Am Anfang war der Klang des Regens, kurz darauf das Läuten von Glocken. Diese versprachen aber keine himmlischen Glücksegnungen, nein, da stand der Weltuntergang klangtechnisch kurz bevor. Ruhig und bedrohlich beginnt „Black Sabbath“, der erste Song auf dem gleichnamigen Debütalbum der Band Black Sabbath, aufgenommen im Herbst 1969, veröffentlicht im Februar 1970. Nach zünftiger Gitarrenarbeit grätscht eine damals noch völlig unbekannte, falsettierende Quietschestimme mit betont langsamer Aussprache dazwischen und stellt folgende Frage: „What is this that stands before me?“
Die Stimme gehörte John Michael Osbourne aus dem englischen Birmingham, und das, was in den nächsten 41 Minuten (und auf den Alben danach) vor dem damals noch jungen Mann stand, das gilt heute in einschlägigen Kreisen als Geburtsstunde des Heavy Metal. Alles davor, das war allenfalls Hard Rock. Black Sabbath (das waren neben Osbourne noch Gitarrist Tony Iommi, Bassist Geezer Butler und Drummer Bill Ward) definierten ein Genre, prägten mit Iommis unverkennbar zähen Donnergroll-Riffs nicht nur den Doom Metal, sondern nahmen unzählige, erst später durchgesetzte Metal-Auswüchse ästhetisch vorweg.
Das Charisma des Frontmanns hat zum Erfolg stark beigetragen: Osbourne war Arbeiterkind, Schulabbrecher, Exzentriker, Drogenwrack und Rockstar – einer, der nirgendwo zu passen schien. Ein Satanist muss das sein! Sogar Fledermäusen beißt er den Kopf ab! Mama mag das nicht, und die Schulfreunde sind auch skeptisch: Das ist der Stoff, aus dem die Metal-Fan-Träume gemacht sind.
Nach Sabbath-Welterfolgen in den 1970er-Jahren, nach Klassikern wie „Paranoid“, „War Pigs“, „Children of the Grave“ und „Iron Man“, artete Osbournes Sucht nach Rauschmitteln aus, die Trennung von Black Sabbath folgte. Die Band machte ihr eigenes Ding, Osbourne traf seine spätere Frau Sharon Arden, und sie – so schien es von außen betrachtet – schaffte es, ein wenig Ordnung in das Chaos „Ozzy“ zu bringen. Er startete Anfang der 1980er-Jahre eine höchst einträgliche, dem Kitsch nicht immer ferne Solokarriere: Bei Songs wie „Mama, I’m Coming Home“ weinen selbst die Härtesten – und nicht mal heimlich.
Osbourne war aber nicht nur ein Vorreiter seiner Zunft, auch eine gewisse Familie Kardashian aus Amerika ist ihm (und Sharon) zu Dank verpflichtet: Die Home-Reality-MTV-Serie „The Osbournes“ führte ihn als feinmotorisch unbegabten, tapsig-schrulligen Familienvater vor. Was ins kollektive Pop-Gedächtnis der 1990er-Jahre einging und unweigerlich vor Augen führte, dass Metal-Ikonen oft ebenso spießig sein konnten wie deren Fans.
2013 kehrte Black Sabbath mit dem erstaunlich guten Album „13“ in Beinahe-Original-Besetzung wieder zurück (nur Bill Ward fehlte). Der letzte Auftritt der Band auf österreichischen Boden fand im Juni 2016 in der Wiener Stadthalle statt. Die Feinmotorik machte damals keine Probleme, Osbourne wirkte so nahbar und euphorisch, als könnte es für immer so weitergehen. Doch leider: Die später angekündigte Solo-Tour gab es nicht mehr – erst kam die Pandemie dazwischen, dann die Gesundheit.
Vor drei Wochen haben sich Black Sabbath (in Originalbesetzung) in ihrer Heimatstadt Birmingham von der Bühne verabschiedet. Es war ein großes Benefiz-Event der kommerziellen Rockmusik. Der „Godfather of Metal“ (wie Osbourne von seinen Fans genannt wird) saß gezeichnet von Leben und Parkinsonkrankheit auf einem schwarzen Thron. Und doch: Der „Prince of Darkness“ konnte es noch immer.
Mit ihm hat die globale Metal-Szene nun ihre stärkste Ikone verloren: Vergangenen Dienstag ist Ozzy Osbourne 76-jährig im englischen Birmingham gestorben.