Rechts-Abweichler

FPÖ. Neben Uwe Scheuch beschäftigen weitere blaue Politiker die Justiz. Ein Überblick

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Gerhard Dörfler
Lachend hatte der heutige Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler 2006 als Verkehrsreferent gemeinsam mit Jörg Haider Ortstafeln in Bleiburg und Ebersdorf verrückt, anstatt zweisprachige Schilder aufzustellen. Damit wollten die beiden ­Politiker Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs umgehen. Die folgenden Vorerhebungen wegen Amtsmissbrauchs gegen Dörfler wurden 2009 mit einer seltsamen Begründung eingestellt. Dörfler verfüge über keine juristische Ausbildung und habe daher die Tragweite seiner Handlungen nicht richtig einzuschätzen gewusst. Derzeit droht ihm ein anderes Verfahren: Es geht um den Vorwurf der Parteienfinanzierung über die frühere BZÖ-Werbeagentur Connect (siehe Stromberger).
Status: Vorerhebungen eingestellt, andere könnten folgen

Reinhart Gaugg

Gleich zweimal wurde der Kärntner FPÖ-Abgeordnete alkoholisiert am Steuer seines Pkw angetroffen. Beim ersten Mal, 2002, kostete ihn das sein Nationalratsmandat und den angestrebten Job als Vizechef der Pensionsversicherung. Gaugg, der Haider 1986 nach dessen Kür zum Parteivorsitzenden in Innsbruck auf den Schultern getragen hatte, klagte später von der FPÖ eine üppige Unterhaltsvereinbarung ein. Zunächst erfolgreich, 2007 gab das Oberlandesgericht Wien der Berufung der FPÖ Recht.
Status:
Als Alko-Lenker bestraft

Karl-Heinz Grasser

Es begann mit der undurchsichtigen Finanzierung der Homepage des FPÖ-Finanzministers durch die Industriellenvereinigung und nicht versteuerten Vortragshonoraren, später kamen ebenfalls unversteuerte Aktiengewinne und Gagen aus seiner Tätigkeit in der Meinl-Gruppe hinzu. Beim Verkauf der bundeseigenen Bundeswohngesellschaften (Buwog) bezahlte der siegreiche Bieter Immofinanz eine Provision von 9,6 Millionen Euro an die Grasser-Spezis Peter Hochegger und Walter Meischberger. Grasser beharrt: Die Privatisierung sei korrekt abgelaufen, sein Gewissen bleibe „supersauber“. Im Jahr 2010 fanden im Zusammenhang mit der Buwog-Affäre 15 Hausdurchsuchungen statt, erst heuer im Frühjahr erstmals wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung auch bei Grasser. Der Kauf der Eurofighter um fast zwei Milliarden Euro wird von der Justiz weiterhin geprüft. Das Flugzeugunternehmen EADS hat eine Reihe von FPÖ-nahen Konsulenten mit hohen Honoraren bedacht.
Status: Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs und Steuerhinterziehung laufen

John Gudenus

Der frühere FPÖ-Nationalratsabgeordnete wurde 1996 wegen NS-Wiederbetätigung zu einem Jahr bedingter Freiheitsstrafe verurteilt. In einem ORF-Interview hatte er die Existenz von Gaskammern im Dritten Reich angezweifelt. Kurz darauf legte der pensionierte Offizier im „Standard“ nach: „Es gab Gaskammern, aber nicht im Dritten Reich, sondern in Polen.“ Dies wurde vom Gericht als „Leugnung“ beziehungsweise „grobe Verharmlosung“ des Holocaust bewertet.
Status: Rechtskräftig verurteilt

Jörg Haider
Zwei russische Investoren waren auf Drängen Haiders von der schwarz-orangen ­Regierung im Februar 2007 eingebürgert worden – gegen Bezahlung von zwei Millionen Dollar und 900.000 Euro. Der größte Teil des Gelds wurde als Kredit für den Kärntner Formel-1-Rennfahrer Patrick Friesacher verwendet. Über die 900.000 Euro soll Haider direkt verfügt haben (siehe Koloini). Der langjährige FPÖ-Chef spielte in mehreren Affären eine Rolle. In Meischbergers beschlagnahmtem Tagebuch wird Haider wegen dubioser Geldflüsse aus dem Nahen Osten, vor allem aus dem Irak und Libyen, belastet. Haider soll nach Besuchen beim früheren irakischen Diktator Saddam Hussein mehrere Millionen Euro kassiert und nach Liechtenstein transferiert haben. Die Suche nach Konten im Fürstentum verlief aber bisher ohne Ergebnis. Die Münchner Staatsanwaltschaft prüft noch immer die Begleitumstände des Verkaufs der maroden Kärntner Hypo Alpe-Adria. An Sponsoring für ein Kärntner Fußballteam sollen zwei Millionen Euro aus Bayern nach Kärnten geflossen sein, als Gegenleistung für Haiders Zustimmung zum Verkauf der Bank.
Status: Ermittlungen wegen Todes eingestellt

