Roy Andersson

profil-Morgenpost: Sackbahnhof der Melancholie

Guten Morgen!

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Mit erloschenen Augen sitzen die Menschen in der U-Bahn, bleich und vorschriftsgemäß maskiert; missmutig taumeln andere ungelenken Schritts durch die Straßen, als wüssten sie zwar, dass sie jeden Kontakt, so gut es geht, zu vermeiden haben, als ahnten sie aber zugleich auch, dass sich ihre eigentlichen Probleme dadurch nicht lösen lassen, sondern nur noch verschärfen. Tatsächlich sieht die Welt um uns immer mehr so aus, als hätte der Schwede Roy Andersson sie inszeniert: wie ein groteskes Spiel in der grauen Zone zwischen dem Dies- und dem Jenseits, in einem Sackbahnhof der Unsicherheit und der überschießenden Melancholie. In der übernächsten profil-Ausgabe werden Sie, auch aus Anlass seines neuen und vermutlich letzten Films („Über die Unendlichkeit“, hier der Trailer dazu), ein Interview mit Andersson finden, der bei aller Depression, die seine existenzialistischen Kinominiaturen überschattet, stur daran festhält, dass dem Tragischen stets auch etwas heillos Komisches innewohnt.

Dem baldigen Schulbeginn sehen die meisten Zeitgenossinnen und –genossen aus ganz unterschiedlichen Gründen eher bang als erheitert entgegen. Ein von Edith Meinhart moderiertes profil-Streitgespräch zwischen den Lehrerinnen Melisa Erkurt und Susanne Wiesinger, die als Sachbuchautorinnen sehr genau wissen, wovon sie sprechen, macht die ideologischen Abgründe offensichtlich, die in der Themenkombination Schule und Integration klaffen. Und tragikomisch lesen sich weiterhin auch die Verstrickungen um den Casinos-Austria-Kurzzeitdirektor Peter Sidlo, denen Christina Hiptmayr nun neue Petitessen hinzufügt: Neben Sidlos dreisten elektronischen Nachrichten an den damaligen FP-Nationalratsabgeordneten (und Ibiza-Video-Sidekick) „Joschi“ Gudenus geht es in den jüngsten Enthüllungen auch um Honorare in Höhe von 260.000 Euro, die – Sie ahnen es – für kaum nachweisbare (und naturgemäß auch schön unter Verschluss gehaltene) „Beratungsleistungen“ bezahlt wurden.

Einen heiter-besinnlichen Donnerstag wünscht Ihnen die profil-Redaktion!

Stefan Grissemann

PS: Gibt es etwas, das wir an der „Morgenpost“ verbessern können? Das Sie ärgert? Erfreut? Wenn ja, lassen Sie es uns unter der Adresse [email protected] wissen.

Stefan   Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.