General­abrechnung

Türkei: Erstmals stehen Generäle des Staatsstreichs vor Gericht

Türkei. 32 Jahre nach dem blutigsten Staatsstreich in der Geschichte des Landes stehen erstmals Generäle vor Gericht

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Vor zwei Jahren starb ihre Mutter. „Bitte, komm nicht in die Türkei!“, flehte ihre Familie in der Türkei. Yeter Günes, 48, buchte einen Flug. Sie konnte nicht anders. Nach dem Begräbnis flog sie nach Wien zurück. Ihr Koffer war noch nicht ausgepackt, als ihr Vater anrief. Zivilpolizisten hätten nach ihr gesucht. Der alte Mann klang aufgelöst: „Sag ihnen, dass du in Österreich bist! Sie glauben, wir verstecken dich!“

Rückblende ins Jahr 1980.
Yeter Günes schrie sich auf Demos die Seele aus dem Leib: „Nieder mit dem Faschismus!“ Sie ballte die Fäuste und träumte von Freiheit. Sie war 17, schmierte Parolen auf Wände und brannte vor Begeisterung, als der Militärputsch vom 12. September, der blutigste in der Geschichte der Türkei, die junge Frau mit den wallenden, langen Haaren überrollte.

Man sperrte sie ein, prügelte sie halb tot, folterte sie auf alle erdenklichen Arten. Sechs Gefängnisjahre lang. Sie hatte nicht damit gerechnet, das zu überleben. Danach schaute sie nach vorn. Sie studierte, arbeitete und heiratete. Sie nahm sich vor, „ein bisschen glücklich zu werden“, und nannte ihren Erstgeborenen „Umut“ („Hoffnung“).

Seit dem Anruf ihres Vaters vor zwei Jahren springen die alten Dämonen sie wieder bei jeder Kleinigkeit an: Wenn es an der Tür klopft, ihr Handy läutet oder sie auf der Straße einen Polizisten sieht, fängt sie an zu zittern.
Vergangenen Freitag fehlte Yeter Günes in der Delegation, die aus Österreich angereist war, um in Ankara einen historisch einzigartigen Gerichtsprozess zu beobachten. Erstmals in der Geschichte des Landes müssen sich Putschisten vor einem Gericht verantworten. Es sind inzwischen greise Generäle. Die anderen der einst fünfköpfigen Armeespitze leben nicht mehr.

Nach dem Staatsstreich hatte das Militär eine Verfassung in Kraft gesetzt, mit der sich seine Vertreter lebenslangen Schutz vor Verfolgung gewährten. Vor zwei Jahren ließ Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan das Volk über strittige Passagen abstimmen und versprach, die Generäle zur Verantwortung zu ziehen. Ihre Immunität fiel nach dem Plebiszit.

Am 4. April 2012 eröffnete das Gericht in Ankara das Strafverfahren gegen Kenan Evren, von 1978 bis 1983 Generalstabschef, danach bis 1989 Staatspräsident, und gegen Ex-Luftwaffenchef Tahsin Sahinkaya. Vergangenen Freitag läutete es die dritte Verhandlungsrunde ein. Vor dem Gerichtsgebäude postierten sich Vertreter kurdischer und linker Parteien mit Transparenten. ­Angehörige hielten Bilder von Gefolterten, Verschwundenen und Hingerichteten hoch und skandierten wütend: „Niemals vergessen! Niemals verzeihen!“

Erdal Boyoglu, 53,
wirkte unter ihnen ein wenig verloren. Er ist so etwas wie der Sprecher der Putschopfer aus Österreich, ein stiller, zäher Missionar, der das Unrecht an einer Generation von Linken, Intellektuellen, Kurden, Gewerkschaftern und Regimekritikern an die Öffentlichkeit tragen will. Es sind die Geschichten seiner Weggefährten, von Frauen wie Yeter Günes, und es ist nicht zuletzt seine eigene.

