Trennungsschmerzen

Gerald Matt: Trennungsschmerzen

Kunsthalle Wien. Gerald Matts Demission als Direktor

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„Ich werde am 1. April 2012 meinen Dienst wieder antreten“, erklärte Kunsthallen-Direktor Gerald Matt im Dezember vorigen Jahres selbstbewusst. Kurz zuvor hatte Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) bekannt gegeben, dass man Matt von 1. Jänner bis Ende März freistellen werde – um jene massiven Vorwürfe zu prüfen, mit denen sich der umtriebige Manager seit Frühjahr 2011 konfrontiert sah. Die Stadt Wien, die der Kunsthalle jährlich 4,1 Millionen Euro zukommen ließ – für 2012 wurde das Budget leicht reduziert –, wurde durch Matts allzu freihändigen Umgang mit den hauseigenen Ressourcen zu diesem Schritt förmlich gezwungen. Am Freitag vergangener Woche teilte das Stadtratsbüro schließlich mit, dass Matts Dienstvertrag einvernehmlich aufgelöst werde.

Im April 2011 berichtete profil, dass der seit 1996 amtierende Kunsthallen-Direktor Mitarbeiter des Hauses für Privatprojekte, für die er eigens entlohnt worden war, eingesetzt haben soll – und zwar in deren Arbeitszeit. Auch für Ausstellungen der Institution im Museumsquartier, die in anderen Häusern gezeigt wurden, soll Matt privat Honorare erhalten haben; darüber hinaus wurde ruchbar, dass der Kunsthallen-Verwalter potenziellen Sponsoren die österreichische Nationalität offeriert haben soll. Ehemalige Kunsthallen-Mitarbeiter erklärten unter Eid, dass sie einst für Arbeiten in der Wohnung des Impresarios vom Haus bezahlt worden seien.

Matt selbst zeigte sich von den Vorwürfen stets unbeeindruckt und wurde vom Vorstand des Kunsthallen-Vereins in Schutz genommen. Dieser gab drei Gutachten beim Wirtschaftsprüfungsbüro Hübner & Hübner in Auftrag, die Matt entlasten sollten – was ihnen trotz gegenteiliger Darstellung durch den Vorstand keineswegs überzeugend gelang: So sollte der jüngste Bericht die eidesstattlichen Erklärungen der Ex-Mitarbeiter entkräften – bei näherer Durchsicht zeigte sich allerdings, dass diese offenbar nicht einmal befragt worden waren und sich die Untersuchungen auf einen anderen Zeitraum bezogen.

Seit Anfang 2012 schwammen dem bekennenden Dandy demnach die Felle davon. Spätestens ab diesem Zeitpunkt habe man, dringt es aus den Sitzungen zur derzeit drängendsten Wiener Kultur-Causa nach außen, selbst in der SPÖ Wien erkannt, dass Matt kaum noch tragbar sei. Neben der von Mailath-Pokorny in Auftrag gegebenen Prüfung durch die Kanzlei HLB Intercontrol nahm sich auch das Kontrollamt der Kunsthalle an; zudem ermittelt seit geraumer Zeit die Staatsanwaltschaft, die bislang Dutzende von Kunsthallen-Mitarbeitern vorlud, wobei diese bereitwillig zu Protokoll gaben, wie viel Zeit sie Matts Privatangelegenheiten widmeten. Das Interesse an diesen Aussagen dürfte immens sein: Eine Sekretärin wurde angeblich bereits viermal einvernommen. Es waren mutmaßlich Matts eigene Angestellte, die ihren Ex-Chef ins Aus manövrierten: So sprach sich kürzlich die überwältigende Mehrheit von 88,67 Prozent gegen Matts geplante Rückkehr am 1. April aus. Kein allzu großes Wunder, dass Teile der Belegschaft nun ihre „große Freude“ über Matts Vertragsauflösung unverhohlen kundtut.

Letztere soll allerdings laut Insidern ihren Preis haben. Angeblich erhält der Ex-Direktor weiterhin ein Drittel der Bezüge (kolportiertes Monatsgehalt: 12.000 Euro brutto), und zwar bis zum Ende seiner ursprünglichen Vertragslaufzeit (31.12.2014); sollte Matt im Zuge einer – wann auch immer anberaumten – Gerichtsverhandlung strafrechtlich verurteilt werden, habe er diesen Betrag zurückzuzahlen. Lege die Staatsanwaltschaft dagegen die Anklage zurück, dann bekomme Matt ein weiteres Drittel seiner bisherigen Bezüge, heißt es. Das Büro des Stadtrats war bis Redaktionsschluss nicht erreichbar.

Matt selbst gab in einer Presseaussendung des Kunsthallen-Vereins indes eine merkwürdige Begründung für seinen Rückzug ab. Er könne „der in der neu gegründeten GmbH anvisierten Trennung zwischen kaufmännischer und künstlerischer Leitung und damit einer Einschränkung meiner bisherigen vertraglichen Kompetenz der Gesamtleitung des Hauses auf eine rein künstlerische Verantwortung nicht zustimmen“, ließ Matt verlauten. Hätte es besagte Aufteilung gegeben, hätte sich die Kunsthalle womöglich viel Geld erspart. Und Matt wäre wohl 2014 als jener Haudegen ausgeschieden, als der er sich selbst so gern sieht: als kosmopolitischer Kunstvermittler.

Nina   Schedlmayer

Nina Schedlmayer