Immofinanz-Skandal weitet sich aus

Immofinanz-Skandal weitet sich aus: Anleger sollen zur Sanierung beitragen

Anleger sollen zur Sanierung beitragen

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Von Josef Redl

Eines hat Eduard Zehetner mit seinem Vorgänger Karl Petrikovics gemeinsam. Er schickt viel Geld im Kreis. Eduard Zehetner ist Vorstandschef der an der Wiener Börse notierten Immofinanz AG. Die Immobiliengesellschaft, deren Tochtergesellschaft Immoeast ebenfalls an der Wiener Börse notiert, geriet in den vergangenen Monaten in heftige Turbulenzen. Zwischen den beiden Immobiliengesellschaften und der Constantia Privatbank – allen dreien stand Karl Petrikovics vor – war es zu bis heute ungeklärten Geldflüssen gekommen. Petrikovics musste seine Ämter zurücklegen, die Constantia Privatbank von anderen Banken aufgefangen werden. Die Staatsanwaltschaft ­ermittelt. Das zuvor höchst optimistisch ­bewertete Immobilienvermögen der Immofinanz musste im Verlauf der Wirtschaftskrise gleich um mehrere Milliarden Euro wertberichtigt werden. Der Börsenkurs sank unter einen Euro je Aktie.

Um die hoch verschuldete Immofinanz AG zu retten, hat Eduard Zehetner jüngst einige Hebel in Bewegung gesetzt. Über ein konzerninternes Darlehen in der Höhe von rund 1,8 Milliarden Euro war die Immoeast bis vor Kurzem einer der größten Gläubiger der eigenen Muttergesellschaft. Wie gut, dass Zehetner sowohl Vorstand der verschuldeten Mutter Immofinanz als auch der einigermaßen liquiden Tochter Immoeast ist. So konnte er ein Geschäft mit sich selbst abschließen. Auf einen Schlag wurde im Rahmen einer Transaktion nun ein halbes Dutzend Forderungen bereinigt. Konkret hat die Immoeast AG, zu 54,64 Prozent im Eigentum der Immofinanz AG, per Kaufvertrag vom 28. Februar eine weitere Tochtergesellschaft der Immofinanz übernommen. Für rund 1,2 Milliarden Euro gingen die Immoaustria Immobilien Anlagen GmbH und damit alle österreichischen Liegenschaften des Konzerns in das Eigentum der Ostgesellschaft über. Und wieder ein paar Löcher im Sieb gestopft. Eduard Zehetner plant bereits den nächsten Dreh am Rad. Die Immofinanz hat sich durch ihre Tochter zwar von einigen Verbindlichkeiten freikaufen lassen. Die Lage ist aber weiterhin prekär. Den nächsten Schritt zur Sanierung der Immofinanz sollen laut profil vorliegenden Dokumenten nun Anleger mit bis zu einer Milliarde Euro finanzieren.

Die an der Wiener Börse notierte Immofinanz AG muss noch zwei im Jahr 2007 aufgelegte Wandelanleihen in der Höhe von insgesamt 1,5 Milliarden Euro bedienen. Bereits 2014 wird die erste Hälfte der Summe fällig. Und zwar cash. Denn bei einem Wandlungspreis von 14,68 Euro pro Aktie wird kein Anleger sein Investment in Immofinanz-Papiere wandeln wollen. Auch die zweite Wandelschuldverschreibung mit Ablaufdatum 19.11.2017 sieht mit exakt 9,2602 Euro einen mehr als ehrgeizigen Wandlungspreis vor.

Zum Vergleich: Derzeit notieren die Papiere der Immofinanz AG an der Wiener Börse bei 0,96 Euro. Juristische Auseinandersetzungen, fallende Immobilienpreise, der Aktienkurs im Keller – wer soll aber der Immofinanz-Gruppe 1,5 Milliarden Euro leihen, um die Wandelanleihe abzulösen? Geht es nach den Plänen der Immofinanz-Führung, am besten die Anleger selbst. Dies geht jedenfalls aus einem zehn Seiten umfassenden und profil vorliegenden Papier hervor. Das Dossier stammt aus der Wiener Kanzlei bpv Hügel Rechtsanwälte und trägt das Datum vom 16. März 2009. Die auf Kapitalmarktrecht spezialisierte Sozietät soll einen brisanten Sachverhalt prüfen: „IF (Immofinanz, Anm.) beabsichtigt, zugunsten der Inhaber der bestehenden Wandelschuldverschreibungen ein Umtauschangebot zu erstatten. Der Umtausch erfolgt gegen Ausgabe von Aktien (,Lieferaktien‘) sowie von neuen Wandelschuldverschreibungen der IF im Nennbetrag bis ­insgesamt EUR 500 Mio. (,neue Wandelschuldverschreibungen‘)“, heißt es da. In anderen Worten: Die Immofinanz will, dass ihre Anleger für die Auszahlung der Wandelschuldverschreibung statt 1,5 Milliarden Euro nur 500 Millionen Euro bekommen. Ein stiller Ausgleich auf dem Kapitalmarkt. Als kleines Zuckerl für eine verschenkte Milliarde Euro bekommen die Inhaber der neuen Wandelschuldverschreibung ein paar Immofinanz-Aktien dazu. In dem Memorandum heißt es weiter: „Die neuen Wandelschuldverschreibungen werden zum Nennbetrag ausgegeben. Sie sind im Jahr 2011 fällig.“ Die 500 Millionen soll es also zudem nicht sofort, sondern erst im Jahr 2011 geben.

Wenn die Immofinanz-Gruppe tatsächlich kollabieren sollte, dann wohl in den kommenden zwei Jahren. Wer auf zwei Drittel seiner Forderungen verzichtet, kann sich also realistischerweise nicht einmal gegen diesen Ausfall versichern. Es sei denn, es gäbe Sicherheiten. So die Idee der beteiligten Investmentbank Morgan Stanley. „Der Financial Advisor Morgan Stanley schlägt vor, dass Immoeast AG (,IE‘) den Rückzahlungsanspruch sowie den ­Anspruch auf Zinszahlungen der Gläubiger (Inhaber) der neuen Wandelschuldverschreibung garantiert (,Garantie‘). Dadurch soll die Attraktivität des Umtauschangebots gesteigert werden“, so der Vorschlag.

Eine heikle Sache. „Die Stellungnahme ist ausschließlich für die Organe der Immoeast AG und deren Berater bestimmt“, heißt es nämlich bereits in der ersten Zeile der Expertise. Das alte Problem: Mit Eduard Zehetner ist ein und dieselbe Person oberstes Organ von Immoeast und Immofinanz. Für Aktionäre der Immoeast, die ja unabhängig von der Immofinanz AG an der Wiener Börse notiert, ist es vielleicht nicht unbedingt so klar, dass die eine Gesellschaft die Last der Verbindlichkeiten der anderen in vollem Umfang trägt. Denn nicht nur die Garantie für die aushaftenden Wandelschuldverschreibungen soll die vermeintlich gesündere Ostgesellschaft tragen.

Überfordert. Bis vor Kurzem hieß es, aus dem Verkauf der Immoaustria an die Immoeast bliebe nach Abzug aller wechselseitigen Forderungen Verbindlichkeiten der Immoeast gegenüber der Immofinanz in der Höhe von 200 Millionen Euro. Tatsächlich hat die Immofinanz weiterhin hohe Verbindlichkeiten innerhalb der Gruppe – genauer gesagt bei Tochtergesellschaften der Immoaustria. Immer noch sind gegenseitige Forderungen in der Höhe von mehreren hundert Millionen Euro offen. „Immoaustria-Tochtergesellschaften, die nunmehr IE-Tochtergesellschaften sind, stehen insgesamt unbesicherte Forderungen von ca. EUR 400 Mio. gegen IF zu (wohingegen IF Forderungen von nur ca. EUR 100 Mio. gegen Immoaustria-Tochtergesellschaften zustehen). Der Erfolg des Umtauschangebots dient der Absicherung der Einbringlichkeit der Forderungen der Immoaustria gegen IF und folglich dem Erhalt der Beteiligungswerte der Immoaustria-Tochtergesellschaften für IE“, so die Schlussfolgerung. Die Experten raten Immoeast-Chef Zehetner also, Immofinanz-Chef Zehetner eine Garantie über 500 Millionen Euro auszustellen. Eduard Zehetner selbst wollte sich dazu auf Anfrage nicht äußern.

Eines ist allerdings klar: Wird der Vorschlag angenommen, wäre das gesamte Gewicht der Immofinanz-Sanierung endgültig bei den Anlegern angekommen. Bei jenen, die eine Immofinanz-Wandelschuldverschreibung gezeichnet haben, und bei den Immoeast-Aktionären, die das gesamte Risiko für die Umtauschaktion tragen. Im Gegensatz zu den Banken, bei denen der Immofinanz-Konzern weiterhin mit rund sechs Milliarden Euro in der Kreide steht, sind die Anleger deutlich im Nachteil. Die Kreditinstitute haben ihre Forderungen längst per Eintragung ins Grundbuch mit den Immobilien besichert.