Rainer Nikowitz

Rainer Nikowitz Äpfel und Birnen

Äpfel und Birnen

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profil: Herr Präsident, es ist noch gar nicht lange her, da waren Sie zu Gast in Österreich und haben mit dem Bundespräsidenten gescherzt. Ein paar Wochen später ist die Situation rund um den Konflikt in der Ukraine schon weitaus weniger lustig.
Putin: Finden Sie? Also, ich lache mich jeden Tag schief.

profil: Wie schaffen Sie das?
Putin: Ich schaue russische Nachrichten. Ich sage Ihnen: Gegen die ist Jon Stewart Alfons Dalma!

profil: Nach dem Abschuss der malaysischen Passagiermaschine hat der Westen seine Sanktionen gegen Russland verschärft.
Putin: Ja. Das war ein ausgesprochen unfreundlicher Akt. Schließlich waren wir es gar nicht.

profil: Aber die prorussischen Separatisten in der Ost-Ukraine.
Putin: Russische Nachrichten sagen etwas anderes. Und die chaben eine wirklich zuverlässige Quelle.

profil: HC Strache?
Putin: Nein, der chat es auch von mir. Nach den bisherigen Recherchen gibt es mehrere Möglichkeiten: Entweder, es war das ukrainische Militär. Oder eine Langstreckenrakete aus den USA. Oder ein Asteroid. Oder die Außerirdischen. Aber ganz sicher keine prorussischen Separatisten.

profil: Verstehe. Und selbst wenn die es doch gewesen sein sollten: Die haben ja überhaupt nichts mit Ihnen zu tun, oder?
Putin: Ah! Wollen Sie vielleicht einen Job bei den russischen Nachrichten?

profil: Das ist ein verlockendes Angebot. Vielleicht komme ich irgendwann darauf zurück. Jedenfalls, als Antwort auf die neuen Sanktionen haben Sie jetzt einen Import-Stopp für Lebensmittel aus den EU-Staaten verhängt.
Putin: Aber nein! Nicht als Antwort auf irgendwas. Es ist schlicht so, dass ich den von meiner Politik chaltlos verwöhnten Gaumen meiner Landsleute die mindere Qualität der in der EU erzeugten Lebensmittel nicht mehr zumuten kann.

profil: In Polen, das vor allem eine große Menge von Äpfeln exportiert hat …
Putin: Gutes Beispiel! Die waren alle wurmig.

profil: Natürlich. Aber jedenfalls hat sich dort im Internet sofort eine große Gegenbewegung formiert: Äpfel essen gegen Putin.
Putin: Ja! Ich war richtig schockiert, als ich das gechört chabe. Eine Gegenoffensive! Im Internet! Ich chabe nicht einmal mehr richtig schlafen können!

profil: Tatsächlich.
Putin: Ja! Sicher so zehn, 15 Minuten.

profil: Sie scheinen Europa nicht wirklich ernst zu nehmen.
Putin: Lassen Sie mich kurz einmal überlegen … Stimmt!

profil: Glauben Sie nicht, dass die gegenseitige Belegung mit Sanktionen Russland mehr schaden wird als dem Westen?
Putin: Also gut, schauen wir uns das an: Die EU darf keine Äpfel und keinen Schweinespeck mehr nach Russland verkaufen. Was passiert in EU? Chellste Aufregung, Krisengeschrei und Rufe nach Wiedergutmachung für die Bauern. Und was passiert in Russland?

profil: Nun ja. Vielleicht wenigstens ein Protestmarsch von „Slow-Food Moskau“?
Putin: Russen chaben keine Zeit für First-World-Problems.

profil: Trotzdem: Die russische Wirtschaft leidet jetzt schon. Und sie wird noch viel stärker leiden.
Putin: Apropos leiden: Wie viel Grad hat es eigentlich gerade in Wien?

profil: Um die 30.
Putin: Ah! Sehr schön. Und wie viel Grad wird es in, sagen wir, drei Monaten chaben? Immer noch 30, choffe ich?

profil: Eher nicht.
Putin: Oje! Blöd.

profil: Ich weiß, worauf Sie hinauswollen! Aber Sie werden doch nicht ernsthaft glauben, dass der Westen mit der Gaskeule zu erpressen ist! Dass er deshalb seine Prinzipien verrät! Dass er die Menschen in der Ukraine allein lässt bei ihrem Bestreben, sich nicht von einem mächtigen Nachbarn unterdrücken zu …
Putin: Mein Freund CHC Strache würde jetzt wahrscheinlich einen von seinen wunderbaren kleinen Reimen zu Besten geben.

profil: Und zwar?
Putin: „Lieber vor dem Russen kuschen – als im Jänner eiskalt duschen!“

profil: Sie würden die Situation wirklich so weit eskalieren lassen?
Putin: Was glauben Sie, würde dann im Westen passieren?

profil: Das will ich mir lieber gar nicht erst vorstellen.
Putin: Und was, glauben Sie, würde in Russland passieren?

profil: Na ja, Russland hätte ohne den Gasverkauf enorme Einnahmenausfälle.
Putin: Ja, schon. Aber was würde passieren?

profil: Nun ja. Würde vielleicht „Slow-Food Moskau“ dann einen Protestmarsch …?
Putin: Sehen Sie? Aber ich bin guten Mutes, dass alles nicht so schlimm kommen wird, weil wir gemeinsam einen Weg finden werden, das zu verhindern. Also: Wer chat denn nun dieses Flugzeug abgeschossen, was meinen Sie?

profil: Vitali Klitschko! Mit einer Steinschleuder!
Putin: Cha! Das muss ich den russischen Nachrichten erzählen!

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Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort