Der Machthaberer

So lange wie Michael Häupl hielt sich noch niemand auf dem Bürgermeistersessel

SPÖ. So lange wie Michael Häupl hielt sich noch niemand auf dem Bürgermeistersessel

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Die Spätsommersonne scheint auf die Kaiserwiese beim Wiener Wurstelprater, auf den Holztischen stehen die ersten Bierdosen, Kinder holen sich SPÖ-Luftballons, von der Bühne dröhnt die „Wiener Linien Blues Band“. „Soll ma noch eines spielen, Michl“, plärrt der Gitarrist ins Mikrofon. Bürgermeister Michael Häupl hält aus 50 Meter Entfernung den Daumen hoch und schmunzelt: „Da sag noch einer, dass Wahlkampf anstrengend ist.“

Er hat, wie immer, die Hände in den Hosentaschen und ein schiefes Grinsen im Gesicht und stiefelt über den Rasen. Die erdige Stimmung passt eigentlich nicht zum Thema der Veranstaltung, dem Fest der Forschung. Der Bürgermeister lässt sich geduldig von Passanten fotografieren („Heast, so nahe habe ich den noch nie gesehen“), staunt im Forschungszelt über Roboter und fachsimpelt mit Wissenschaftern über die Veränderung des Biotops Donau-au. Den Menschen an den Biertischen winkt Häupl nur kurz aus der Ferne – und geht ab.

Im Forschungszelt ist eine 16-seitige Forschungsfest-Sonderausgabe aufgelegt, gestaltet von der „Kronen Zeitung“, versteht sich. Die Grenzen zwischen Volks- und Forschungsfest verschwimmen genauso wie die zwischen SPÖ und Stadt.

Der Bürgermeister rackert sich durch Forschungs- und Kürbisfeste, besucht Partei- und Kirtage – und scheint im Wahlkampf dennoch nicht so richtig in Schwung zu kommen. Das Feindbild schwarz-blaue Regierung, der Wahlkampfschlager Häupls in den Wahlkämpfen 2001 und 2005, fällt diesmal aus. Das rote Wien als Kontrapunkt gegen die Bundeskoalition zu positionieren, Politik zu machen, die liberaler, weltoffener, sozialer und moderner war als jene der schwarz-blauen Regierung – das waren Häupls Assets. Zweimal schaffte er so die absolute Mehrheit.

Diesmal hat es Häupl schwerer.
In der Bundesregierung sitzen Genossen. Ganz neue Ziele für Wien anzustreben wäre auch Kritik an der eigenen Arbeit. So führt Häupl einen Wohlfühlwahlkampf, wirbt mit sich und „der lebenswertesten Stadt der Welt“. Selbst ein begnadeter Polterer wie er kann schwer Spannung erzeugen, wenn schon feststeht, dass er Bürgermeister bleibt. So müht sich Michael Häupl zwar redlich, gegen Heinz-Christian Strache und dessen Verhetzung anzuwettern – sein wirklicher Gegner ist aber unsichtbar: eine niedrige Wahlbeteiligung. „Wer nicht wählt, wählt Strache“, appelliert Häupl deshalb bei jeder Gelegenheit.

Seit fast 16 Jahren ist der 61-jährige Niederösterreicher Bürgermeister, zwei Jahre länger als der bisherige Rekordhalter, der populäre Nachkriegsbürgermeister und spätere Bundespräsident Franz Jonas, drei Jahre länger als der berüchtigte Antisemit Karl Lueger. In den Hauptstädten aller EU-Mitgliedsstaaten ist nur Budapests Bürgermeister Gábor Demszky (siehe Interview Seite 90) länger im Amt. Er verabschiedet sich nun – während Häupl kurz vor der Vertragsverlängerung steht.

Abgestimmt wird am kommenden Sonntag aber auch über das System Häupl, das sich von jenem Helmut Zilks unterscheidet: Luftikus Zilk wirbelte zehn Jahre als Bürgermeister durch Wien, gnadenlos populistisch, der Fernsehapparat war ihm immer wichtiger als der Parteiapparat. Eine ideologische Linie war nie erkennbar, dafür viel Risikobereitschaft: Er ließ Drogenberatungsstellen und das Hrdlicka-Denkmal bauen und das Volk 1991 über die Weltausstellung abstimmen (und verlor). Zilk regierte wie ein Zirkusdirektor: Unberechenbar in seinen Meinungen, schillernd im Auftreten und umgeben von Querköpfen wie den Stadträten Hannes Swoboda und Ursula Pasterk. Seinen wenig angepassten Sekretär Kurt Scholz machte er zum Stadtschulratspräsidenten.