Gerald Hauser
Ein ehemaliges Parteimitglied zeigte den Tiroler FPÖ-Obmann heuer wegen Verleumdung an. Hauser soll während einer Sitzung des Parteivorstands behauptet haben, es gebe gegen den Parteikollegen Vorwürfe wegen Vergewaltigung. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck beantragte die Aufhebung von Hausers Immunität.
Status: Ermittlungen laufen

Franz Koloini

Gegen den ehemaligen Protokollchef des verstorbenen Landeshauptmanns Jörg Haider läuft ein Verfahren wegen Geldwäsche und Korruption. Der Prozess soll im Herbst stattfinden. Koloini hatte nach dem Ende von Friesachers Karriere die nicht aufgebrauchte Sponsorensumme von 150.000 Euro zunächst auf sein privates Konto überwiesen und danach Haider übergeben. Laut Staatsanwaltschaft soll Koloini überschüssige Beträge aus dem Deal auf mehrere Sparbücher verteilt haben.
Status: Verfahren läuft

Werner Königshofer

Am Ende wurde es sogar FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zu viel: Der FPÖ-Abgeordnete Werner Königshofer wurde kürzlich wegen unsäglicher Bemerkungen rund um die Terroranschläge in Oslo aus der Partei ausgeschlossen. Schon zuvor geriet er ­wegen Verbindungen zur rechtsradikalen Homepage „alpen-donau.info“ in Schwierigkeiten. Im vergangenen Juni hatte das Wiener Handelsgericht festgestellt, dass er ein Schreiben an die rechtsextremistische Website weitergeleitet hatte und nicht – wie Königshofer behauptete – der Datenforensiker Uwe Sailer. Am Innsbrucker Landesgericht ist eine Klage Sailers gegen Königshofer wegen übler Nachrede anhängig.
Status: Verfahren läuft

Gerhard Kurzmann
Gegen den steirischen FPÖ-Obmann und Landesrat läuft ein Verfahren wegen Verhetzung. Grund: Im Landtagswahlkampf 2010 hatte dieser das Online-Spiel „Moschee baba“ auf die Partei-Homepage gestellt, bei dem Jagd auf Minarette und Muezzins gemacht wird. Die Staatsanwaltschaft Graz erhob im vergangenen Mai Anklage gegen Kurzmann und den Spiele-Gestalter, einen Schweizer Werbefachmann.
Status: Verfahren läuft

Walter Meischberger

Der gelernte Heizungstechniker machte als Mitglied von Jörg Haiders „Buberlpartie“ eine steile Parteikarriere. Von 1990 bis 1999 saß der Tiroler im Nationalrat und war Generalsekretär der Bundes-FPÖ. Nach einer Verurteilung wegen Anstiftung zur Steuerhinterziehung als Berater des FC Tirol (500.000 Schilling Geldstrafe) musste Meischberger 1999 als Abgeordneter zurücktreten. Die Partei hat seinen Verzicht auf eine Politikerpension mit 2,5 Millionen Schilling belohnt, die Meischberger nicht versteuerte. Der Kommunikations- und Medienberater hatte 2004 beim ­Verkauf der staatlichen Buwog an die ­Immofinanz eine Provision in Höhe von 7,7 Millionen Euro kassiert und dafür keinerlei Steuern bezahlt, was er 2009 in Form einer Selbstanzeige zugab (siehe Grasser). Gegen Meischberger, Grasser und den Immobilienmakler Ernst Karl Plech laufen Ermittlungen im Zusammenhang mit ungeklärten Geldflüssen beim Verkauf der Buwog.
Status:
Verurteilt, neue Ermittlungen laufen

Peter Rosenstingl

Der frühere niederösterreichische FPÖ-Politiker wurde im Mai 2011 vom Wiener Landesgericht wegen Abgabenhinterziehung in Höhe von 700.000 Euro zu einer Geldstrafe von 400.0000 Euro bzw. acht Monaten Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt, allerdings nicht rechtskräftig. Das Verfahren steht in Zusammenhang mit seiner 2001 erfolgten Verurteilung wegen gewerbsmäßigen schweren Betrugs und Untreue. Rosenstingl hatte Parteigelder veruntreut, um seinen Bruder vor der Pleite zu retten, und war 1998 bis nach Brasilien geflüchtet. Nach seiner Auslieferung wurde er zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, von denen er zwei Drittel absaß.
Status: Rechtskräftig verurteilt, ein neues Urteil noch nicht rechtskräftig

