Ex-Stadtkino-Chef Schwartz übernimmt Viennale: "Undenkbar, nein zu sagen"

Ein Filmkenner und Kulturpolitikstratege: Der ehemalige Stadtkino-Chef Franz Schwartz übernimmt die Viennale interimistisch.

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Nach dem Tod des langjährigen Viennale-Chefs Hans Hurch vor vier Wochen – er wurde am 17. August im Ehrenhain des Wiener Zentralfriedhofs beigesetzt – hat die Geschäftsführung des Festivals nun einen interimistischen Leiter für alle sofort nötigen Entscheidungen verpflichtet. Hurch stand, als er starb, mitten in der Planungsarbeit; in achteinhalb Wochen (am 19. Oktober) soll die Viennale 2017 eröffnet werden. Mit Franz Schwartz hat man nun eine prononcierte Persönlichkeit gefunden, einen Mann, der die internationale Kinoszene bestens kennt, der im profil-Gespräch allerdings auch festhält, dass er "nur für die Fertigstellung dieser einen Festivalausgabe" zur Verfügung stehe – "so lange, bis ein Ergebnis der Ausschreibung vorliegt". Im November wird die Viennale-Leitung ausgeschrieben werden, spätestens im Februar 2018 soll das Wiener Filmfest über eine neue Direktion verfügen.

Schwartz, 67, den Hurch vor wenigen Jahren als "eine der wichtigsten Figuren in der Filmkultur der letzten Jahrzehnte" bezeichnete, hatte bis 2009, fast drei Jahrzehnte lang, das in Sachen Cinephilie maßgebliche Wiener Stadtkino geführt, war seither nur noch im Viennale-Kuratorium tätig. Er habe "sofort zugesagt", erklärt Schwartz, "weil mir – aus Verbundenheit mit Hans Hurch – völlig klar war, dass ich das machen muss. Es erschien mir tatsächlich undenkbar, nein zu sagen. Das Programm der Viennale 2017 sei "derzeit, grob geschätzt, zu zwei Dritteln fertig geplant". Aber es gebe noch Unmengen zu sichten, auch beim Filmfestival in Venedig. Vieles sei vorgegeben, in weiten Teilen seien auch die Nebenschienen und Tributes schon fixiert. "Ich greife selbstverständlich nicht in Entscheidungen ein, die Hans bereits getroffen hat: Filme, die er abgelehnt hat, bleiben abgelehnt, und Filme, die er für sein Festival wollte, bleiben im Programm. Ich werde nur über Filme befinden, die er nicht gesehen hat oder die er auf Reserve gesetzt hat."

Nur in einer Hinsicht hat Schwartz bislang noch keinen Plan: Die Eröffnungszeremonie sei "für mich noch ungeklärt, denn ich bin kein großer Redner, und Hans Hurch ist da nicht zu ersetzen. Wir werden sehen, ob wir eine markante Lücke lassen oder ob wir uns für eine Alternative entscheiden."

Stefan   Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.