Konkurrenzfähig

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1.Also, dass wir das wieder einmal klarstellen: Frauen können trotz Verhütung schwanger werden. Zweitens: Ungewollt Schwangere entschließen sich zu einem Abbruch in der Regel nicht aus Jux, Langeweile und dem Wunsch, zur Abwechslung zum Abtreiben statt ins Fitness-Center zu gehen. Drittens: Es sind die Frauen, die ihr Leben in den Dienst eines künftigen Kindes stellen müssten. Kein noch so säuselnder Verein kommt nachts angeritten und steht ihnen bei, wenn das Kind greint, zahnt oder sich in Fieberkrämpfen windet. Daher wird es, viertens, immer wieder ungewollt Schwangere geben, die zu dem Schluss kommen, dass sie die Verantwortung für ein (weiteres) Kind nicht zu tragen vermögen, und sich zu einem Schwangerschaftsabbruch entschließen – egal, wie schwer ihnen der Staat die Durchführung auch macht. Macht er sie ihnen besonders schwer, ist die Chance halt besonders hoch, dass sie daran sterben oder bleibende gesundheitliche Schäden davontragen. Der Abbruch wird dadurch dennoch nicht verhindert.

Das weiß man, das ist nicht neu, und deshalb gibt es die Fristenlösung, und darum gehört sie umgesetzt. Was sich in Salzburg abspielt, ist heuchlerischer Zynismus vom Gröbsten. Ins gottlose Ostösterreich sollen sie pendeln, die sündigen Schwangeren. Oder, und das ist der Gipfel an Unzumutbarkeit, die ungewollte Leibesfrucht austragen und zur Adoption hergeben. Schließlich sehnen sich ehrbare österreichische Paare vergeblich nach Kindern.

Ja, freilich, schwangere Frauen in den Gebärdienst nehmen für kinderlose Paare, das ist wahres Verantwortungsbewusstsein. Die geboren Habende fragt sich ein Leben lang, wie es dem Kind wohl geht, und das Kind fragt sich ein Leben lang, warum seine leibliche Mutter es nicht behalten wollte, aber sonst sind alle zufrieden, vor allem die frommen Machthaber.

Was würden Sie sagen, wenn Ihre Mutter Sie abgetrieben hätte? Mit Fragen dieser Art soll unsereins oft mundtot gemacht werden. Dabei ist die Antwort ganz einfach. Nichts würde ich sagen. Mich würde es nicht geben, und ich würde es nicht merken. Und im Übrigen hätte sie nicht mich abgetrieben, sondern eine Schwangerschaft abgebrochen, zu deren Fortsetzung sie sich nicht fähig gefühlt hätte. Nicht mich hätte sie abgelehnt, sondern die Fortsetzung ihrer Schwangerschaft, vermutlich mit gutem Grund. Persönlich nehmen würde ich ihre Ablehnung nur als Geborene.

2. Immer wenn Vorschläge zur Lebensverschlechterung für das Gros der arbeitenden Menschen gemacht werden, kommt unweigerlich das Argument: Solches sei notwendig zur Erhaltung unserer wirtschaftlichen Konkurrenzfähigkeit. Schließlich stünde Österreich ja im globalen Wettbewerb.

Ein bestechender Gedanke: Lernen wir von anderen! Was haben sie, das wir nicht haben? Sie haben beispielsweise: Kinderarbeit; keinen bezahlten Krankenstand; Pinkelpausen, die vom Lohn abgezogen werden; Arbeitsplätze, an denen Arbeitende hüfthoch und ohne Schutzkleidung in giftigen Substanzen stehen ...

In manchen Ländern verdienen sich die Armen auch ein Körberlgeld durch den Verkauf ihrer gesunden Organe.

Und bei uns? Bei uns gibt es doch tatsächlich Arbeitslose, die über den Reichtum zweier funktionierender Nieren verfügen, aber trotzdem Sozialhilfe in Anspruch nehmen!

Vielleicht schaut ja so der zeitgemäße Wohlfahrtsstaat aus: Die einen lassen wir Kinder spenden, die anderen Organe.

Nein, ich bin nicht pervers, das, was auf uns zuzukommen droht, ist pervers. Dass die Konkurrenz um den ersten Preis im Sozialdumping ausgerufen wird statt des Vorhabens, die Sozialstandards dort, wo sie im Argen liegen, anzuheben, das ist obszön.

Vor kurzem sah ich Sabine Christiansens Diskussionsrunde in der ARD, es ging um die Höhe von Managergehältern. Eine junge Unternehmerin brachte zur Sprache, dass eine Altenpflegerin mit hundert Jahren Arbeit nicht verdienen könne, was manche Vorstandsvorsitzenden in einem Monat ... Ihr wurde von einem anderen Wirtschaftstreibenden brutal das Wort abgeschnitten: Sie reden von sozialer Gerechtigkeit. Darum geht es nicht.
Ja dann.

3.Wieder einmal hat der Vatikan den Frauen erklärt, was es mit ihnen auf sich hat. Das jüngst publizierte „Schreiben an die Bischöfe der katholischen Kirche über die Zusammenarbeit von Mann und Frau“ zog sehr kontroverse Stellungnahmen nach sich, die VerteidigerInnen wiesen lobend auf eine Passage hin, in der gefordert wird, „dass die Frauen in der Welt der Arbeit und des gesellschaftlichen Lebens gegenwärtig sein und zu verantwortungsvollen Stellen Zugang haben sollen“. Die katholische Publizistin Cristina Odone verstieg sich sogar zu der Behauptung, der Papst sei ein Feminist.

Die Forderung steht allerdings – und das ist der springende Punkt – unter der biologistischen Prämisse, dass an das Geschlecht der Frau gottgewollt andere Verhaltensregeln gebunden seien als an das des Mannes. Der „Genius der Frau“ liege darin, für andere da zu sein.

Deswegen soll die Frau an den verantwortungsvollen Stellen auch bloß „die Politik der Völker inspirieren“ und „neue Lösungen für die wirtschaftlichen und sozialen Probleme anregen“.

Nix Neues also aus Rom, sondern das alte Rollenverständnis, demzufolge den Frauen Selbstlosigkeit und mütterliches Begütigen in die Eierstöcke gelegt wurden.
Wundert nicht wirklich. Solange wir das nicht als Feminismus verstehen sollen.