Enger Kreis.
Diese bunten Vögel hat Häupl sukzessive entfernt. Er umgibt sich mit einem engen Kreis loyaler Vertrauter, von denen manche miteinander liiert sind oder waren. Man bleibt unter sich: Bei seinem Geburtstagsfest im Schlachthof St. Marx Mitte September waren Künstler oder Politiker anderer Couleur kaum anzutreffen. „Die heutige SPÖ erscheint mir bieder. Wobei bieder der charmanteste Ausdruck ist, den ich verwenden kann“, urteilt Kurt Scholz, den Häupl nach dem Wahlsieg 2001 entsorgt hatte.

Kaum ein Politiker beherrscht das Handwerk der Macht so perfekt wie Häupl. Er lenkt die Stadt mit der Raffinesse eines Renaissancefürsten nach dem Prinzip „Teile und herrsche“: Kontra­redner sind nicht gefragt, Kritik stößt meist auf Unverständnis. Das Selbstlob kostet die Stadt pro Jahr 15 Millionen Euro an Inseraten in Boulevardmedien. Das Kritikmonopol hat Häupl und übt es am jeweiligen Bundes-SPÖ-Chef aus. Alfred Gusenbauer kann ein Lied davon singen.

Dem Volk wird einiges geboten:
eine gut verwaltete Stadt und ganzjährig Amüsement am Rathausplatz, vom Eislaufplatz bis zum Opernfestival, die nächsten paar Kilometer U-Bahn sind zufällig eine Woche vor der Wahl fertig geworden. Mitreden darf das Volk aber nicht: In einer Volksbefragung werden nur No-na-Themen wie der Hundeführschein entschieden. Mit der Opposition geht Häupl ähnlich gnadenvoll um. Einmal im Jahr macht er ein Geschenk und informiert frühzeitig über seine Entscheidungen. „Mit der Illusion, einge­bunden zu sein, hält er seine Untertanen bei der Stange“, beschreibt Wiens Grünen-Chefin Maria Vassilakou Häupls Führungsstil.

Bei anderen Politikern dieses Stils, wie etwa Erwin Pröll, wirkt jene Art der Machtausübung brutal. Häupl gibt sich eher als jovialer Macht-Haberer denn als strenger Machthaber. Als Machiavelli im Ruderleiberl kultiviert er sein Fiakerimage, das eine Karikatur in der „Kronen Zeitung“ 1995 von ihm prägte, grantelt lustvoll und ist gleichzeitig ein Schmähführer, der gern und laut auch über sich selbst lacht. Er hat kein Problem, bei Presseevents wie der Gleichenfeier im Westbahnhof den Kellner zu geben und Fotografen ein Glas Wein zu servieren. Je pompöser der Anlass, desto unprätentiöser Häupl: Beim Abendempfang zu seinen Ehren im Schickimicki-Lokal „Motto“ verzichtet er locker auf das bei Spitzenpolitikern übliche Insigne der Macht, die Entourage, und plaudert sich allein durch die Menge.

Dabei hilft, dass er aus dem Stand zum anspruchsvollen Diskurs über Themen aller Art imstande ist. „Ohne einen bestimmten intellektuellen Tiefgang kann man einen Job in der Spitzen­politik nicht lange ausüben“, konstatiert er. Seine Umgebung überfordert Häupls Bildungshunger ab und zu: „Manchmal macht mich der Michl fertig. Wenn ich ihm ein tolles Buch bringe oder einen interessanten Artikel aus der „Zeit“, hat er es sicher schon gelesen“, seufzt Vizebürgermeisterin Renate Brauner. Selbst politische Gegner wie Mathias Tschirf, ÖVP-Klubchef im Rathaus, attestieren dem Bürgermeister „hohe Intelligenz“, sagen aber: „Er neigt dazu, die Fiakerrolle zu verinnerlichen.“

Das natürliche Showtalent eines Zilk besitzt Häupl nicht. Er musste immer schon rackern. Häupl kommt aus einer konservativen Lehrerfamilie in St. Christophen im Wienerwald, lernt mit den tiefschwarzen Zeitungen „Volksblatt“ und „Bauernbündler“ lesen, fliegt vom katholischen Internat und ficht aus „Abenteuerlust“, wie er sagt, bei der schlagenden Verbindung Rugia. Als er alt genug für den Schmiss gewesen wäre, war er schon geflüchtet.

Häupls politisches Erweckungserlebnis soll sich in der Mensa der Uni Wien begeben haben, als ein charismatischer Hitzkopf so lange auf ihn einredet, bis er den ruhigen Älteren für den Verband Sozialistischer Studenten (VSStÖ) gewonnen hat. „Meine beste Anwerbung“, resümiert Josef Cap regelmäßig diese Episode. Biologiestudent Häupl stößt zur Gruppe um Cap, den späteren Grün-Politiker Peter Pilz, die heutigen Journalisten Peter Pelinka und Robert Wiesner und Manfred Matzka, Präsidialchef im Kanzleramt.

Oberschichtschnösel.
Häupl ist älter als die anderen, der einzige Ehemann mit Kind und auch sonst in der Außenseiterrolle. „Stadtkinder sprechen eine andere Sprache, das war zunächst nicht so leicht“, erinnert er sich. Manfred Matzka, wie Häupl ein Landkind, kann die Unterlegenheit auf allen Ebenen nachvollziehen: „Die Oberschichtschnösel kannten sich mit Literatur aus, wussten, welche Oper gespielt wird und welche Ausstellung läuft.“

Häupl liest wie besessen, kann bald Marx und seinen geliebten Antonio Gramsci und dessen komplexe Hegemonie-Theorie zi­tieren, gibt aber dennoch in den Debatten über den Staatsmonopolkapitalismus meist den Zuhörer, erinnert sich Matzka: „Er wollte nicht den Obergescheiten spielen, sondern wich auf eine andere Ebene aus.“ Er hebt sich vom Kreis der Flugzettelschreiber und Referathalter durch Fleiß und Organisationstalent ab, mobilisiert gegen hohe Studentenheimpreise und veranstaltet rauschende Studentenfeste. Der praktische Zugang zum Sozialismus eint ihn im VSStÖ mit Renate Brauner, seiner späteren Lebensgefährtin und noch späteren Vizebürgermeisterin, und Brigitte Ederer, seiner späteren Finanzstadträtin, heute Siemens-Vorstand.

Unterschiede in Stil und Kleidung zum dandyhaften Rest der Truppe übertreibt er, bis sie zur Marke werden: Josef Kalina, später SPÖ-Bundesgeschäftsführer, erinnert sich mit Schaudern an „karierte Pullover und ewige Clogs“. Noch Jahre später sollte Häupl von einem Polizisten angehalten werden, der sich erst durch Ausweiskontrolle überzeugen ließ, dass es sich bei dem abgerissenen Typen im alten hellblauen VW-Käfer wirklich um einen Gemeinderat handelt. „Das war teilweise schon Masche, keine Frage. Einen Studentenvertreter in rotkariertem Hemd und schwarz-grau-gestreifter Hose merkt man sich leichter“, gibt Häupl heute zu. Sein Faible für gewagte Streifen-Karo-Kombinationen hat er bis in die Anzugzeit gerettet.

Häupls Lieblingsbuch als VSStÖ-Chef ist nicht „Das Kapital“ von Karl Marx, dessen Staatstheorie er „für jammervoll und selbst für damalige Verhältnisse nicht stimmig“ hält, sondern der 1972 veröffentlichte Bericht des „Club of Rome“ über die „Grenzen des Wachstums“. Als die SPÖ-Spitze das Atomkraftwerk Zwentendorf noch für ein Symbol des Fortschritts hält, ist Häupl bei den „Sozialisten gegen Atomkraft“ und holt sich von Bruno Kreisky Kopfwäschen ab. Seine „rot-grüne“-Plattform in den achtziger Jahren, in der er Ökologie zur sozialen Frage und die aufkommende Grün-Strömung zum „natürlichen Bündnispartner der Arbeiterbewegung“ erklärt, festigt seinen Ruf als Querdenker.

Dennoch entscheidet sich Häupl vorerst gegen den Beruf Politik. Er dissertiert über die „Schädelkinetik bei Geckoniden“, arbeitet im Naturhistorischen Museum und politisiert bei der Jungen Generation, der bravsten der SP-Jugendorganisationen. Andere wie Cap oder Alfred Gusenbauer ziehen die wildere Sozialistische Jugend vor, Häupl aber „hielt es für lächerlich, wenn sich ein 27-jähriger Doktor mit 16-Jährigen in eine SJ-Gruppe setzt“.

Vielleicht wäre Häupl heute Direktor des Naturhistorischen Museums, wenn er nicht Anfang der achtziger Jahre Helmut Zilk begegnet wäre. Bürgermeister Leopold Gratz will Wohnungen im Grüngebiet „Steinhof-Gründe“ bauen lassen und schickt Kulturstadtrat Zilk zu einer Schar „wilder Linker“, die am Steinhof protestieren. Häupl ist der Wortführer. Zilks Mission scheitert hochkant: Er berichtet Gratz – „Du Poldi, ich bin a dagegen“ –, dass Häupl ihn überzeugt habe. 1983 wird Häupl Gemeinderat, fünf Jahre später macht ihn Zilk mit den Worten „Deine deppaten Frösch kannst später zählen“ zum Umweltstadtrat und stattet ihn für die Angelobung mit einer Krawatte aus.

Kompromisskandidat.
In der Regierung fallen andere mehr auf: Hannes Swoboda brilliert als kultivierter, liberaler Planungsstadtrat, Innen-Stadtrat Johann Hatzl ist als Hardliner der Darling der Steinzeit-Sozialisten. Als fleischgewordener Kompromiss zwischen den Parteiströmungen, der sich mit keinem Flügel anlegt, geht Häupl 1995 im Rennen um die Nachfolge Zilks als Sieger hervor. Der damalige Kanzler Franz Vranitzky will das verhindern und bringt seinen Innenminister Franz Löschnak in Stellung. Selbst enge Weggefährten haben Zweifel: „Niemand hat damals geglaubt, dass Häupl die Popularität Zilks erreichen kann“, sagt sogar Renate Brauner.
Die erste Wahl endet 1996 mit einem Desaster. Häupl verliert die absolute Mehrheit, geht eine Koalition mit der ÖVP ein und opfert zum Ingrimm der Intellektuellen das Kulturressort. ÖVP-Chef Bernhard Görg macht sich nach zähen Koalitionsverhandlungen auch in der Regierungsarbeit auf ständige Auseinandersetzungen gefasst und ist überrascht: „Häupl teilt über die Medien geradezu lustvoll aus. Aber abseits der Scheinwerfer ist er sehr harmonieorientiert. Er streitet nur, wenn es sich absolut nicht vermeiden lässt.“

Ab 2001 ist jeder Streit mit Görg vermeidbar.
Häupl gewinnt die Absolute zurück und regiert wieder allein. Nur die Grünen dürfen, in streng abgezirkelten Bereichen, ein wenig mitgestalten: 2001 und nach dem Wahlsieg 2005 vereinbart Häupl einzelne rot-grüne Projekte, vom Leih-Stadtrad bis zum Biomassekraftwerk, die mit dem Grünen Realo Christoph Chorherr abgewickelt werden. Chorherr singt über die „Handschlagqualität“ Häupls Loblieder. Seine einzige Kritik: „Er ist zu ambitionslos. Mit so vielen Talenten und so viel Macht muss man mehr weiterbringen.“ Immerhin hat Wien mit elf Milliarden Euro ein Riesenbudget, vergleichsweise wenig Schulden, das gäbe Spielräume für offensivere Politik.

Den Vorwurf, Pragmatiker der Macht zu sein, lässt Häupl gern auf sich sitzen: „Denn die anderen sind die Beseelten mit den leuchtenden Augen.“ Zwei Themen hält er für „bleibend“: „Das Hineinführen der Stadt in die EU. Zweitens soll Wien eine Stadt des Wissens werden. Wer heute verkennt, dass die Ökonomie von morgen eine wissensbasierte Ökonomie ist, verkennt alles.“

Im Kampf um die Elite-Uni zog Häupl gegen seinen Kumpel Erwin Pröll den Kürzeren. Sie steht in Niederösterreich, nicht in Wien. Der übertrieben zelebrierten Männerfreundschaft der beiden tut das keinen Abbruch, immerhin basiert sie laut Pröll auch auf „Kreativität anregenden Bouteillen“ Wein. Kleine Bosheiten erhalten die Freundschaft: Als Pröll eingesteht, dass sich sein Bücherkonsum auf „Der Schatz im Silbersee“ beschränkt, schenkt ihm Häupl zum Geburtstag alle drei Bände „Winnetou“.

Kreml-Astrologie.
Pröll und Häupl verbindet, dass sie sich ihre Parteien ähnlich hergerichtet haben, Widerspruch kommt einer Majestätsbeleidigung nahe. „Eine große Organisation braucht Hierarchien, so handhabe ich das auch“, sagt Häupl. Er untertreibt: Häupl hat die Wiener SPÖ, mit rund 100.000 Mitgliedern die größte Stadtpartei der freien Welt, bombenfest im Griff. Bisweilen wird sogar eine Wiener Variante von Kreml-Astrologie betrieben: Jedes Wort, jeder Gesichtsausdruck, jeder Gunstbeweis des großen Vorsitzenden wird hingebungsvoll interpretiert. Besonders in der Frage, wann und an wen er sein Amt zu übergeben gedenkt, kultiviert er seinen unangreifbaren Status als Sphinx. Häupl ist 61, viele gehen davon aus, dass er zur nächsten Wahl im Jahr 2015 nicht mehr antritt, sondern rechtzeitig davor seine Nachfolge regelt.

Seit sich Wohnbaustadtrat Werner Faymann in die Bundespolitik verabschiedete, gilt Vizebürgermeisterin Brauner als Kronprinzessin. Die fröhlich-laute und loyale Brauner ist Häupls Frau für schwere Fälle: 1996 übernahm sie nach Jörg Haiders schmutzigem Anti-Ausländer-Wahlkampf und den roten Rekordverlusten das neu geschaffene Integrations-Ressort. Als 2004 in der ­Geriatrie Lainz Pflegemissstände aufflogen und Gesundheitsstadträtin Elisabeth Pittermann durch den Skandal taumelte, übergab Häupl Brauner das Gesundheitsressort. Seit 2007 führt die 54-jährige Ökonomin als Finanzstadträtin durch die Wirtschaftskrise. Mittlerweile ist ihr in Wohnbaustadtrat Michael Ludwig Konkurrenz erwachsen: Der zurückhaltende Ludwig hat das sensible Thema „Ausländer im Gemeindebau“ recht gut im Griff und ist als Ex-Chef der Volksbildung ein feinsinniger Mann mit Teddybärenimage.

Außenseiterchancen haben ­Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch, wie Häupl ein Pragmatiker aus Ottakring, und Sozialstadträtin Sonja Wehsely. Sie ist mit 40 Jahren die Jüngste und Frechste aus dem Quartett möglicher Erben und die Einzige, die manchmal wagt, die SPÖ zu kritisieren – die Bundes-SP, versteht sich.

Naturgemäß ist die Nachfolgefrage im Wahlkampf tabu. Häupl selbst beantwortet sie mit einem Scherzchen: „Wenn mich die Leute wollen, bleibe ich, bis ich 90 bin. Das sage ich allen, die mich fragen, wie lange ich noch bleibe – und zwar so lange, bis keiner mehr fragt.“ Für sich hat er Zeitpunkt und Modalitäten des Machtwechsels geklärt: „Wenn ich das Gefühl habe, ich bin nicht mehr gesund genug oder es freut mich nicht mehr, dann höre ich auf. Das wird dann eine gut vorbereitete, aber dennoch spontan wirkende Übergabe sein.“

Eva   Linsinger

Eva Linsinger

Innenpolitik-Ressortleitung, stellvertretende Chefredakteurin