Vor zwei Jahren gründete Boyoglu in Wien den Verein der „78er“, benannt nach dem Jahr, das ihn und viele seiner linken Altersgenossen geprägt hatte. 1978 wurde ein Freund ermordet, Boyoglu sollte noch viele weitere verlieren. Im Dezember desselben Jahres überfielen Nationalisten und Rechte Wohnviertel in Maras, folterten Bewohner, vergewaltigten Frauen und ermordeten über hundert Menschen. Boyoglu hatte sich als Technikstudent in Istanbul der „Devrimci Kurtulus“-Bewegung („revolutionäre Befreiung“) angeschlossen. Aus Protest gegen das Massaker von Maras besetzte er gemeinsam mit Genossen eine Schule.

Alle Aktivisten wurden verhaftet, verprügelt und ins Militärgefängnis Selimiye gebracht. Der Richter, dem Boyoglu zwei Wochen später vorgeführt wurde, ließ ihn davonkommen. Doch Ruhe fand er keine mehr: Der Terror auf den Straßen erzeugte Gegenterror. Jeder Tag forderte – rechts wie links – mehrere Tote.

In den Folterzentren des Landes wurden Gefangene so lange gequält, bis sie Namen nannten. 78 Mitglieder aus Boyoglus Gruppe wurden verhaftet. Er selbst konnte untertauchen und hetzte jahrelang von Versteck zu Versteck, ohne Kontakt zu seiner Familie. Nur ein Mal schlich er sich in das Dorf seiner Großeltern. Das war 1982. Ein Nachbar verpfiff die alten Leute. Zur Strafe trieben Soldaten sie in Unterwäsche durch das Dorf und in einen kalten Fluss. „Das hat sie gebrochen“, sagt Boyoglu: „Sie sind im Jahr darauf gestorben.“

Er selbst kam am 4. September 1983 im Flüchtlingslager Traiskirchen an, erhielt Asyl und wurde österreichischer Staatsbürger. Heute noch schreckt er manchmal aus dem Albtraum hoch, dieses Mal hätten ihn die Soldaten erwischt.

Sein Freund Ali Gedik, 51, begleitete ihn nach Ankara. Die beiden Männer und 13 weitere Putschopfer aus Österreich schlossen sich dem Verfahren gegen die Generäle Evren und Sahinkaya als Nebenkläger an. Gedik ist kein „klassisches Opfer“, weil er selbst nicht gefoltert wurde, doch seine Familie, sagt er, sei „unter dem Druck des Militärputsches zerbrochen“. Als das türkische Militär 1980 die Macht an sich riss, war er bei einem Onkel in Vorarlberg: „Nimm unseren Sohn mit, damit er für uns sorgt“, hatten seine Eltern, arme alevitische Kurden, gebeten. Mit 15 Jahren war Gedik Schichtarbeiter in Vorarlberg und las die Tageszeitung „Hürriyet“.

„Endlich!“
, titelte sie am Tag des Putsches sinngemäß. Sein Vater wurde immer wieder verhaftet und gefoltert, sein vom Militär gesuchter Bruder kollabierte psychisch und verbrachte – mit Unterbrechungen – Jahre in Nervenheilanstalten.

Refet Eksi, 50
, arbeitet als Taxifahrer in Wien. Auch in seinem Namen sind Boyoglu und Gedik nach Ankara gereist. Zu Eksi waren die Soldaten am 18. März 1982 gekommen. Er hatte keine Chance wegzulaufen. Obwohl sie nichts Belastendes fanden, stießen sie ihn in ihren Jeep und schlugen mit Fäusten und Stöcken auf ihn ein: „Wer sind deine Freunde?“ – „Wo sind die Waffen?“

In der Stadt Urfa, wo Eksi aufwuchs, lebten Muslime, Christen und Juden friedlich miteinander. Am Morgen des Staatsstreichs weckten ihn die aufgeregten Stimmen seiner Eltern: „Weg mit deinen Büchern und Kassetten, das Militär ist unterwegs!“ Von da an kreisten Soldaten jede Nacht ganze Bezirke ein und rissen Menschen aus dem Bett. Eksi glaubte nicht, dass man ihn holen würde, nur weil er auf Flugblättern die Ungerechtigkeit der Welt angeprangert hatte.

