Aufdeckungsbeitrag

Menschen des Jahres. Gabriela Moser, oder der Lohn der Lästigkeit

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Seit Tagen war Gabriela Moser zum Rückzug gedrängt worden, weil sie im Korruptionsuntersuchungsausschuss nicht über einen Vierparteienantrag hatte ­abstimmen lassen. Bei der grünen Klubklausur Mitte September in Mauerbach tauchte sie kurz in den Applaus der Parteifreunde ein und wärmte sich an Durchhalteparolen. Danach trat sie zurück.
In Grünen-Kreisen hieß es, Moser opfere sich, um den ­U-Ausschuss zu retten, der unter ihrem resoluten Vorsitz im Oktober 2011 schwungvoll losgelegt hatte. Höchst fragwürdige Geldflüsse rund um Telekom, Buwog, Behördenfunk und Glücksspielgesetz waren ans Licht gekommen – zum Verdruss aller Parteien, mit Ausnahme der Grünen. Als Moser in einem Streit um Akten­lieferungen stur blieb, stürzten sich SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ mit scheinheiligem ­Gebrüll auf ihren angeb­lichen Fehler.
Zumindest Rot und Schwarz hatten nur auf eine Gelegenheit gelauert, den Ausschuss abzudrehen. ­Mosers Fleiß und Hartnäckigkeit wurden über die Partei­grenzen hinweg mit Respekt quittiert. Doch vor allem die Koalitionsparteien hatten bald die Nase voll von Enthüllungen. Dem an sich ruhmvollen Aufarbeitungsprojekt unter Mosers Vorsitz war ein trostloses Ende beschieden, als die Grüne etwas tat, womit niemand gerechnet hatte: Sie entsorgte sich selbst.

In einem an Rücktrittsgeschichten armen Land wie Österreich gewann sie genau dadurch an Statur, dass sie den Weg für weitere Zeugenladungen frei machte. Das trug ihr allgemeinen Beifall ein, ehrlich gemeinten ebenso wie verlogenen. Selbst FPÖ und BZÖ zollten ihr Respekt: Moser habe die Blockade im U-Ausschuss gelöst.
Das Lob konnte nur zynisch gemeint sein. In Wahrheit blieb für ihren Nachfolger, den freiheitlichen Fraktionsführer Walter Rosenkranz, nicht mehr viel zu tun. Am 16. Oktober wurde das leidige Herumstochern im Korruptionssumpf eingestellt. ÖVP und SPÖ hatten Druck auf die anderen Fraktionen ausgeübt: Bundeskanzler Werner Faymann ersparte sich eine Befragung in der Inseraten-Causa, die ÖVP Nachforschungen zu den Ostgeschäften der Telekom.

Und Moser? Die gelernte AHS-Lehrerin arbeitet weiter. Bei den Grünen, die sich als „einzige nicht korrupte Partei des Landes“ für das Wahljahr 2013 aufstellen, gehört sie ­neben dem Kärntner Rolf ­Holub nun zur ersten Auf­deckerriege. Das schlug sich beim Bundeskongress in 94,47 Prozent Zustimmung nieder – mehr, als Eva Gla­wischnig und Vizeklubchef Werner Kogler einfuhren.

Edith   Meinhart

Edith Meinhart

ist seit 1998 in der profil Innenpolitik. Schreibt über soziale Bewegungen, Migration, Bildung, Menschenrechte und sonst auch noch einiges