Meinung

Klimaproteste: Voller Einsatz für unsere Zukunft

Global-2000-Chefin Agnes Zauner solidarisiert sich mit den "Klimaklebern" der "Letzten Generation". Anders als ihre Vorgängerin Leonore Gewessler.

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Gastkommentar von Agnes Zauner

Vor ein paar Wochen rief mich mein bester Freund an, mit wunderbaren Nachrichten. Er und seine Frau erwarten ihr erstes Kind. Die beiden werden tolle Eltern sein, doch dann fragte ich mich, in was für einer Welt wird dieses Kind aufwachsen? Denn in meiner Arbeit sehe ich täglich, worum es jetzt geht: um alles!

Während wir nach der ergebnislosen Klimakonferenz wieder in unseren Alltag zurückkehren, kämpfen viele Menschen weltweit, insbesondere Frauen, schon heute mit den Auswirkungen der Klimakrise. Dürre, Fluten und Waldbrände nehmen jedes Jahr zu, Hitzewellen fordern immer mehr Todesopfer, und die Wasser-und Nahrungsversorgung wird in vielen Regionen zunehmend unsicherer. Für viele ist Klimaschutz schon heute eine Frage des Überlebens. 

Das haben auch die vielen jungen Aktivistinnen und Aktivisten verstanden, die täglich auf die Straße gehen. Sie wissen: Auch Österreich wird nicht verschont bleiben, und wenn wir nicht mehr genug Essen anbauen können und unsere Quellen vertrocknen, dann droht auch uns die Flucht. Nur: Wohin können wir dann noch gehen?

Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Noch können wir auf die Bremse steigen! Wir können nicht nur einen Klimakollaps verhindern, sondern sogar besser leben. Denn wir verzichten jetzt auf so viel, was wir aber leicht haben könnten mit einem klima-und menschengerechten Wandel. Wenn wir es schaffen, dann gibt es bessere Luft, weniger Lärm, regionales Essen ohne giftige Spritzmittel, wir werden weniger wegschmeißen, weil alle Konsumgüter eine bessere Qualität haben und wir sie auch reparieren können. Statt im Stau zu stehen, werden wir uns auf den Marktplätzen in belebten Ortskernen treffen und unsere Kinder ohne Gefahr vor unseren Häusern spielen lassen. Wir werden uns die Fürsorgearbeit gerechter aufteilen und mehr Zeit für unsere Kinder haben, weil wir ein gerechteres Lohn-und Arbeitssystem haben und fairen und leistbaren Zugang zu Mobilität.

Das fordern auch die jungen Menschen, die sich für das Klima einsetzen. Nicht nur Klimaschutz, sondern Klimagerechtigkeit-eine Welt, in der die, die Schaden anrichten, für diesen auch geradestehen müssen, und alle das haben, was sie für ein gutes Leben brauchen. Nicht weniger, aber eben auch keine Verschwendung mehr für einige wenige! 

Diese Aktivistinnen und Aktivisten kämpfen nicht allein. Hinter ihnen und ihren Forderungen steht die gesamte Umweltbewegung und mittlerweile auch große Teile der Bevölkerung. Ihre Forderungen sind weder neu noch extrem. Sie sind wissenschaftlich fundiert, leicht umzusetzen und wären der Grundstein für ein friedliches Zusammenleben. Ein wirksames Klimaschutzgesetz, der Umbau unseres Heiz-und Energiesystems auf nachhaltige und leistbare Alternativen, ein Verbot von neuen Öl-und Gasprojekten, Tempo 100 auf der Autobahn und kein Fracking im Weinviertel. Keine dieser Forderungen zwingt uns dazu, viel aufzugeben, und wir haben so viel zu gewinnen. Dennoch gibt es hier Blockierer wie EVN, TIGAS und WKO, die nach wie vor versuchen, den Diskurs auf die Methoden des Protests zu lenken, statt auf das, was eigentlich zählt: die Veränderung, die wir dringend brauchen.

Lange sind die Warnungen der Wissenschaft ungehört verhallt, jetzt wird die Bewegung lauter, verzweifelter in dem Versuch, sich endlich Gehör zu verschaffen. Sie wollen das, was für die Generationen vor ihnen noch selbstverständlich war: eine Zukunft, einen Planeten, auf dem man leben kann. Um die Kehrtwende von Klimakatastrophe zu Klimagerechtigkeit noch zu schaffen, brauchen wir die ganze Bandbreite der Klimabewegung. Jede laute und leise Stimme. Gemeinsam können wir den Druck erzeugen, den es braucht, um auch Politik und Wirtschaft endlich zu einem Umdenken zu bewegen.

Ich erwarte mir jetzt von unseren demokratisch gewählten Volksvertretern, dass sie die Rechte unserer Kinder verteidigen. Sie müssten es besser wissen: In der Zukunft, auf die wir derzeit zusteuern, gibt es weder fruchtbaren Boden noch intakte Ökosysteme. Es gibt keine Wirtschaft und keinen Gewinn. Auch unser Rechtsstaat ist dann in Gefahr. Wenn unsere Kinder uns also in einigen Jahren zur Rede stellen, wollen wir dann wirklich sagen, dass wir auf die FPÖ und andere gehört haben, die die Bewegung als "Radikale" und "Klimaterroristen" abgestempelt haben, oder auf die EVN, die behauptet, dass wir keinen Gasausstieg brauchen, weil wir das Märchen vom erneuerbaren Gas glaubten? Wollen wir ihnen wirklich in die Augen schauen und sagen müssen: Wir haben gewusst, dass wir auf die Wand zurasen, aber wir sind einfach weiter am Gas geblieben? 

Ich werde gemeinsam mit GLOBAL 2000 und der gesamten Klimabewegung weiterkämpfen. Dafür, dass ich in ein paar Jahren dem Kind meines besten Freundes sagen kann: Wir hatten die Wahl zwischen Katastrophe und Transformation, und wir haben uns dafür entschieden, eine Welt zu bauen, in der alle Kinder die Zukunft haben können, die sie verdienen.

Agnes Zauner ist Geschäftsführerin der österreichischen Umweltorganisation Global 2000. Sie ist in dieser Funktion Nachfolgerin von Umweltministerin Leonore Gewessler. Gewessler hatte sich jüngst von den Klimaklebern distanziert, um "die Leute auf dem Weg zur Lösung nicht zu verlieren".