Sex und Macht: Berührungshengste
Gabriele Heinisch-Hosek ist verwirrt, was im Zuge der Brüderle-Affäre, ein Politiker der FDP, der eine Journalistin sexistisch angemacht hatte auch in der persönlichen Erinnerung so alles hochkommt: Dinge, die längst verschüttet waren, die man nie erzählt hat, wo man verdrängt hat, wer es war und wo es war. Nur das unangenehme Gefühl ist gegenwärtig.
Die Frauenministerin ist neuerdings oft auf Twitter, verfolgt den Hashtag mit dem Titel Aufschrei, den zwei junge Bloggerinnen aus Deutschland eingerichtet haben. Rund 80.000 mal wurde mittlerweile getweetet, tausende Frauen, auch aus Österreich, haben sich hier anonym oder namentlich ihren Zorn von der Seele geschrieben. Es gibt Berichte von gewalttätigen sexuellen Übergriffen. Die meisten aber erzählen von verschwitzten Anspielungen am Arbeitsplatz, von taxierenden Blicken, Kommentaren über Busen und Beine, unerwünschten Berührungen, lästigen Einladungen, frechen Kunden, der wachsenden Unsicherheit über das eigene Aussehen, was man anziehen soll, wie man sich abends fühlt, wenn man sich demütigende Bemerkungen hat gefallen lassen, weil es sich um den Arbeitskollegen, den Chef, den Filialleiter oder einen wichtigen Geschäftspartner gehandelt hat.
Der Sturm überrascht. Man weiß doch, dass es Alltagssexismus gibt. Im Privaten weicht man diesen Milieus aus, im Beruflichen beißt man die Zähne zusammen. Frauen haben sich damit arrangiert, und für gravierende Fälle gibt es ohnehin das Arbeitsrecht und die Gleichbehandlungskommission. So dachte man.
Das war ein Irrtum.
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