohl auch die Gefahr zu groß, dass sich Leute zuvor mit den Ergebnissen versorgen und die Bank sprengen.

Raum für Manipulationen. Höchst heikel ist jedoch der Umstand, dass Admiral und Wettpunkt selbst den Ausgang der Rennen bereits im Vorfeld kennen. Diese blenden nämlich bereits vor dem Start fixe Quoten für die einzelnen Hunde beziehungsweise Einlaufergebnisse ein. Damit könnte man die Kunden – zumindest theoretisch – bewusst auf eine falsche Fährte locken, wie die Strafanzeige festhält: „Es wäre technisch möglich, dass ein Zentralcomputer sämtliche Daten pro Hunderennen übernimmt, das Wettverhalten der Kunden analysiert und anschließend jenes Rennen zuspielt, welches für den Betreiber den größten Gewinn erzielt.“

Für Justiz und Polizei geht es deshalb auch nicht nur um verbotenes Glücksspiel, sondern um den Verdacht des gewerbsmäßigen Betrugs. Demnach würden die „Wettlustigen von den Veranstaltern offensichtlich betrogen, indem ihnen vorsätzlich vorgespielt wird, dass anhand der vorgegebenen Quoten Aussagen über etwaige Favoriten getroffen werden können. Sie werden dadurch getäuscht und zu Wetten verleitet, welche die Wettlustigen am Vermögen schädigen, wodurch sich die Veranstalter unrechtmäßig und gewerbsmäßig bereichern“ (siehe Faksimile).

Angezeigt wurden die Wettpunkt Betriebs GmbH und deren Muttergesellschaft F.G.S. Intercorpo Holding GmbH sowie Admiral Sportwetten GmbH und HTM Hotel und Tourismus Management GmbH, beides Tochtergesellschaften des niederösterreichischen Novomatic-Konzerns. Jenes Unternehmens also, das im Juli vergangenen Jahres über die damaligen Regierungsparteien ÖVP und BZÖ beinahe das Casinomonopol zu Fall gebracht hätte. Jenes Unternehmen auch, dessen Geschicke lange Jahre Johannes Hahn lenkte – nun ÖVP-Wissenschaftsminister. Erst im Jänner 2004 übergab er mit dem Wechsel in die Politik das Zepter an Franz Wohlfahrt.

Gegenoffensive. Die verantwortlichen Manager bestreiten die Vorwürfe freilich entschieden. Admiral-Geschäftsführer Jürgen Irsigler erklärte vor der Kripo, sein Unternehmen würde lediglich „Wetten zwischen dem Wettkunden und dem Buchmacherunternehmen vermitteln“. Eine Tätigkeit, die mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung genehmigt sei. Erich Jungwirth, Rechtsanwalt der Wettpunkt Betriebs GmbH, bestreitet die Vorwürfe ebenfalls. Die Rennen kämen demnach von Wettpunkt International Ltd mit Sitz in Malta. Die österreichische Wettpunkt Betriebs GmbH wiederum sei hierzulande lediglich als Vermittler im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten tätig. „Wir sehen das anders. Was wir anbieten, ist kein Glücksspiel“, sagt ein Wettpunkt-Sprecher. „Diese Vorwürfe sind ganz klar zurückzuweisen“, erklärt Novomatic/Admiral-Anwalt Ernst Brunner. „Es gibt unmissverständliche Genehmigungsbescheide des Landes Niederösterreich und essenzielle Unterlagen, die von den Ermittlern und vom Sachverständigen nicht berücksichtigt wurden.“

Die Verdächtigen können mit einer Reihe von Sachverständigengutachten aufwarten, die ihre Argumentation stützen. Darauf geht auch die Strafanzeige detailliert ein: „In diesem Zusammenhang wird bemerkt, dass durch … die Novomatic-Gruppe Sachverständige durch das Anbieten von gut honorierten Beraterverträgen für objektive Ermittlungen nicht mehr herangezogen werden können bzw. mit laufenden Arbeitsaufträgen aus dem Novomatic-Konzern in ein Abhängigkeitsverhältnis geraten, wodurch deren Objektivität ebenfalls in Zweifel gezogen werden muss.“ Auch ein mitunter als gerichtlich beeideter Sachverständiger tätiger Gutachter ist dabei in die Kritik der Ermittler geraten. „Der Bruder des Genannten hat in England das Unternehmen Global Draw Greyhounds gegründet und ist weiters bei der österreichischen Firma Global Greyhounds Race and Sportsbook GmbH als Gesellschafter eingetragen.“ Das sind just jene Gesellschaften, die das Material für die Hundewetten liefern. Eine objektive Betrachtungsweise müsse „in Anbetracht derartiger Verflechtungen teilweise in Zweifel gezogen werden“.

Darüber hinaus sind beide Unternehmen mit den jeweiligen Lieferanten von Bildern und Quoten gesellschaftsrechtlich verflochten.

Verlockende Gewinnaussichten. Nicht nur die Hunderennen boten für die Ermittler Anlass zu Kritik. Auch bei in den Admiral-Lokalen aufgestellten Videoterminals mit computeranimierten Karten- oder Walzenspielen (früher als einarmige Banditen bezeichnet) sei demnach vieles illegal. Um unter das in Niederösterreich erlaubte „Kleine Glücksspiel“ zu fallen, dürften diese nur Einsätze bis zu 50 Cent und Höchstgewinne von 20 Euro zulassen. Tatsächlich aber sei es bei einigen Spielen möglich, den Einsatz auf zehn Euro und die Gewinne sogar auf bis zu 10.000 Euro zu erhöhen.

Zu ihrer Rechtfertigung geben die Betreiber solcher Etablissements in aller Regel an, dass die Spiele nicht in den Lokalen selbst, sondern auf einem zentralen Rechner irgendwo im fernen Ausland ablaufen. Die österreichische Rechtslage sei dafür also irrelevant. Auch hier sind die Kriminalisten zu einer anderen Ansicht gelangt. In einer Wettpunkt-Filiale in Horn wurden zuletzt zwei Computer beschlagnahmt und zur Untersuchung an das Bundeskriminalamt übermittelt. „Hierbei konnte aufgrund einer sehr hohen Verschlüsselung lediglich festgestellt werden, dass der PC versucht, sich zu einer IP-Adresse einzuwählen.“ Bei deren Ausforschung landeten die Ermittler in Schwechat an der Adresse Hauptplatz 2, dem Firmensitz der F.G.S. Intercorpo Holding.

Von Martin Himmelbauer