Vienna Club Commission: Laurent Koepp, Stefan Niederwieser und Martina Brunner

Feiern nach Corona? Die Vienna Club Commission im Gespräch

Wie wird die Coronakrise das Club- und Nachtleben in Wien verändern? profil hat dazu Martina Brunner und Stefan Niederwieser von der Vienna Club Commission befragt.

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Seit Dienstag dieser Woche wird der Shutdown im Zuge der Coronakrise langsam gelockert. Rund 75 Prozent der Geschäfte dürfen unter gewissen Bedingungen (Mund-Nasen-Schutz, Desinfektion, maximal eine Kundin pro 20 Quadratmeter) wieder öffnen, weitere Branchen wie Frisöre oder Gastronomie sollen im Mai folgen. Das Hochfahren wird in den nächsten Wochen und Monaten schrittweise umgesetzt, vorausgesetzt, die Infektionszahlen steigen infolge der Lockerungen nicht rasant an.

Für zwei große Bereiche des öffentlichen Lebens - Sport und Kultur - gibt es allerdings noch keinen Fahrplan. Aktuell gilt, dass es vorerst bis Ende Juni keine größeren Events geben wird. Ab wann es wieder Sportveranstaltungen mit Zusehern geben könnte, soll demnächst von der Regierung präsentiert werden. Auch für den Kulturbereich werden in den nächsten Tagen mögliche nächste Schritte kommuniziert. Klar ist, dass sich die Coronakrise noch monatelang auf das Kultur- und Nachtleben auswirken wird. Volle Clubs und ausverkaufte Konzerthallen sind auf absehbare Zeit schwer vorstellbar. Einige Veranstaltungsorte kämpfen bereits um ihren Fortbestand.

profil hat dazu Martina Brunner und Stefan Niederwieser von der Vienna Club Commission gefragt, ob man sich um die Clubs in Wien Sorgen machen muss, welche Unterstützung es braucht und wie die Coronakrise das Nachtleben in Wien verändern wird.

profil: Die Ausgangsbeschränkungen dauern noch bis mindestens Ende April, größere Veranstaltungen sind frühestens im Juli möglich, dann kommt der Sommer. Keine guten Rahmenbedingungen für Clubbetreiber. Welches Feedback bekommen Sie aktuell aus der Clubszene in Wien? Stefan Niederwieser: Die Situation ist existenzbedrohend. Vielen entgeht mehr als die Hälfte ihres Jahresumsatzes, weil das Frühjahr für sie die Hauptsaison bedeutet. Es gibt wenig Rücklagen. Wo das ging, sind viele Mitarbeiter*innen in Kurzarbeit, andere verlieren teils bis zu 100 Prozent ihrer Einnahmen. Es ist auch einfach schwer zu verkraften, so lange Zeit nicht das tun zu können, was man gut kann.

Die Schäden möglichst gering zu halten, dabei sind Bund, Land und Kammern gefordert.

profil: Die beiden Clubs "Das Werk" und "Celeste" machen bereits Crowdfundingaktionen. "Das Werk" mit dem Satz: "Wir sind buchstäblich am Arsch." Müssen wir uns darauf einstellen, dass es viele Clubs nach der Coronakrise nicht mehr geben wird? Martina Brunner: Einige Clubs sind relativ neu oder in Gründung und können deshalb weniger Hilfen bekommen. Andere sind näher an der Insolvenz, weil die Situation Schieflagen verstärkt, die es davor schon gegeben hat. Die Schäden möglichst gering zu halten, dabei sind Bund, Land und Kammern gefordert. Wir sind aktuell aber zuversichtlich, dass der Wert von Kultur und Clubkultur erkannt wird.

profil: Die Vienna Club Commission gibt es seit Anfang des Jahres. Welche Unterstützung können Sie den Clubs in der derzeitigen Situation bieten? Brunner: Wir geben kostenlose Rechtsberatung, Antworten auf häufig gestellte Fragen, etwa welche Notfonds es gibt oder welche Kosten von wem getragen werden, wir haben eine Checkliste mit Empfehlungen ausgearbeitet. Außerdem haben wir die Plattform United We Stream Vienna aufgezogen, über die kulturelle Streams und Spenden für Locations gesammelt werden.

profil: Gibt es vonseiten der Vienna Club Commission Empfehlungen, wie Clubs und Clubbesucher mit der Situation umgehen können? Brunner: Ja, es gibt eine Checkliste für Clubs und Veranstalter*innen bei uns online. Jetzt gilt es, Zusammenhalt unter Clubbetreiber*innen zu demonstrieren, denn auch wenn Club nicht gleich Club ist – alle befinden sich in einer Ausnahmesituation und können von einander lernen. Besucher*innen bleiben bitte vorerst daheim, waschen Hände, schauen sich Streams mit Wiener Künstler*innen, DJs und Kollektiven, sie können an Clubs spenden - direkt oder an United We Stream Vienna – oder gekaufte Tickets nicht zurückgeben. Solidarität zeigen hilft auch immer.

Solange es Reisebeschränkungen gibt, ist das eine Chance, dass lokale Künstler*innen die Bühne bekommen.

profil: Braucht es weitere Unterstützung von öffentlicher Seite? Brunner: Es braucht einige klare Regelungen, etwa zum Umgang mit Mietstundungen oder wie mit Vorleistungen umgegangen werden soll. Es braucht eine Perspektive, wann Veranstaltungen in welchem Umfang möglich sein werden. Wie schafft man es, dass Förderungen etwa durch SKE (Fördereinrichtung für Komponistinnen und Komponisten) oder GFÖM (Gesellschaft zur Förderung Österreichischer Musik) nicht zurückzuzahlen sind. Wir suchen außerdem nach Möglichkeiten, mehr Clubkultur-Streams zu organisieren. Es gibt schon wichtige Unterstützung, mehr geht immer.

profil: Wie wird die Coronakrise das Club- und Nachtleben in Wien verändern? Niederwieser: Vermutlich werden wir eher aus Flaschen denn Bechern trinken, Leute fürs Erste mehr Abstand halten und solange es Reisebeschränkungen gibt, ist das eine Chance, dass lokale Künstler*innen die Bühne bekommen. Sobald es einen Impfstoff gibt, wird hoffentlich Normalität einkehren. Menschen wollen feiern, Menschen werden feiern.

Die Vienna Club Commission ist eine von der Kulturabteilung der Stadt Wien finanzierte Servicestelle für Clubbetreiber und Veranstalter. Sie hat im Jänner 2020 ihre Arbeit aufgenommen. Derzeit veranstaltet sie auch die Serie "United We Stream". Nächster Termin in Kooperation mit Arte Concerts: Mittwoch, 15.4., 15:00-19:00 live aus dem Wiener Fluc.