Im März 1982 lieferten Soldaten ihn im Militärkommando Urfa ab. Die Einwohner pflegten die Straßenseite zu wechseln, wenn sie daran vorbeigingen. Aus dem Gebäude drang Musik, damit man die Schreie der Gefolterten nicht hörte. Als Eksi mit verbundenen Augen in einer Zelle wartete, waren sie nah an seinem Ohr: „Das war schlimmer, als selbst gefoltert zu werden.“ Immer wieder hängte man ihn nackt auf, jagte Stromstöße durch seinen Körper, bis er das Bewusstsein verlor. Nach zwei Wochen kam er nach Diyarbakir, in eines der berüchtigtsten Foltergefängnisse des Landes. Am 15. April 1982 begrüßte ihn ein Soldat dort mit einem Holzprügel und schob ihn in einen Saal, in dem 100 Gefangene faschistische Lieder brüllten, während sie schwarz und blau gedroschen wurden. Die Soldaten stürzten sich auf jeden, dessen Stimme versagte: „Du hast nicht genug geschrien!“

Refet Eksi schließt die Augen, das Gesicht von Erinnerungen verzerrt. „Es war nicht das Ziel, uns zu töten, wir sollten als Menschen vernichtet werden.“ Die Bilder, Schreie und Gerüche blieben in seinem Kopf. In der Zelle Nummer 10 stand kniehoch menschlicher Stuhl. Gefolterte mussten sich hier stundenlang aufrecht halten. Elektroschocks, Hunger, Erniedrigungen, Schmerz, Läuse. Die Soldaten brachten ­einen Wolf. Wenn er heulte, mussten sie stramm stehen. Am 17. Mai 1982 ­setzten sich vier Männer in Brand. Refet Eksi sah Häftlinge an Hunger oder Tuberkulose sterben: „Ich will das nicht vergessen. Ich will als Zeuge leben.“

Im Februar 1984 kam er zwar frei, doch das Militär ließ ihn nicht aus den Augen. Das machte sein Leben zur Qual. 1987 schaffte er es auf illegalen Wegen nach ­Österreich. Als junger Mann hatte er geträumt, Wissenschafter zu werden. In Wien begann er Wirtschaftsinformatik zu studieren und arbeitete als EDV-Trainer. Der Prozess gegen die Generäle, die seine Zukunftsträume auf dem Gewissen haben, sei ein „wichtiger Schritt“, meint er: „Aber ich glaube nicht, dass die Regierung es ernst mit der Vergangenheitsbewältigung meint.“

Da geht es ihm wie vielen anderen. „Justiz, Militär, Polizei und Medien haben bei dem Terror mitgemacht. Ich glaube nicht, dass die türkische Regierung vorhat, ein ganzes System zu hinterfragen“, sagt Mustafa Akgün, 52. Er hatte 1978 mit Genossen einen Jugendverein gegründet. Die Polizei machte ihnen mit Razzien die Hölle heiß: „Man hat uns nie etwas gefragt. Es ging nur darum, auf uns draufzuhauen.“ Eines Tages warf man ihm vor, Anschläge geplant zu haben, und sperrte ihn zwei Jahre lang ein. Auch in Erzincan waren Hunger, Dreck, Flöhe und Folter an der Tagesordnung. Die Soldaten schlugen auf Fußsohlen, bis sie platzten.

Akgün konnte wochenlang keine Schuhe tragen. Vier Monate vor dem Militärputsch kam er frei, tauchte unter und schlug sich im Oktober 1981 über Bulgarien und Rumänien nach Österreich durch. Im Flüchtlingslager in Traiskirchen legte er sich zum ersten Mal seit Langem in ein Bett, „ohne Angst zu haben, am nächsten Tag auf offener Straße hingerichtet zu werden“.

Dank seiner kräftigen Erscheinung wirkt Akgün wie ein Mann, den nichts so leicht erschüttert. Er weiß es besser: „Man fühlt sich stabil, aber es kommt immer wieder etwas hoch.“ Er hat viele Opfer des 12. September 1980 getroffen, die Alkoholiker wurden oder sich mit hartem Sporttraining von Gespenstern zu befreien suchten: „Nicht wenige starben an Krankheiten oder nahmen sich das Leben. Ich weiß von niemandem, der eine Therapie gemacht hat.“ Akgün will eine europäische Stiftung gründen, die Putschopfern professionelle Hilfe bezahlt: „Wir wollen, dass die türkische Regierung dafür aufkommt. Damit könnte sie wirklich Verantwortung übernehmen.“

Vergangene Woche empfing Atilla Öztürk, Sektionsleiter für Legistik des Justizministeriums in Ankara, mit dem verbindlichen Lächeln eines Spitzenbeamten die vom Wiener Grün-Abgeordneten Senol Akilic begleitete Delegation. Politische Statements seien von ihm nicht zu erwarten, sagt er, nachdem seine Gäste rund um einen auf Hochglanz polierten Mahagonitisch Platz genommen hatten. Über eine Generalamnestie für die Putschopfer, von denen viele immer noch als Terroristen und Anarchisten gelten, könne nur die ­Regierung entscheiden. Die Aufarbeitung des 12. September 1980 sei juristisch komplex und brauche Zeit. Der Sektionschef muss ein Bub gewesen sein, als der Militärputsch passierte: „Ich kenne die Ereignisse nur aus den Medien.“

Die Gerichtsverhandlung am vergangenen Freitag in Ankara. Der Saal ist bis auf den letzten Rang gefüllt. Es dauert eine Weile, bis die zahlreichen Opferanwälte Platz genommen haben. Die Anklagebank ist gähnend leer wie bei den Verhandlungen zuvor. Spitalsärzte haben Ex-General Evren chronische Krankheiten attestiert. Die Opferanwälte fordern, ihn über Videoschaltung zu befragen – und zwar rasch. Das will der Richter nun prüfen lassen. Die nächste Verhandlung wird für November angesetzt. Wieder ein paar Monate Galgenfrist für die Putschisten, von denen bisher keine Worte der Reue überliefert sind. Vor einigen Jahren konterte Evren, auf Hinrichtungen angesprochen, mit launigem Zynismus: „Sollen wir diese Terroristen füttern, anstatt sie aufzuknüpfen?“

In dem Prozess in Ankara geht es um den Fall des 17-jährigen Erdal Eren. Er wurde unter Evrens Kommando gehängt und ging als jüngstes Hinrichtungsopfer in die blutige Geschichte des Putsches ein. Eren war beschuldigt worden, bei einer Demo einen Soldaten erschossen zu haben. Seine Familie kämpft um seine Rehabilitierung.

Warum gerade ihr Sohn? Es hätte jeden anderen auch treffen können. Mesut Kimesiz, 52, war ein Teenager in der einstmals sozialdemokratischen Hochburg Eregli, in der Provinz Konya. Mit dem ersten Lohn kaufte er sich eine supermodische Schlaghose. An die Weite des Hosenbeins erinnert er sich noch heute: 42 Zentimeter. Er ging auf Demos, wie seine Freunde, doch er interessierte sich nicht ernsthaft für Politik. Das änderte sich, nachdem er einen Monat lang im Gefängnis war. Erst dort hätten ihn Aktivisten der Bewegung „Yurtsever Devrimci Genclik“ („Revolutionäre, patriotische Jugend“) mit der Idee angesteckt, „für Demokratie und Freiheit zu kämpfen“.

Kämpfen war wörtlich gemeint.
Viele seiner Weggefährten wurden ermordet. Rechte zündeten das Haus seiner Eltern an. Ihn selbst schlugen Angreifer mit Schlagringen spitalsreif. Danach ging er nur mit Pistole auf die Straße. „Wir waren keine Engel, wir mussten uns verteidigen.“ Immer wieder kam er ins Gefängnis, nach dem Militärputsch für sechs Monate. Am 20. November 1982 durchschwamm Kimesiz einen Grenzfluss zu Griechenland. Er lebte elf Jahre lang in Frankreich, 1995 kam er nach Österreich, das Land, in dem er sich immer noch „wie im Exil“ fühlt. Zurzeit der Schlaghosen wollte er Sprach­forscher werden. In Österreich machte er einen Schweißerkurs, heuerte bei einem Stahlunternehmen an und wurde Betriebsrat. Das hat ihn – nach allem – „zufrieden“ gemacht, aber nicht „glücklich“: „Die Türkei war für uns wie eine Mutter, die angefangen hat, ihre Kinder zu töten. Unser Land hat unsere Zukunft massakriert.“

Aliriza Göktas, 51
, nennt sein Land „Mesopotamien“. Vor einigen Jahren versuchte der Mann mit dem ausdrucksstarken Gesicht und den zarten Gesten, sein Leben zu Papier zu bringen. Es begann mit einer unbeschwerten Kindheit in einem Bergdorf zwischen Euphrat und Tigris. Seine Eltern hatten die Kurdenaufstände der Jahre 1936 bis 1938 und ihre blutige Niederschlagung durch das Militär miterlebt.

Menschenrechtsorganisationen sprechen von 50.000 getöteten Kurden. Als Teenager schrieb Aliriza „Freiheit für Kurden“ auf Wände. Mit 18, als Student in Izmir, beteiligte er sich an kurdischen Versammlungen. Das brachte ihm zwei Jahre Haft ein. Auch er wurde mit Elektroschocks gefoltert, bis er glaubte, seine Nieren platzten, mit eiskaltem Wasser und stundenlangem Aufhängen. Weil seine Peiniger seine Gefängnisaufzeichnungen gegen ihn verwendeten, kann er bis heute über die erlittenen Qualen nicht schreiben. Das Buch „Kinder des Himmels“, in dem er seine Erlebnisse herausbrachte, sprach er auf Tonband. Sein Bericht endete 1986, als er in Österreich Asyl erhielt. Danach machte er eine Ausbildung zum Sozialpädagogen, kümmerte sich um benachteiligte Jugendliche und hörte nicht auf, sich für den Friedensprozess in seinem Land einzusetzen: „Ich bin mit den Menschen verbunden, wenn es ihnen gut geht, geht es mir auch gut.“

Yeter Günes hat eine Mappe mit alten Fotos. Eines zeigt die 17-Jährige auf der Anklagebank, die Beine, die sie Monate lang nicht bewegen konnte, weil ihre Folterer sie fast zu Brei geschlagen hatten, vor sich ausgestreckt. Man beschuldigte sie, Jugendliche aus der Nachbarschaft ermordet zu haben. „Die Pistole, die ich verwendet haben soll, fand man später bei türkischen Faschisten“, sagt sie. Im Folterzentrum in Elazig hatte man sich Mühe gegeben, ein Geständnis aus ihr herauszupressen. Nach einem halben Jahr brachte man sie ins Mamak-Gefängnis in Ankara. Dort begegnete sie ihren Weggefährten, und das war noch schlimmer: „Sie wurden vor mir gefoltert und ich vor ihnen.“

Alles, was man ihr antat, steigerte ihre Wut. Das werteten die Richter als Beweis, dass sie eine Terroristin war. Nach zehn Jahren wurde ihr Verfahren neu aufgerollt, Yeter Günes wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit angeklagt und mit Todesstrafe bedroht. Von dem Vorwurf ist sie bis heute nicht freigesprochen. Zwei Generäle vor Gericht, das ist ihr nicht genug. Inzwischen haben Putschopfer 1650 Folterer und Gefängniskommandanten namhaft gemacht. „Würde die türkische Regierung eingestehen, dass junge Männer und Frauen unschuldig gefoltert und um ihre Zukunft gebracht wurden, dann könnte ich mich einmal zurücklehnen und durchatmen.“ Ob das jemals passiert, weiß niemand.

Edith   Meinhart

Edith Meinhart

ist seit 1998 in der profil Innenpolitik. Schreibt über soziale Bewegungen, Migration, Bildung, Menschenrechte und sonst auch noch einiges