Harald Dobernig kündigt seinen Rückzug an

Kärnten. Haiders Musterschüler nimmt sein Landtagsmandat wohl nicht an

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Solange Jörg Haider noch lebte, war alles gut. Als blutjunger Mensch war Harald Dobernig in das Gefolge des Kärntner Landeshauptmanns aufgenommen worden. Seine Eltern hatten für ihn angefragt. Ziel war ein sicherer Posten im Landesdienst.

Der 23-Jährige war kein leichtlebiger Wörthersee-Beau, den man in schicken Bars antraf, sondern ein verklemmt wirkender, biederer junger Mann, Absolvent der Betriebswirtschaft an der Universität Klagenfurt, dessen Trainee-Programm bei der Hypo Alpe-Adria eben abgelaufen war, ohne dass er dort besonderen Eindruck hinterlassen hätte. Man erinnert sich nur, seine etwas zu hohe Stimme neigte zum Kippen.

Aufstieg zum Büroleiter
Von 2004 an war Dobernig im Büro Haider für Finanzen, dann auch für Wirtschaft zuständig. Als Haider immer öfter mit seinem damaligen Kabinettschef, der nicht spurte wie erwartet, in Streit geriet, stieg der damals 25-jährige Dobernig zum Büroleiter auf. Das war im November 2005 und eine schwierige Phase. Ein halbes Jahr zuvor hatte sich Haider von der alten FPÖ losgesagt. Das neu gegründete BZÖ hatte sein Hauptquartier im Büro des Landeshauptmanns aufgeschlagen. Die gesamte finanzielle und politische Basis war mehr oder weniger dort angesiedelt.
Dobernig, ein Befehlsempfänger mit großem Verantwortungsbereich, befand sich an einer Schlüsselstelle. Haider schickte seinen Büroleiter als Aufsichtsrat in mehrere Landesgesellschaften und in die Landesholding. Dobernig agierte auf Zuruf, verbrachte Abende und Wochenenden im Büro, hielt den Kontakt zu Hypo-Managern, Hypo-Investoren und Haiders Netzwerk. Er war der fliegende Bote für Haiders Politik von Brot und Spielen. Jeder Akt ging über seinen Schreibtisch, auch alle Detailverhandlungen zum Verkauf der Hypo Alpe-Adria an die Bayerische Landesbank, wie sich ein Beobachter erinnert. „Ich war sein Büroleiter. Wenn Haider sagte, ich soll bei den Vorständen Rücksprache halten, dann habe ich das gemacht. Ich war ein braver Arbeiter“, sagte Dobernig vergangene Woche zu profil.

Nach Haiders Tod im Oktober 2008 wurde Dobernig Landesrat für Finanzen, Wirtschaftsförderung, Landesgesellschaften, Sonderbedarfszuweisungen, Personal und Volkskultur. Er war der Einzige aus der Riege, der sich in der dubiosen Finanzgebarung auskannte.
Nun, selbst ein Politiker geworden, ging Dobernig mit öffentlichem Eigentum und untergebenen Beamten ebenso zynisch um, wie er es bei Haider gelernt hatte. Ohne Ehrfurcht vor Institutionen, ohne Regeln, ohne Stil. Den Kärntner Slowenen sprach er ab, „echte“ Kärntner zu sein, den politischen Gegner quälte er mit bürokratischen Schikanen, im Wahlkampf ließ er sich und seine Leute auf Gratiskonzerten feiern, die aus Steuergeldern bezahlt worden waren. Die Landesenergiegesellschaft Kelag verkaufte er auf eigene Faust, ohne den Landtag zu konsultieren. In Haider-Manier wurden „Teuerungsausgleiche“ bar an die Bedürftigen verteilt, Gutscheine für dies und jenes per Postwurf unters Volk gebracht. Alles auf Pump eines hoch verschuldeten Landes.

Da kämpfte Dobernig schon um das eigene Überleben. Rivalitäten zu den anderen FPK-Politikern waren unübersehbar.

„Sicher nicht am Sessel kleben“
Im Prozess um ein Sechs-Millionen-Euro-Honorar für ein sechsseitiges Scheingutachten beim Verkauf der Hypo Alpe-Adria hatte der Steuerberater Dietrich Birnbacher im vergangenen Sommer ausgepackt: Das Geld hätte zu je einem Drittel zwischen ihm, der ÖVP und den Freiheitlichen aufgeteilt werden sollen. Doch dann war Haider in seinem Phaeton aus der Kurve geflogen, und als dessen Nachfolger an der Parteispitze, Uwe Scheuch und Finanzlandesrat Harald Dobernig, ihn bei einem Mittagessen an den Deal erinnerten, waren sie die Dummen, denn etwas Schriftliches gab es nicht.
So lautet Birnbachers Version. Scheuch und Dobernig sagen, sie hätten nichts von irgendwelchen Vereinbarungen gewusst und nichts gewollt.
Im vergangenen Sommer wurden umfangreiche Akten der Kärntner Landesholding beschlagnahmt. Ein Einspruch dagegen wurde vor Kurzem auf­gehoben. Nun werden sich die ­Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen Dobernig beschleunigen. Eine Anklage wegen „Beitrags zur Untreue“ steht im Raum.

Auch wegen einer Broschüre aus dem Landtagswahlkampf 2009 steht Dobernig – neben anderen FPK- und BZÖ-Politikern – im Visier der Justiz. Landesgesellschaften sollen damals von Dobernig bedrängt worden sein, dieses Werbematerial zu sponsern, so die Aussage eines Zeugen bei der Staatsanwaltschaft.

Er müsse gar „nicht in den Landtag einziehen“. Er werde „sicher nicht am Sessel kleben“, kündigte Dobernig nun am vergangenen Donnerstag gegenüber profil überraschend seinen Rückzug aus der Politik an.
An seiner Stelle wird der FPÖ-Politiker Christian Leyroutz nachrücken, der Dobernig übrigens auch als Anwalt in den Hypo-Vermittlungen zur Seite steht.

Auch sonst hat sich Dobernig für die letzten Reste der freiheitlichen Macht frech in Dienst nehmen lassen. Unbefristete sowie neue Anstellungen und Leiterposten für rund 50 Personen aus dem freiheitlichen Umfeld hat Dobernig noch in letzter Sekunde unterschrieben, woraufhin sogar dem Landesamtsdirektor Dieter Platzer heiß und kalt wurde und er das Personalpaket zurückwies. Das sei eine Weisung, ließ Dobernig wütend ausrichten. Und eine Weisung muss – zumindest vorerst – befolgt werden.

Christa   Zöchling

Christa Zöchling