Fader Tag

Der peinliche Vatertag wurde medial dankenswerterweise dafür genützt, mit dem Patriarchat abzurechnen. Passiert ja auch sonst praktisch nie.

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Jetzt haben wir den heurigen Vatertag also auch überstanden. Zum Glück. Aber keineswegs glücklich. Denn dieser Tag mag ja alles Mögliche sein – aber ganz sicher kein Grund zum Feiern. Das haben heuer endlich auch die heimischen Qualitätsmedien erkannt – und zwar trotz der beschämenden Tatsache, dass in den zugehörigen Redaktionen Frauen im Allgemeinen und Feministinnen im Besonderen ja himmelschreiend unterrepräsentiert sind.

„Vatertag: Männer hinken bei Sorgearbeit hinterher!“, titelte etwa ORF Online, also die meistgelesene Nachrichtenseite des Landes. Der „Standard“ verlegte seine Abrechnung mit dem doch deutlich weniger großartigen der beiden Geschlechter in den Kulturteil: „,I love you, Daddy‘: Abwesende Väter in der Literatur.“ Immerhin gab es aber auch eine zweite Geschichte, die Männern unvorsichtigerweise zumindest die theoretische Möglichkeit eines guten Kerns ließ: „Wie Väter oft still ihre Liebe zeigen.“ Laut tut’s ja natürlich wieder mal keine von diesen Pfeifen. Sehr erbost über die bloße Existenz des Vatertags zeigte sich auch moment.at, die publizistische Stalinorgel des Momentum-Instituts, das sich selbst beharrlich als linker „Thinktank“ versteht – wenn es schon sonst keiner tut. „Jeder Tag ist Vatertag: Mütter schenken Vätern knapp eine Million Lebenseinkommen!“, donnerte es von der kapitalismuskritischen Kanzel. Und das natürlich völlig zu Recht!

Ältere Semester wie ich werden sich ja möglicherweise in puncto Vatertag daran erinnern, dass sie aus ihrer Jugend dazu keinerlei Erinnerung haben. Damals gab es den schlicht nicht. Und dass das in der Zwischenzeit traurigerweise anders ist, liegt natürlich nicht etwa daran, dass die Wirtschaft neben ihren Blumensträußen vom Muttertag gerne auch noch ihre Krawatten und ihr Pitralon unter die Leute gebracht sehen wollte. Sondern natürlich an den sattsam bekannten radikalen Väterrechtsgruppen, die ohne Unterlass dafür lobbyiert und demonstriert haben. Weil es ihnen nicht gereicht hat, das ganze Jahr über ihre Schreckensherrschaft auszuüben, nein: Sie wollten dafür auch noch extra gefeiert werden!

Aber diese Chuzpe wurde mittlerweile glücklicherweise als solche entlarvt, der Vatertag wieder von seiner degoutanten Widmung befreit – und in die Reihe der anderen Tage eingegliedert, an denen die rituellen Gesänge des modernen Opfer-Feminismus angestimmt werden. Und zwar immer dieselben. Rituellen Gesängen wohnt nun einmal eine gewisse Tendenz zur Redundanz inne, auch die balkanischen Klageweiber erfinden schließlich nicht bei jedem Begräbnis das Rad neu. Und die stete, keineswegs irgendwie lähmende Wiederholung führt ja hoffentlich irgendwann auch dazu, dass das Unrechtsbewusstsein des Publikums geschärft wird, das ist ja schließlich nicht zum Spaß hier. An all den anderen diesbezüglich zweckgewidmeten Tagen allein geht sich das einfach nicht mehr aus. Auch nicht, wenn man mehrere Equal-Pay-Days im Jahr begeht, an denen immer und immer wieder die traumwandlerisch sichere Beherrschung der Grundrechnungsarten anhand von Äpfeln und Birnen demonstriert wird. Und auch die mediale Ausdehnung des Internationalen Frauentages auf mittlerweile zwei bis drei Wochen, die mit lauter tief berührenden Leidensgeschichten austapeziert werden, ist maximal ein Tropfen auf den heißen Stein.

Wie viel Arbeit hier von den Aktivistinnen mit Presseausweis noch zu leisten ist, zeigt sich ja leider immer wieder an den Wahlergebnissen. Denn vor allem der gerade todschicke intersektionale antikolonialistische Queerfeminismus mit all seinen klugen Verhaltens- und Denkvorschriften ist an der Wahlurne noch nicht unbedingt eine flächendeckende Erfolgsgeschichte – wiewohl es durchaus schon Politiker gibt, die ihm viel verdanken. Als Erster wäre hier sicherlich Donald Trump zu nennen. Und besonders betrüblich ist es, dass sich bei der letzten Nationalratswahl in Österreich das Wahlverhalten von Frauen und Männern nur marginal unterschied, also auch die Frauen eine deutliche – antifeministische! – Tendenz nach rechts zeigten. Das wiederum liegt natürlich daran, dass Männer generell skrupellose Manipulatoren sind, die ihre Frauen gehirnwaschen. Eine Art Stockholm-Syndrom, man kennt das ja auch von anderen Geiselnahmen.

Umso wichtiger also, die reine Lehre zu predigen – und es die, die das nicht hören will, dann auch einmal fühlen zu lassen. Also zum Beispiel als Leykam Verlag eine Autorin zu canceln, die beim feministischen Unbedenklichkeitsnachweis durchgefallen ist. Weil sie dem Irrweg des nicht-intersektionalen Feminismus nicht abschwören will und provokant statt des einzig korrekten „Flinta“ lieber „Frau“ sagt. Das war dann – trotz Vatertag – in der vergangenen Woche doch noch ein großer Sieg für die Bewegung. Und man kann sicher sein: Weitere Triumphe dieser Güte werden folgen.

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz