SPÖ-naher Anwalt sichert sich einen lukrativen Millionenauftrag der ÖBB

Affäre. Mit Honorar­garantie auf zehn Jahre, auch ohne Gegenleistung

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Promi-Mandanten können Unbilden bedeuten, wie Gabriel Lansky nur zu gut wissen dürfte. Der Wiener Anwalt vertritt Bianca Jagger. Zur Festspielzeit 2008 hatte die Ex-Gattin von Stones-Boss Mick einen Platinring mit Brillanten und Aquamarin – geschätzter Wert: 200.000 Euro – verloren. Als das teure Stück zwei Wochen nach Verlust auftauchte, verweigerte Maître Lansky den Finderlohn. Begründung: Der Ring sei verspätet bei der Polizei abgegeben worden, die Rechtfertigung des Finders, er habe dessen Wert nicht erkannt, sei „lächerlich“. Aus dem ehrlichen wurde ein zorniger Finder. Er klagte Lansky wegen Ehrenbeleidigung. Das Verfahren läuft. Lanskys Anwalt in der skurrilen Causa ist sein langjähriger Kanzleipartner Gerald Ganzger.

In der Bundeshauptstadt zählen Lansky und Ganzger – Kanzleimotto: „Recht haben durch Querdenken“ – zu den prominentesten Vertretern ihres Stands, nicht zuletzt aufgrund der Klientel der Sozietät. Rechtsbeistand durch die Querdenker genossen in den vergangenen Jahren neben Jagger auch Ex-Mannequin und Frauenrechtlerin Waris Dirie und Natascha Kampusch.

Glamour-Klienten mögen den Bekanntheitsgrad heben, einträglicher sind Mandate aus Wirtschaft und Industrie. Die Kanzlei Lansky, Ganzger & Partner akquirierte einen besonders interessanten Klienten: die ÖBB. Wie aus einem profil vorliegenden Rahmenvertrag des Jahres 2007 zwischen der Österreichische-Bundesbahnen-Holding AG und der Rechtsanwaltskanzlei hervorgeht, kassieren Lansky & Co für zehn Jahre pauschal 4,5 Millionen Euro – garantiert, ohne Ausschreibung und im Extremfall auch ohne Gegenleistung.

Die Vorgeschichte:
Im August 2002 hatten die ÖBB unter Generaldirektor Rüdiger vorm Walde eine Rahmenvereinbarung mit der Kanzlei abgeschlossen. Laut Verträgen sollte sich Lansky um insgesamt acht Projekte – darunter „Brandschutz bei Bauwerken“, „Arbeitnehmerschutz“ und „Kriegsrelikte“ – kümmern. In einem internen Mail ermittelte die Kanzlei eine üppige Honorarprognose von 15,6 Millionen Euro. ÖBB-Schätzungen zufolge betrug das potenzielle Auftragsvolumen bis zu 20 Millionen Euro.

Vier Jahre später, vorm Walde war nicht mehr ÖBB-Boss, wurden die Geschäftsbeziehungen zwischen Bahn und Lansky vom Rechnungshof zerzaust: Das Stundenhonorar der Kanzlei liege „bis zu 79 Prozent über den bisher für Rechtsberatung bezahlten Durchschnittshonoraren“. – „Unabhängig vom tatsächlichen Leistungsumfang“ sei „für die laufende rechtliche Beratung“ des Vorstands der ÖBB ein Pauschalhonorar in Höhe von monatlich 25.000 Euro vereinbart worden, „obwohl dafür die hauseigene zentrale Rechtsabteilung vorgesehen war“. Die Empfehlung des Rechnungshofs aus dem Jahr 2006: „Künftig sollte externes juristisches Know-how nur punktuell in zeitlich und betraglich eingegrenzten Projekten zugekauft werden.“

Gegenmaßnahmen.
Rüdiger vorm Waldes Nachfolger an der ÖBB-Spitze, Martin Huber, teilte die Meinung des Rechnungshofs. Im Jänner 2007 wurde die Auflösung der Verträge erklärt. Doch Lansky beharrte auf deren Einhaltung. Huber bat die Finanzprokuratur – die beim Finanzministerium angesiedelte Rechtsvertretung des Bunds – um eine Expertise. Der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, warnte vor einem hohen Prozessrisiko und riet dringend zu Vergleichsverhandlungen. „Gegenstand“ des am 11. Juni 2007 geschlossenen Vergleichsvertrags – über den die „Oberösterreichischen Nachrichten“ im Vorjahr kurz berichteten – ist „die Erbringung von anwaltlichen Beratungs- und Vertretungsleistungen durch den Auftragnehmer an Unternehmen des ÖBB-Konzerns“. Auftragsvolumen: 4,5 Millionen Euro, die im Laufe von zehn Jahren ab Juni 2007 aufgebraucht werden müssen – mit jeweils abnehmenden Jahresbeträgen, von 800.000 Euro im ersten Jahr über 400.000 im vierten bis zu 300.000 im zehnten. Die aus Sicht der Kanzlei günstigste Klausel findet sich unter Punkt I, 5 des Vertrags: Nehmen die ÖBB zu wenig Beratungsleistungen in Anspruch, müssen sie trotzdem den vollen Betrag zahlen: „Wird in einem Jahr der vorgesehene Anteil am Auftragsvolumen nicht erreicht, hat der Auftraggeber für die ersten beiden Jahre eine Entschädigung von 90 % des entsprechenden Fehlbetrags an den Auftragnehmer zu leisten. Die restlichen 10 % sind auf das Folgejahr zu übertragen. Ab einschließlich dem dritten Jahr der Vertragslaufzeit gilt dies mit der Maßgabe, dass 25 % des Fehlbetrags als Entschädigung zu leisten und 75 % des Fehlbetrags auf das Folgejahr zu übertragen sind.“ Dank dieser Regel besitzt Lansky bis Juni 2017 eine Honorargarantie der ÖBB – unabhängig davon, ob eine anwaltliche Gegenleistung erbracht wird oder nicht.

Millionen-Ersparnis.
ÖBB-Chef Huber und sein Finanzvorstand Erich Söllinger erklärten in einer Aufsichtsratssitzung der ÖBB am 26. Juni 2007, im Vergleich zum ursprünglichen Vertrag zumindest zehn Millionen Euro eingespart zu haben. Die Aufsichtsräte nahmen laut dem profil vorliegenden Protokoll „die gewählte Vergleichslösung“ und „das Ergebnis der Bemühungen des Vorstands als sinnvoll zur Kenntnis“. Huber betonte, „dass die Vorgangsweise, die ursprünglich bei der Beauftragung von Lansky gehandhabt worden ist, unter dem jetzigen Vorstand undenkbar ist“.

Vorgänger Rüdiger vorm Walde hatte 2001 den aus schwarz-blauer Sicht unverträglichen ÖBB-Chef Helmut Draxler abgelöst. Als Verbindungsmann zur roten Reichshälfte engagierte vorm Walde Lansky – zum Ärger von ÖVP und FPÖ. Der Advokat ist enger Vertrauter von Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer, für den er im Wahlkampf 2006 Veranstaltungen organisierte. Laut Bahn-Insidern hätte Gusenbauer wiederholt im Interesse seines Freunds interveniert, während die ÖVP alles versuchte, Bahn-Aufträge für den umtriebigen Anwalt zu verhindern. Lanskys Verhältnis zum aktuellen SPÖ-Vorsitzenden, Kanzler Werner Faymann, gilt als distanziert.

Laut Lanskys Partner, Gerald Ganzger, stehe der ÖBB-Auftrag in keinem Zusammenhang mit dem politischen Engagement seines Kompagnons. Die Kanzlei würde selbstverständlich „für jeden Cent“ anwaltliche Leistungen erbringen. Wie ein ÖBB-Sprecher gegenüber profil festhält, sei der Vertrag „unter Berücksichtigung der Ausgangssituation eine günstige Lösung“. Der ÖBB-Konzern könne dadurch „die Leistungen einer renommierten Rechtsanwaltskanzlei zu vergleichsweise günstigen Konditionen in Anspruch nehmen“. Wie Bianca Jagger.

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.