Gernot Rumpold
Der ehemalige FPÖ-Bundesgeschäftsführer und Wahlkampfleiter war lange „Haiders Mann fürs Grobe“ und lieferte sich mit politischen und privaten Gegnern zahlreiche juridische Scharmützel, mitunter auch handgreifliche. Belohnt wurde er durch die Übernahme der Parteiagentur und mit üppigen Aufträgen vom Eurofighter-Konzern EADS. 6,6 Millionen Euro flossen von EADS an die Agentur Rumpolds, „100% Communications“, die für die Organisation einer einzigen Pressekonferenz 96.000 Euro in Rechnung stellte. Ein Verfahren gegen Rumpold und seine Ehefrau stellte die Staatsanwaltschaft Wien im März ein. Es habe sich kein „schuldhaftes und rechtswidriges Verhalten“ ergeben.
Status: Verfahren eingestellt

Uwe Scheuch

Der FPK-Obmann und stellvertretende Landeshauptmann Kärntens wurde vergangene Woche zu 18 Monaten Haft verurteilt, davon sechs Monate unbedingt. Der Richter warf ihm Geschenkannahme durch Amtsträger vor, ein Verbrechen, bei dem schon der Versuch als strafbar bewertet wird. Scheuch hatte 2009 in einem Telefonat erklärt, dass die Verleihung der Staatsbürgerschaft an einen Russen als Gegenleistung für ein Investment „Part of the game“ sei. Auch die Partei sollte „in Form einer Spende“ profitieren. Das Urteil fiel laut Richter so hart aus, weil durch Generalprävention „andere von solchen Taten abgehalten“ werden sollen. Scheuch will bis zur Entscheidung im Berufungsverfahren im Amt bleiben. Die FPÖ spricht von „Politjustiz“. Scheuch war bereits 2000 nur knapp einer Verhaftung wegen angeblichen Versicherungsbetrugs in Ungarn entgangen, wo er damals ein Agrarunternehmen leitete. Scheuchs Leasing-BMW wurde laut Aussagen seines inzwischen verurteilten ungarischen Mitarbeiters von diesem auf Anordnung Scheuchs nach Serbien gebracht, dort verkauft und später in Ungarn als gestohlen gemeldet. Scheuch bestritt jede Involvierung. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien wegen Betrugs wurden 2007 eingestellt. Mit der Versicherung hatte er sich zuvor außergerichtlich geeinigt.
Status:
Nicht rechtskräftig verurteilt

Heinz-Christian Strache

Der FPÖ-Chef hatte in der „Skinhead-Affäre“ dem ORF-Journalisten Ed Moschitz Anstiftung zur NS-Wiederbetätigung vorgeworfen. Seit die Staatsanwaltschaft Wien vor Kurzem dieses Verfahren einstellte, ermittelt sie nun gegen Strache wegen des Verdachts der falschen Zeugenaussage und Verleumdung.
Status: Ermittlungen laufen

Manfred Stromberger

Der Kärntner FP-Mandatar und Landesparteigeschäftsführer trat im vergangenen März zurück. Grund: Über die parteieigene Werbeagentur „Connect“ waren dubiose Geschäfte gelaufen, die ein ausgeklügeltes System illegaler Parteienfinanzierung darstellten. Die inzwischen stillgelegte Agentur versprach Firmen gegen fette Provisionen öffentliche Aufträge in Kärnten. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt. Als Zeugen oder gar Beschuldigte könnten bald auch Uwe Scheuch und der damalige Finanzreferent Gerhard Dörfler, heute Landeshauptmann, auftreten.
Status: Ermittlungen laufen

Peter Westenthaler

Die feuchtfröhliche Wahlparty in einem Wiener Lokal endete für ihn folgenschwer. Der einstige FPÖ-Generalsekretär und nachmalige BZÖ-Politiker Peter Westen­thaler wurde 2008 wegen falscher Zeugenaussage zu einer bedingten Haftstrafe von neun Monaten verurteilt. Das Berufungsverfahren bestätigte den Schuldspruch, reduzierte aber die Strafe auf sechs Monate. Bei einer Wahlfeier hatte Westenthalers Leibwächter den Sprecher der damaligen Justizministerin Karin Gastinger verprügelt. Ein Prozess wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt blieb Westenthaler erspart. Er hatte 2008 nach einem Match bei der Fußball-EM in Wien die Anordnung eines Verkehrspolizisten missachtet und mit seinem Fahrzeug dessen Knie touchiert. Im Juni 2010 wurde dieses Verfahren eingestellt.
Status: Rechtskräftig verurteilt

Susanne Winter

Die Grazer FPÖ-Politikerin musste sich wegen „Herabwürdigung religiöser Lehren“ und „Verhetzung“ verantworten, da sie im Grazer Gemeinderatswahlkampf 2008 gegen muslimische Einwanderer gewettert und unter anderem den Propheten Mohammed als „Kinderschänder im heutigen Rechtsverständnis“ bezeichnet hatte. Die Strafe – drei Monate bedingt und 24.000 Euro Geldstrafe – wurde in zweiter Instanz bestätigt. Winter, die eine Klage gegen das Urteil beim Europäischen Gerichtshof ankündigte, sitzt inzwischen als FPÖ-Abgeordnete im Nationalrat.
Status: Rechtskräftig verurteilt