Rainer Nikowitz: Ungemein nützig

Wenigstens in einem sind sich ÖVP, SPÖ und FPÖ einig: Sie sind alle begeisterte Vereinsmeier. Und das völlig ohne Hintergedanken!

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Das ist ja wieder einmal typisch: Da gibt es mehr als 120.000 Vereine in Österreich. Ungefähr ein Viertel unserer Landsleute ist Mitglied in einer dieser Säulen der österreichischen Seele, viele sogar in mehreren. Und welche von diesen Vereinen stellen die Medien – über deren schrankenlose Freiheit nicht zuletzt deshalb nach der Wahl wieder dringend geredet werden muss – jetzt an den Pranger? Ausgerechnet die, denen man eine Nähe zu irgendeiner politischen Partei nachsagt! Als ob das von vornherein etwas Böses wäre! Und statt froh darüber zu sein, dass es trotz immer widriger werdender Rahmenbedingungen so viele Menschen gibt, die sich uneigennützig in den Dienst der Sache stellen und für das Gemeinwohl arbeiten, bringt man die jetzt alle völlig ohne Not in den Geruch irgendwie unsauberer Parteienfinanzierung – ganz so, als ob diese aufgrund des guten Zwecks nicht schon per se nur blitzsauber sein kann!

Wie kann es zum Beispiel auch nur den geringsten Zweifel daran geben, dass es sich beim Verein „Geile Gerulfs“ um etwas anderes handeln könnte als um einen deutschnationalen Swingerclub? Zugegeben, es mag dort zu manchmal durchaus etwas höheren Zuwendungen von Gönnern gekommen sein – aber denen lag allen einzig die Förderung streng inter-autochthonen Beiwohnens am Herzen. Mit diesem Geld wurden zum Beispiel über die Jahre Abertausende, im Sinne des nunmehr leider eher dauerhaft verhinderten patriotischen Reproduktionsvordenkers Johann Gudenus an der Spitze mit einem kleinen Loch versehene Kondome angeschafft. Oder schwarze Latex-Uniformen mit diversen Dienstabzeichen und Blattformen sowie Gasmasken oder Reitgerten für die eher speziell Interessierten. Aber niemals nicht ist auch nur ein Cent aus den im Stile eines Schützengrabens gehaltenen Vereinsräumlichkeiten in die Parteikasse der FPÖ geflossen! Wie man überhaupt auf so eine Idee kommen kann! Aber der sattsam bekannten Jagdgesellschaft ist ja bekanntlich nichts zu dumm. Die sind ja alle nur neidig, weil sie auch gern einmal an Brunhildes Gulaschkanonen-BH nesteln würden. Tja, Pech gehabt!

Nur weil sich manche Kleingeister partout nicht vorstellen können, wie eine Kombination aus Einhand-Segeln und Gewichtheben funktioniert, heißt das noch lange nicht, dass es sie nicht gibt.

Aber auch die SPÖ bleibt von solchen ungeheuerlichen Verdächtigungen leider nicht verschont. Gerade im Umfeld der Wiener SPÖ – die ja für Gutwillige schon immer über jedweden Verflechtungsverdacht mit Sachen, die möglicherweise irgendwie Geld bringen, erhaben war – tauchen jüngst vermehrt hässliche Gerüchte auf. Und dies nicht nur, was das Donauinselfest betrifft. Aber echt jetzt: Man muss schon sehr bösartig oder ein sehr alter weißer Mann sein – wobei das ja eh auf dasselbe hinausläuft –, wenn man etwa im Verein „Donnertage“, der es sich zum Ziel gesetzt hat, sämtliche Equal-Pay-Days des Jahres exklusiv für Frauen als gesetzliche Feiertage zu etablieren, eine Scheinkonstruktion erblicken will. Wie nun wirklich jeder weiß, ist die gläserne Decke dermaßen undurchlässig, dass da nicht einmal ein Fünfhunderterbündel durchkommt – also was soll das alles?

Ebenso unverdächtig ist auch der Sportverein „Feuchttraum“. Nur weil sich manche Kleingeister partout nicht vorstellen können, wie eine Kombination aus Einhand-Segeln und Gewichtheben funktioniert, heißt das noch lange nicht, dass es sie nicht gibt. Und gerade junge Sportarten brauchen Förderung; alles, was die Jugend vom Smartphone wegbringt, sollte man lautstark begrüßen – und nicht a priori verdammen. So schade, das.

Bei der ÖVP wiederum ist es ja an sich recht einfach. Alles, was irgendwie unangenehm oder uncool ist, wird vom Jungaltkanzler routinemäßig mit „vor meiner Zeit“ oder „alte ÖVP“ abgeschmettert – und dann erwartet er sich völlig zu Recht ein Ende der jeweiligen unerquicklichen Debatte. Falls dieses nicht eintritt, handelt es sich um einen Schmutzkübel. Auf die Debatte über einen Verein, bei dem Gernot Blümel ebenso wie bei „Pro Patria“ ohne sein Wissen Kassier war, trifft letztere Qualifizierung ganz ohne jeden Zweifel zu. Wenn den Gläubigen im Kärntner Bad St. Leonhard die Zeit zwischen den dortigen turnusmäßigen halbjährlichen Marienerscheinungen zu lang wird und sie für einen Seher sammeln, dem jeden Mittwoch nach dem Ministerrat in einem Schauraum für gebrauchte Landmaschinen Sebastian Kurz erscheint – wer ist die neue Volkspartei, ihnen das verbieten zu wollen? Und mit dem Obolus, den diese braven Leutchen in die Vereinskasse von „Traktor Fatima“ einzahlen, wird wirklich nur die Reinigung jener Egge finanziert, auf die der Retter Österreichs immer herabkommt – und nichts, aber schon gar nichts anderes. Auch wenn es vielleicht ein Segen wäre.

Alles sehr unerfreulich, was sich die Parteien gerade anhören müssen, fürwahr. Aber irgendwann wird der Wahlkampf ja auch mal vorbei sein, dann kehrt hoffentlich wieder Ruhe ein. Und gerade auf diesem Gebiet schätzen diese ja alle unsere honorigen Staatsträger ganz ungemein.

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort