Troubleshooter, ­Trouble­maker?

Finanzmangement. Willi Hemetsberger - vom Problemlöser zum Problemfall

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Das Wiener Wertpapierhaus Ithuba (Zulu für „Möglichkeit“) im Schnelldurchlauf via Firmenhomepage. Büros in Wien, München, Düsseldorf. Hauptdienstleistungen: Asset Management, Risk- und Portfolio Advisory, Corporate Finance. Betreutes Kundenvermögen seit 2008: 73 Milliarden Euro. 35 hochqualifizierte Mitarbeiter. Gründer und Mastermind: Willi Hemetsberger, ehemaliger Chef der CA Investmentbank, bis 2008 Mitglied des UniCredit-Group-Executive-Committee, Absolvent der Johns-Hopkins-Universität. Am überschaubaren heimischen Markt der Vermögensverwaltung und -beratung ist Hemetsberger im Vergleich zu seinen öffentlichkeitsscheuen Mitbewerbern ein Dancing Star. Das liegt zum einen am extrovertierten Naturell des erfahrenen Bankers, zum anderen an dessen Kunden. Der aktuell prominenteste Klient ist eigentlich ein Patient: das Land Salzburg.

Nach dem Auffliegen der Finanzaffäre war die Ithuba Capital als Troubleshooter verpflichtet worden. Doch laut einem kürzlich geleakten Rohbericht des Rechnungshofs ist das Wertpapierhaus nicht nur Teil der ­Lösung, sondern auch des Problems. Hat Ithuba Capital mehr Schaden verursacht als verhütet?

„Das Krisenmanagement funktionierte nicht“
In ihrer Beurteilung des neuen Salzburger Finanzlandesrates Georg Maltschnig, SPÖ, und der mit der Ermittlung des Vermögensstatus und dem Abbau des Spekulationsportfolios betrauten Ithuba sind die Rechnungshofprüfer nicht zimperlich: „Das Krisenmanagement des Landes Salzburg nach Bekanntwerden der Vorfälle Ende 2012 funktionierte nicht.“ So wären etwa Schulden zu niedrig ausgewiesen und bei Verkaufserlösen von Derivaten die Anschaffungskosten ignoriert worden. Das als „risikoreich“ und „spekulativ“ eingestufte „Optimierungsportfolio“ sei nahezu unangetastet geblieben, moniert der Rechnungshof. Soll heißen: Salzburg sitzt noch immer auf einem Großteil seiner hochgiftigen Papiere.
Viel mehr als die Auflösung der Swaps der Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) ist Hemetsberger laut Rechnungshof bisher nicht eingefallen. Das Land hatte die Swaps seinerzeit abgeschlossen, um hohe Fixzinsen gegen niedrige variable zu tauschen. Dass diese nun aufgelöst wurden, irritiert die Prüfer nachhaltig. Zwar spielte der Verkauf der ÖBFA-Swaps 174 Millionen Euro ein. Da aber die Absicherung nun wegfällt, muss das Land noch tiefer in die Kasse greifen: „Die künftige jährliche Zinsverpflichtung für das Land Salzburg wird sich dadurch um bis zu rund 35 Millionen erhöhen. Dies bedeutet bei gleichbleibendem Zinsniveau eine um 370 Millionen Euro nominell höhere Zinsbelastung für das Land Salzburg bis zur Fälligkeit aller Darlehen.“

Hemetsberger weist die Kritik gegenüber profil zurück. Mit den Erträgen aus dem Verkauf der Swaps seien Schulden getilgt worden, wodurch auch die zukünftige Zinsbelastung gesenkt werde. In Zusammenhang mit der Reduktion des Optimierungsportfolios sei der Rechnungshof nicht auf dem aktuellen Stand. Hemetsberger: „Der Abbau läuft gut. Wir sind bedacht, möglichst schonend vorzugehen.“

Die Vorgangsweise der Ithuba wird vom Land Salzburg gut honoriert. Neben einem Fixum von zwei Millionen Euro sieht der Vertrag ein erfolgsabhängiges Honorar in Höhe von weiteren fünf Millionen vor. Ein erkleckliches Sümmchen und eine enorme Ertragssteigerung für die Gesellschaft. Besonders wenn man weiß, dass sich das Umsatzvolumen der Ithuba etwa im Jahr 2011 auf gerade einmal 8,6 Millionen Euro belief.
Da wundert es nicht weiter, dass Hemetsberger in seinem Mandat für Salzburg keinen Interessenkonflikt zu erkennen vermag. Dass er seinerzeit als für das Investmentbanking zuständiger Bank-Austria-Vorstand auch die Geschäfte der Bank mit dem Land Salzburg zu verantworten hatte, wurde im Untersuchungsausschuss des Salzburger Landtags zur Finanzaffäre thematisiert.

Öffentlich kritisiert
Welch scharfer Wind seinerzeit in den Hemetsberger unterstehenden Abteilungen der Bank Austria wehte, machen profil vorliegende interne Mails deutlich. Weil im Sommer 2007 die Geschäftsabschlüsse unter Plan blieben, setzte es für die Abteilung Treasury Sales einen schweren Rüffel. Hätte man bisher ein Ergebnis von 5,1 Millionen Euro pro Monat erzielt, seien es derzeit nur 1,4 Millionen, wurde den Mitarbeitern vorgehalten. „Wir dürfen uns einen solchen Einbruch nicht erlauben!“, heißt es in einem E-Mail vom 6. Juli 2007. Die Beteiligten sollten „Maßnahmen definieren, um den „Verkaufsprozess unserer Treasuryprodukte wieder anzukurbeln!“.
Der Appell zeigte Wirkung: Am 24. August konnte der zuständige Bank-Austria-Betreuer drei Abschlüsse mit dem Land Salzburg präsentieren – Zinsswaps mit einem Gesamtnominale von 60 Millionen Euro. Ende September desselben Jahres hatte er einen weiteren Deal mit Salzburg in Höhe von knapp 70 Millionen Euro unter Dach und Fach gebracht. Wie Hemetsberger gegenüber profil angibt, sei er in der Bank Austria für den Eigenhandel zuständig gewesen und „niemals für Geschäfte mit österreichischen Gebietskörperschaften“.

Es ist nicht das erste Mal, dass Hemetsbergers Wirken öffentlich kritisiert wird. Im Jahr 2005 hatten die ÖBB Spekulationsgeschäfte mit der Deutschen Bank abgeschlossen und sich dabei schwer verhoben. Verwaltet wurde das hochtoxische Portfolio damals von der Finanzdienstleistungsgesellschaft Montana. Als die Verluste ausuferten, engagierte man Ithuba. Der Schönheitsfehler: Dabei handelte es sich de facto um das gleiche Unternehmen. Denn Hemetsberger hatte die Montana zwischenzeitlich übernommen und umbenannt. Der Ex-Bank-Austria-Vorstand behauptete, die Verluste für die Bahn halbiert zu haben. Vom ÖBB-Vorstand wurde dies freilich heftig bezweifelt. Hemetsberger gab sich letztlich mit einem Erfolgshonorar von 1,5 Millionen Euro zufrieden, anstelle der von ihm geforderten fünf Millionen.

Auch im Jahr 2009 sorgte die von Hemetsberger übernommene Montana für Aufsehen. Wie profil berichtete, hatte die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) zwischen 2004 und 2008 in Summe 92 Millionen Euro aus Pflichtbeiträgen – entgegen den rechtlichen Bestimmungen – in hochriskanten Wertpapieren veranlagt und dabei Millionenverluste erlitten. In einer Stellungnahme gegenüber dem Gesundheitsministeriums verteidigte das AUVA-Management die riskanten Anlagen mit dem Hinweis, sich mit der Montana Capital „der Beratung und Vermittlung durch einen Finanzdienstleister bedient“ zu haben.

Abgesehen vom öffentlichen Aufsehen steht die Ithuba auch vor internen Umwälzungen. Willi Hemetsberger schied Ende März als Aufsichtsrat aus und wechselte in den Vorstand. Auch die Unternehmensstruktur soll sich ändern. Stand die Ithuba Capital bisher in Besitz der im zypriotischen Limassol ansässigen, Hemetsberger zugerechneten Depetris Investments, soll der Sitz der Eigentümergesellschaft bald nach Wien verlegt werden. Laut Hemetsberger ist dies schon länger geplant. Mit der Zypernkrise habe das „nichts zu tun“.

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.