Wüstenstaub & Plastikplage: Ein Film untersucht die EU-Flüchtlingspolitik in Afrika
In der nigrischen Provinz Agadez wurde, weitgehend unbeachtet von der Weltöffentlichkeit, so etwas wie eine „westafrikanische Schengengrenze“ errichtet, denn dort liegt ein Nadelöhr der Migration Richtung Europa: Fast alle der aus den subsaharischen Gebieten Flüchtenden müssen durch Agadez, wo sich tragfähige Transportnetze etabliert haben.
Die EU hat hier fast ein Jahrzehnt lang in die Linderung der Flüchtlingskrise investiert, hat Sicherheitskräfte ausgebildet, um die Grenze zum fernen Mittelmeer bereits hier, wo jedes Jahr geschätzte 150.000 Emigrationswillige durchkommen, undurchlässig zu machen. Seit dem Militärputsch im Juli 2023 sind diese Bemühungen allerdings größtenteils hinfällig.
Das Regie-Duo Gerald Igor Hauzenberger und Gabriela Schild hat in seinem Dokumentarfilm „On the Border“ eine Reihe von Menschen in der Region zwischen 2018 und 2023 begleitet, deren Alltag studiert, um ein tiefenscharfes Bild von Ereignissen zu entwerfen, die in westlichen Nachrichten kaum je wahrnehmbar werden. Der Film, klar strukturiert, sachlich erzählt und mit minimalistischem Musikeinsatz versehen, regt zur Reflexion an.
Die Ambivalenzen, die Hauzenberger und Schild zutage fördern, sind mit Händen zu greifen: Europas Interventionen tragen zur politischen Instabilität, zur Armut im Land noch bei, da die finanzielle Kompensation für den Ausfall der Fluchthilfe viel zu gering ist. Arbeitslosigkeit grassiert, das von Flüchtenden wie Grenzschützern importierte Plastik sorgt für irreversible Umweltschäden, der illegale Menschen-, Waffen- und Drogenschmuggel läuft weiter. Die kolonialen Nachwehen leisten auch dem Terror Vorschub, eine Geschichte konkret bedrohter Demokratie zeichnet sich ab.