Satire

Rainer Nikowitz: Leerplan

Die Pisa-Studie ist wieder nur bedingt erfreulich. Aber Bildungsexperten aus ÖVP, SPÖ und FPÖ wissen zum Glück genau, was jetzt zu tun ist.

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profil: Herr Minister, die Ergebnisse der neuesten Pisa-Studie haben eigentlich auch auf den zweiten Blick nicht unbedingt ermutigend ausgesehen. Trotzdem haben Sie sie fast schon euphorisch gefeiert.
Polaschek: Weil Sie ja auch ein herausragender Erfolg sind! Wir liegen bitteschön über dem OECD-Schnitt. 
Vilimsky: Ah scho was. Damit würden wir uns niemals zufriedengeben. Gerade bei der Bildung ist für die FPÖ nur das Beste gut genug!
Ludwig: Des is der beste Witz seit dem Farkas. 
Polaschek: Und außerdem: Wir haben die Deutschen jetzt nicht nur im Fußball geschlagen – sondern auch auf der Schulbank! Österreicherherz, was willst du mehr?
profil: Das Problem ist nur: Österreich hat sich leider auch verschlechtert. Hilft es da wirklich, sich damit zu trösten, dass andere noch schneller verblöden?
Polaschek: Wenn Sie sich alle bisherigen Pisa-Tests anschauen, dann werden Sie schnell feststellen, dass bisher nahezu jeder schlechter ausgefallen ist als der vorherige. 
 

„Wir haben die Deutschen geschlagen! Ich bin der Hans Krankl der Bildung!“

profil: Ja, hier zeichnet sich durchaus ein langfristiger Trend ab, der für die Zukunft nur Gutes bedeuten kann. Aber was wollen Sie mir damit sagen?
Polaschek: Nun, zum einen: Ich bin nicht schuld. 
Ludwig: Genau. Als ob schon jemals irgendwer in der ÖVP an irgendwas schuld gewesen wär.
Polaschek: Bleiben Sie fair – ich bin erst seit kurzer Zeit Minister. Wenn ich etwas zu verantworten habe, dann ja wohl viel eher die famose Schlussoffensive, mit der wir die Deutschen noch paniert haben! 
profil: Eine Tatsache, die Sie noch gar nicht erwähnt hätten.
Polaschek: Ich bin quasi der Hans Krankl des Bildungssystems!
Vilimsky: Na, der wird si schön bedanken.
profil: Hans Krankl wollte aber nicht nur Tore schießen, sondern am Ende auch Meister werden. 
Polaschek: Das werden wir schon noch.
profil: Aber wie? Herr Bürgermeister, Sie haben jüngst namens der gesamten SPÖ dafür plädiert, Dinge wie die Matura oder überhaupt die Beurteilung mit Noten abzuschaffen. Warum?
Ludwig: Nun, es führt sicherlich bei vielen zum allseits gefürchteten Unwohlsein, wenn sich die nicht gänzlich unfallfreie Beherrschung des kleinen Einmaleins in einem Zeugnis niederschlägt. Und diskriminierend ist es sowieso, wenn sie dir schon mit zehn mutwillig den Biologie-Nobelpreis verhageln, nur weil du vielleicht ein Nashorn als Libelle liest. Obwohl das Nashorn das ja möglicherweise so will! Da können wir als Partei der sozialen Wärme einfach nicht tatenlos zuschauen. Wir lassen niemanden auf dem Weg zum Nobelpreis zurück. 
Polaschek: Und das Rechnenkönnen war ja in der SPÖ sowieso immer schon verpönt. Und bei Gegenfinanzierungen ist es neuerdings sogar unmoralisch.  
 

Ludwig: Wenn ich mir anschau, wer aller Geld mit dem Herrn Benko verbrannt hat, dann dürfte es mit den Rechenkünsten auf konservativer Ebene auch nicht ganz so weit her ein, oder?
Vilimsky: Schauen Sie, es ist doch alles ganz einfach.
Ludwig: Es wär nicht die FPÖ, wenn nicht.
Vilimsky: Und es wär nicht Wien, wenn es nicht dort die größten Probleme geben würde. Ausgelöst durch ihre unverantwortliche Politik. Wenn die Hälfte der Schüler nicht einmal Deutsch kann – wie soll das funktionieren?
Ludwig: Das können Sie ja auch nicht – und schauen Sie, wie weit es der kleine Harald dann doch noch gebracht hat.
Polaschek: Ganz unrecht hat der Kollege Vilimsky aber nicht.
Ludwig: Aha! Hör ich da etwa schon Blau-Schwarz an die Tür klopfen?
Polaschek: Wobei: Durch das Sprachproblem bleiben leider sicher auch viele Begabungen in anderen Fächern unentdeckt. Wer weiß, wie viele aufgeweckte Nachwuchs-Nahost-Experten wir in den letzten Wochen noch in unseren Klassenzimmern entdeckt hätten – wenn sie nur besser Deutsch sprächen. 
Ludwig: Ihr Wien-Bashing ist nur peinlich. Das goutieren die Wienerinnen und Wiener sicherlich nicht.
Vilimsky: Vor allem die vielen, die in Wien Sie wählen und zu Hause dann den Erdoğan. 
profil: Wir schweifen ab. Was hätte denn die FPÖ für ein Bildungsrezept?
Vilimsky: Vieles kann leider nie wieder aufgeholt werden, weil es durch die unmenschlichen Corona-Maßnahmen verursacht wurde. 
Ludwig: Himmel! Wie lang wollen Sie jetzt noch auf dem herumreiten?
Vilimsky: Nur so lang es Stimmen bringt. Und ansonsten: Alle ausse! Problem gelöst.
profil: Ah eh. Und was plant die ÖVP?
Polaschek: Das einzig Mögliche in dieser Situation: Wir erhöhen die Förderungen für die Privatschulen. Wegen der Wahlfreiheit.
profil: Das sind wirklich drei vielversprechende Ansätze. Das Fazit kann also nur lauten: Alles wird gut.  

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort