Die Alpennazi-Saga

Neonazis. Aktivisten einer Neonazi-Homepage dürften mit FPÖ-Mitgliedern in Kontakt stehen

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Nach umfangreicher Recherche hat der grüne Abgeordnete Karl Öllinger die Umtriebe der „Alpen-Donau“-Homepage, des derzeit rührigsten Neonazi-Netzwerks in Österreich, zusammengetragen. Auch aus persönlicher Betroffenheit. Die unter dem Deckmantel der Anonymität und von einem Server in den USA aus agierenden Neonazis haben vor einigen Monaten seine Privatadresse ins Netz gestellt und ihre Sympathisanten aufgefordert, sich bei ihm zu „melden“. Seinen Parteifreund Günther Trübswasser, der im Rollstuhl sitzt, wollten User der „Alpen-Donau“-Homepage mit einer „Giftspritze“ zu Leibe rücken, Homosexuellen-Aktivisten der grünen Partei, „Entartete“, wie das im Nazi-Jargon heißt, sollten erhängt oder zumindest „mit medizinischen Maßnahmen behandelt werden“.

Bedroht und mit Fotos vorgeführt werden auch Politiker anderer Parteien und Journalisten („Untermenschendreck“). Gegen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer („ein hysterisches Weib“, das „eine Tracht Prügel“ verdiene) wird Stimmung gemacht, gegen Bundespräsident Heinz Fischer („jüdisches Gammelfleisch“) gehetzt. Die verbale Gewalt ist auch deshalb so bedrohlich, weil auf „Alpen-Donau“ immer wieder von Wehrsportübungen berichtet wird.

Im jüngsten Verfassungsschutzbericht des Innenministeriums werden die Alpennazis aus unerfindlichen Gründen nicht einmal erwähnt. Doch gibt es Spuren, die bis ins freiheitliche Milieu hineinreichen.

Manche User im Forum, wie ein gewisser „Karl Ashnikow“, geben sich offen als FPÖ-Mitglieder zu erkennen und protzen mit parteiinternem Wissen. Dokumente aus dem FPÖ-Klub landeten im vergangenen Jahr immer wieder auf der Nazi-Homepage, versehen mit dem Hinweis „wurde uns per Netzpost zugespielt“. Auch ein „Verweis“ auf die Homepage der FPÖ findet sich auf „Alpen-Donau“.

Am 25. Mai 2009 wurde auf der Nazi-Homepage ein Brief des FPÖ-Abgeordneten Peter Fichtenbauer veröffentlicht, mit dem dieser in Misskredit gebracht werden sollte. Fichtenbauer hatte zuvor mehrmals gefordert, dass sich die FPÖ von Rechtsradikalen fernhalte.

Faxadresse.
Mithilfe eines Datenforensi-kers gelang Öllinger der Nachweis, dass das eingescannte Fichtenbauer-Dokument, das die Unterschrift „Gudenus“ trug, aus der Wohnung des ehemaligen FPÖ-Politikers John Gudenus im vierten Wiener Gemeindebezirk gefaxt worden war, zu der auch einer seiner Söhne, Markus Gudenus, Parlamentsmitarbeiter von Heinz-Christian Strache, Zugang hatte. Im FPÖ-Parlamentsklub führte das zu einigem Aufruhr. Ob der junge Gudenus den Brief den Neonazis tatsächlich zugespielt habe, könne er nicht sagen, meinte Fichtenbauer. Gudenus junior hatte sich damit gerechtfertigt, dass er von dem Brief nichts wisse. Auch die zugehörige Telefonnummer und Adresse seines Vater kenne er nicht.

Am 28. Mai 2009 fand ein Schreiben des Wiener Landesgerichts an Nationalratspräsidentin Prammer, das zu diesem Zeitpunkt nur dem damaligen Mitarbeiter des Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf, Sebastian Ploner, und dessen Anwalt bekannt war, seinen Weg auf die „Alpen-Donau“-Homepage. Die Aktivitäten von Ploner, der bald danach seinen Posten bei Graf verlor – beide verbindet allerdings noch die Mitgliedschaft in der berüchtigten Burschenschaft „Olympia“ –, werden auf „Alpen-Donau“ nach wie vor beworben.

Am 4. September 2009 kündigten die Neonazis ein Event der FPÖ auf dem Ulrichsberg an. Angeblich seien sie von den Kärntner FPÖ-Funktionären Harald Jannach und Franz Schwager, deren Mobilnummern zwecks Anfragen dazugestellt wurden, darum „gebeten“ worden, hieß es. Die offizielle Ulrichsbergfeier unter Ehrenschutz des Bundesheers war im vergangenen Jahr zwar abgesagt worden, nachdem einer der Organisatoren NS-Devotionalien im Internet angeboten hatte. Eine Kranzniederlegung der FPÖ fand dennoch statt, unter Beteiligung von Jannach und Schwager sowie einschlägig bekannten Szenegrößen wie Gottfried Küssel und Hans-Jörg Schimanek.

Nach Analyse der Einträge auf der „Alpen-Donau“-Homepage, die den Auftritten Küssels jeweils großen Raum geben, vermutet das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW), dass Neonazis um Küssel sowie Aktivisten des inzwischen aufgelösten „Bund Freier Jugend“, die eine Zeit lang in den Reihen der FPÖ-Jugend ihr Unwesen trieben, involviert sein könnten. Küssel selbst hat offenbar auch noch Kontakte in die FPÖ. Bei einer Schlägerei unter Burschenschaftern im Rotlicht-Milieu war Küssel vor wenigen Wochen mit der Chefsekretärin aus dem Strache-Büro gesehen worden.

Der jüngste Fall spielt in der Oststeiermark.
Unbekannte hatten den Feldbacher Bürgermeister Kurt Deutschmann in Flugblättern denunziert und „Judensau“ auf seine Wohnungstür gesprayt. Bei einer Gerichtsverhandlung vor wenigen Tagen konnte die Herkunft der Flugblätter nicht geklärt werden, doch stellte sich heraus, dass ein Schnappschuss von Deutschmann auf der „Alpen-Donau“ veröffentlicht worden war, der von der Kamera des Rechtsradikalen Franz Radl stammt. Vor wenigen Monaten noch war Radl – unangemeldet – auf einer Sitzung der Fürstenfelder FPÖ erschienen, worauf einer der Funktionäre die Konsequenzen zog und aus der FPÖ austrat.

Vergangene Woche brachte die grüne Parlamentsfraktion nun eine parlamentarische Anfrage an Innenministerin Maria Fekter ein. Sie begehrt Auskunft, ob gegen einzelne einschlägig bekannte Neonazis bereits ermittelt und den Spuren in die FPÖ nachgegangen wird.

Christa   Zöchling

Christa Zöchling