Kino

Albtraumkino: Jonathan Glazers Holocaust-Vision „The Zone of Interest“

Der britische Filmemacher Jonathan Glazer nützt in seiner umstrittenen Martin-Amis-Adaption „The Zone of Interest“ die Sprengkraft des Indirekten – und findet außerordentliche Wege, um die Hölle der Shoah nachzuempfinden. Eine dringende Empfehlung.

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Sommerliche Stimmung, Vater, Mutter, fünf Kinder und ein Traumhaus mit Obstbäumen, Blumengarten, Bienenstöcken, Swimmingpool. Doch hinter der hohen Mauer zum Gelände nebenan endet das Pseudo-Paradies. Ein bisschen Rauch und ferner Lärm dringen in den Garten, eine undefinierbare Mischung aus Schleifen, Klirren, Dröhnen, Bellen und Geschrei: industrielles Hintergrundrauschen.

Die Störsignale sind nötig, denn der Familienvater ist kein argloser Hausherr, sondern eine historische Täterfigur, dessen Geschichte hier anschaulich wird: Er heißt Rudolf Höß, und er arbeitet als Kommandant des NS-Konzentrationslagers in Auschwitz-Birkenau, Mit Frau und Kinderschar bezog er ein direkt an das KZ grenzendes Eigenheim, um dort Familienidylle zu spielen, während er den Todesbetrieb auf der anderen Seite ungerührt aufrechterhielt.

Stefan   Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.