Shutdown aufgehoben

Shutdown: US-Budgetkrise und Verwaltungsstillstand offiziell beendet

USA. Budgetkrise und Verwaltungsstillstand offiziell beendet

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Nach wochenlanger Haushaltsblockade stimmten beide Kammern am Mittwochabend (Ortszeit) für ein Gesetz, das ein Übergangsbudget bis zum 15. Jänner und ein höheres Schuldenlimit bis zum 7. Februar vorsieht.

Damit wurde ein bisher nie da gewesenes Kräftemessen zwischen Demokraten und Republikanern in der Finanzpolitik vorläufig beendet. Der Staat kann wieder seine Rechnungen begleichen. Hunderttausende Staatsbedienstete kehren nach 16 Tagen aus einem Zwangsurlaub an ihre Arbeitsplätze zurück. Sie erhalten rückwirkend ihren Lohnausfall erstattet. Die Einigung kam nur wenige Stunden vor Ablauf der wichtigen Frist zur Anhebung des Schuldenlimits von derzeit 16,7 Billionen Dollar (12,3 Billionen Euro).

Die vorläufige Beilegung des Budgetstreits ließ die Börsen weltweit aufatmen, auch wenn Experten diese Entwicklung erwartet hatten. Der deutsche Leitindex Dax startete mit einem Minus. An den Börsen in Asien gingen die Kurse nach oben. Dennoch senkte die chinesische Ratingagentur Dagong die Kreditwürdigkeit der weltgrößten Volkswirtschaft von der dritthöchsten Bewertung "A" auf "A-". Als größter ausländischer Gläubiger ist China besorgt, dass die politischen Dauerquerelen in den USA eigene Forderungen bedrohen könnten.

Lösung vertagt
Der Kompromiss ändert nichts daran, dass der US-Kongress die Lösung der Grundprobleme wieder nur vertagte. Demokraten und Republikaner streiten seit Jahren erbittert, wie sie das Haushaltsdefizit in den Griff bekommen. Bei Themen wie Steuerreform, Haushaltskürzungen sowie Einsparungen in den Sozialsystemen trennen sie tiefe ideologische Gräben.

Da im November 2014 Kongresswahlen stattfinden und Abgeordnete wie Senatoren um ihre Wiederwahl fürchten müssen, steht bei den Haushaltsberatungen in den kommenden Wochen ein neuer Showdown bevor. Der demokratische Senats-Fraktionschef Harry Reid warnte bereits: "Wir dürfen denselben Fehler nicht noch einmal machen". Reid hatte gemeinsam mit seinem republikanischen Amtskollegen Mitch McConnell den Kompromiss ausgehandelt.

US-Präsident Barack Obama setzte mit seiner Unterschrift das Gesetz in der Nacht zum Donnerstag in Kraft. Die entscheidende Hürde nahm das Kompromisspapier im Abgeordnetenhaus, wo der rechte Flügel der Republikaner tragfähige Kompromisse wochenlang verhindert hatte. Die Republikaner legten für mehr als zwei Wochen die öffentliche Verwaltung weitgehend lahm und brachten die USA an den Rand der Zahlungsunfähigkeit. Dennoch scheiterte ihr Versuch, über die Finanzverhandlungen die Gesundheitsreform von Obama zu kippen oder die Einführung einer gesetzlichen Krankenversicherung um ein Jahr zu verschieben.

Anders als im Senat haben die Republikaner im Abgeordnetenhaus eine Mehrheit. 87 republikanische Abgeordnete verweigerten den Totalblockierern in ihrer Partei die Gefolgschaft und stimmten gemeinsam mit 198 Demokraten für den Kompromissvorschlag. Insgesamt waren 216 Ja-Stimmen notwendig. Wenige Stunden zuvor hatte der Senat den Entwurf mit klarer Mehrheit gebilligt.

Shutdown kostete 24 Milliarden Dollar
Für den eskalierten Finanzstreit haben die USA schon jetzt einen hohen Preis bezahlt. Der sogenannte "Shutdown" habe die Wirtschaft bereits 24 Milliarden Dollar (17,7 Milliarden Euro) gekostet, bilanzierte die Ratingagentur Standard & Poor's. Die Unsicherheit über die Finanzpolitik der USA müsse nun unbedingt verringert werden, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde laut einer Mitteilung. Der Kongress habe einen "wichtigen und notwendigen Schritt" unternommen.

Finanzminister Jacob Lew sagte, das Vertrauen in die USA bleibe durch den überparteilichen Vorstoß erhalten. "Dank der heutigen Bemühungen werden wir weiterhin all unsere Verpflichtungen erfüllen", teilte Lew nach der Abstimmung im Senat mit. "Über 224 Jahre haben wir die Kreditwürdigkeit der USA als stärkste in der Welt etabliert."

Auch nach dem Kompromiss präsentierten sich die Republikaner als tief zerstrittene Partei. "Wir hätten es viel, viel besser machen können", schrieb der republikanische Senator Lindsey Graham auf Twitter. Letztlich hätten die Republikaner zu hoch gepokert.

Der Mehrheitsführer seiner Partei im Abgeordnetenhaus, John Boehner, gab sich nach wochenlangem Tauziehen geschlagen: Wir haben einen guten Kampf geliefert, wir haben einfach nicht gewonnen", sagte Boehner in einem Radio-Interview. Einige Republikaner hielten auch im Nachhinein an der umstrittenen Blockadestrategie fest: "Es geht nicht immer darum zu gewinnen", sagte etwa der republikanische Abgeordnete Matt Salmon. "Manchmal geht es darum, es zu versuchen."

Besonders die konservative Tea-Party-Bewegung hat Umfragen zufolge in der US-Bevölkerung deutlich an Ansehen verloren. Lange hatte sie mögliche Kompromisse in dem Streit blockiert. Knapp die Hälfte aller Amerikaner hätten mittlerweile ein schlechtes Bild von der Tea Party, fand das Pew-Institut in seiner jüngsten Umfrage heraus. Das sind doppelt so viele wie im Februar 2010. Doch auch die Politiker beider Parteien haben Umfragen zufolge an Ansehen verloren.

(APA/Red.)