Spielverderber

Spielverderber bwin

Affäre. Der Online-Wettenanbieter bwin muss in Österreich Millionen Euro an Umsatzsteuer nachzahlen

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Zwei Steuerbescheide sorgten am vergangenen Mittwoch beim Sportwetten-Konzern bwin für lange Gesichter. Nach einer dreijährigen Betriebsprüfung kam das zuständige Finanzamt Wien 1/23 zum Schluss, dass das an der Wiener Börse notierte Unternehmen für die Jahre 2002 bis 2004 vorerst 6,5 Millionen Euro an Umsatzsteuer nachzahlen muss. Laut Informationen von Insidern wird der Fiskus dem weltweiten Marktführer für Online-Gaming insgesamt sogar 70 Millionen Euro an Umsatzsteuer vorschreiben.

Die Finanzer stützen sich dabei auf die über in Österreich ­geortete Computer-Server erfolgten Wett- und Spielumsätze. Somit liege eine für die Einhebung der Umsatzsteuer relevante „Betriebsstätte“ in Österreich vor. Bereits Ende 2003 hatte der Unabhängige Finanzsenat entschieden, dass ein Anbieter einer Telefonsex-Hotline wegen eines solchen Servers Umsatzsteuer zahlen müsse.

Die „bwin Interactive Entertainment AG“ will aber dennoch Berufung einlegen. „Der Bescheid ist rechtswidrig“, erklärt bwin-Sprecherin Katharina Riedl. Laut EU-Rechtsprechung müsse eine Betriebsstätte „die vom Kunden erfragte Leistung autonom erbringen“. Doch dies sei für die Niederlassung in Österreich nicht der Fall, da das gesamte Geschäft – etwa wegen der Festlegung der Wettquoten – von Gibraltar aus, wo bwin eine Lizenz für Glücksspiele besitzt, gesteuert werde.

bwin-Aufsichtsratschef und -Aktionär Hannes Androsch klagt über eine „willkürliche Einzelentscheidung“, die „den Wirtschaftsstandort Österreich schwer schädigen“ werde: „Der US-Konzern Google will in Oberösterreich 600 Server aufstellen. Man kann ihnen nur raten, diese Investition zu überdenken.“ Sollte etwa die Deutsche Bank in Wien Server betreiben, würde ja auch nicht der Umsatz des Bankkonzerns in Österreich besteuert ­werden, so Androsch, einst Finanzminister der Republik Österreich.

Die Anbieter von Sportwetten und Glücksspielen im Internet operieren innerhalb der EU in einer rechtlichen Grauzone. Erst vier EU-Länder erteilen gesondert Lizenzen für Glücksspiele im Internet.

Noch vor vier Jahren wurden die bwin-Vorstände Manfred Bodner und Norbert Teufelberger in Frankreich wegen Verstoßes gegen das Glücksspielmonopol sogar für kurze Zeit in Haft genommen. Doch im vergangenen Juni erhielt bwin in Frankreich eine Lizenz für Sportwetten und Poker. Vorteil für den französischen Fiskus: Er besteuert seither die in Frankreich getätigten Online-Umsätze der Gaming-Betriebe.

In Österreich ist die rechtliche Situation für Online-Betreiber dagegen unklar. Eigentlich verstoßen sie gegen das staatliche Glücksspielmonopol, das nun in einem neuen Gesetz gelockert und für private Konkurrenz geöffnet wurde. Lizenzierte Unternehmen waren bisher auch von der Umsatzsteuer befreit, da sie eine eigene Glücksspielab­gabe entrichten mussten. Gegen bwin wurden bereits mehrere Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht, darunter auch von der Kanzlei des früheren Justizministers Dieter Böhmdorfer, der vor allem den Schutz von Spielsüchtigen verbessern will. Der gesamte Glücksspielbereich übers Internet soll erst später gesetzlich neu geregelt werden, heißt es dazu im Finanzministerium. Weil dazu eine EU-weite Regelung angestrebt wird, kann das noch einige Jahre dauern.