Satire

Das Beste aus allen Welten

Mit KPÖ und Bierpartei eröffnen sich auch auf Bundesebene ungeahnte Möglichkeiten für hübsche neue Koalitionen.

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Das in seiner Gesamtheit doch eher ungewöhnliche Ergebnis der Salzburger Landtagswahl lässt Schockwellen durch die heimische Politlandschaft rollen. Gewissheiten haben zwar in den vergangenen Jahren ohnehin schon heftiger gewankt, als man das gewohnt war, aber mit dem erstaunlichen Erfolg der KPÖ und vorher schon von Bierpartei-Chef Dominik Wlazny bei der Bundespräsidentenwahl tun sich mit einem Mal ungeahnte neue Möglichkeiten auf. Und zwar vor allem im Hinblick darauf, welche Koalitionen nach der spätestens im Herbst nächsten Jahres stattfindenden Nationalratswahl möglich sein werden.

Bis vor Kurzem war eigentlich immer nur von zwei Varianten die Rede. Zum einen ist das Schwarz-Blau. Hier hat die ÖVP das Problem, dass sie nach momentanem Stand nur der Juniorpartner von jemandem wäre, der seinerseits unverdrossen den Juniorpartner von Wladimir Putin gibt und auch sonst gelinde gesagt etwas eigen ist. Da hülfen wohl nur die von Karl Nehammer ohnehin als universelle Problemlöser geschätzten Alkohol und Psychopharmaka, um sich diese Konstellation in dieser Reihenfolge schönzusaufen. Darum ist der Kanzler ja gerade so bemüht, seine Linie bei Bleifüßen und bulgarischen Grenzzäunen so zu adaptieren, dass möglicherweise der eine oder andere an die FPÖ verlustig gegangene Ex-Kurzianer wieder zurückkehrt. Und solcherart eben eine Neuauflage von Schwarz-Blau möglich wird, bei der Kickl nicht Kanzler, sondern wieder „nur“ Innenminister ist. Auf diesem Posten hat er ja schließlich schon einmal eindrucksvoll reüssiert.

Jetzt hat die ÖVP zwar in der laufenden Periode durchaus, äh, erfolgreich bewiesen, dass es mit „dem besten aus beiden Welten“ auch geht. Allerdings dürften für eine ähnliche Idee nach der nächsten Wahl die Welten etwas zahlreicher werden müssen. Wie auch bei der Ampel, der zweiten oft besprochenen und vor allem von der SPÖ herbeigelechzten Konstellation aus Rot, Pink und Grün. Die wiederum nur leider einen Haken hat: die SPÖ. Die mittlerweile tägliche öffentliche Bewerbung für einen neuen Armseligkeits-Award – nennen wir ihn den „Christian-Deutsch-Orden in Blech“ – wird eher nicht ausreichen, um zumindest in die Gegend der 30 Prozent zu kommen, die es dazu bräuchte. Allerdings könnte man ja auch einfach die KPÖ dazunehmen. Die Überschneidungen zwischen der als Partei getarnten Caritas und der SPÖ wären zweifellos mit Andreas Babler an der Spitze am größten, da wären dann endlich großflächige Enteignungen und anschließende Umverteilung zu den unterprivilegierten Massen möglich, Milch und Honig und tiefergelegte BMWs würden für alle fließen und nicht mehr nur für die zahllosen Superreichen, die Österreich bekanntlich hat. Wer von beiden am Ende die Nase vorn hätte, wagt man im Moment aber kaum mehr zu prognostizieren. Zwei Punkte sprechen hier für die KPÖ: Erstens wird ihre Spitzenkandidatin sicher nicht Pamela Rendi-Wagner sein. Und selbst wenn diese auch nicht SPÖ-Spitzenkandidatin werden sollte, bleibt da noch das Alleinstellungsmerkmal der KPÖ. Sie ist in Graz und jetzt in Salzburg ja nicht zuletzt deshalb so beliebt geworden, weil die Spitzenfunktionäre ihr Politikergehalt verschenken. Von Andreas Babler ist derlei nicht bekannt – sondern eher das Doppelbezugsgegenteil. Der Sack-und-Asche-Stil kommt aber sehr gut an, so haben wir unsere Politiker gern. Bescheiden – und immer und überall für jeden Einzelnen von uns persönlich da. Eigentlich sollten sie ja sogar was draufzahlen.

Sollten aber auch diese vier gemeinsam nicht über 50 Prozent kommen, gibt es immer noch die Bierpartei. So eine Fünferkoalition hätte natürlich ungeheuren Charme, auf Twitter wären sie glücklich wie nur was. Vielleicht wäre die Mehrheitsfindung manchmal etwas zäh, aber mit ein wenig gutem Willen geht das schon.

Man könnte es aber auch so sehen: Die Linke splittet sich, getreu dem von ihr so innig geliebten Identitätsfetisch, in immer mehr und immer kleinere Bestandteile auf. Das ist insofern praktisch, weil dann jeder recht behalten kann. Zwischen den einzelnen Parteien würde es natürlich Fluktuation geben – aber halt leider nur zwischen denen. Die zahlreichen Yannicks und Hannahs, die, als Kinder von meist schwarzen Eltern, bisher bei den Grünen für die antikapitalistische Weltrevolution probten, könnten zur KPÖ überlaufen – wie es ja auch der Salzburger Robin Hood Kay-Michael Dankl vorgezeigt hat. Wenn nicht Andreas Babler, sondern Hans Peter Doskozil die SPÖ übernehmen sollte, könnten sensible „Kein Fußbreit“-Wähler auch zur KPÖ gehen. Wenn Dominik Wlazny kundtut, für die Verstaatlichung sämtlicher Brauereien einzutreten, um die Versorgung zu vernünftigen Preisen sicherzustellen, könnte das wiederum die KPÖ potenziell einiges kosten. NEOS-Wähler könnten sich irgendwann die Frage stellen, warum sie nicht gleich die Grünen wählen sollen, wenn die Unterschiede mit freiem Auge kaum mehr wahrnehmbar sind. Und so weiter und so fort.

Und am Ende all dieser aufregenden Verschiebungen hätten wir dann: Schwarz-Blau. Hmm.

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort