Satire

Barbie vs. Basti

Der momentane leichte Sebastian-Kurz-Overkill in den heimischen Kinos dürfte vor allem einen gar nicht so furchtbar stören: Sebastian Kurz.

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Man könnte meinen, zwei Filme über einen ehemaligen Politiker und nunmehrigen Quasi-Influencer, die gleichzeitig in den Kinos laufen, seien ein bisschen viel der Ehre. Aber was die gewohnt übellaunige Filmkritik dabei natürlich völlig übersieht, sind die zu erwartenden, hierzulande noch nie gesehenen Box-Office-Rekorde, für die sie sorgen werden. Sie mögen zwar eine diametral entgegengesetzte Annäherung an das Objekt ihrer Begierde aufweisen, aber was sie eint, ist, dass beide auf ihre Art hochgradig objektiv und nachgerade uferlos interessant sind. Und außerdem: Was bitte ist schon Barbie – gegen Basti?  Einer dieser beiden mag zwar nur inwendig blond sein, aber das bedeutet noch lange nicht, dass er sich nicht noch tiefer in die Filmgeschichte eingravieren wird. Einfach wegen der ungemein fesselnden Story. Und natürlich nicht zuletzt wegen des leicht unterkühlten, aber dennoch supernovamäßig strahlenden Charismas des Hauptdarstellers. Den Kurz aber nur in einem der beiden Straßenfeger tatsächlich leibhaftig gibt.

Jedenfalls beweisen die präsumtiven Oscar-Kandidaten, dass weder die Gegner von Sebastian Kurz geneigt sind, ihre Kiefersperre rund um sein Wadl in absehbarer Zeit zu lösen, noch sein Fanclub die Hoffnung auf das größte Comeback seit Lazarus aufgeben will. Und der jüngste Altkanzler aller Zeiten bleibt dergestalt zumindest heftig im Gespräch. Es könnte durchaus sein, dass ihm das nicht gänzlich unrecht ist. Der Coup, die von langer Hand geplante Doku von Kurt Langbein mittels eines bis zum Schluss erfolgreich strengst geheim gehaltenen Gegenprojekts zu torpedieren, indem man es überfallsartig eine Woche vor deren Start ins Kino bringt, beweist überdies, dass das Kurz’sche Message-Control-Regiment immer noch zackig Gewehr bei Fuß steht, sollte man es wieder einmal brauchen. Aber wofür könnte man es bloß noch brauchen? Hmm. 

Box-Office-Rekorde sind programmiert – wegen der fesselnden Story und des  supernovamäßig strahlenden Charismas des Hauptdarstellers.

Kurz beantwortet auch die häufig gestellten Fragen zu einem möglichen Polit-Comeback mittlerweile etwas anders als noch vor ein, zwei Jahren. Damals hieß es stets: „Nein, damit habe ich abgeschlossen.“ Diese ebenso glasklare wie immer schon hochgradig glaubwürdige Ablehnung mutierte in der Zwischenzeit zu einem doch etwas biegsameren: „Im Moment nicht.“ Man liegt also vielleicht nicht völlig daneben, wenn man den Verdacht hegt, dass hier etwas im Busch schlummern könnte. Und falls es sich gerichts- und vor allem urteilstechnisch ausgehen sollte, diesen Gollum vor der nächsten Wahl aufzuwecken, dann könnte es wirklich spannend werden. Und vor allem der SPÖ das nächste gröbere Hoppala in ihrer nun doch schon beeindruckend langen Kette von nahtlos ineinander übergehenden GAUs bescheren. Denn Kurz würde, read my lips, mit großer Wahrscheinlichkeit auch diese Wahl wieder gewinnen. Weil die Wähler halt leider doch sehr unreif sind. Und stur auch noch. 

Der Vorsprung auf Herbert Kickl, den diese Rückkehr klarerweise auch haltlos begeistern würde, weil dann ein anderer auf den keineswegs irgendwie tranigen Ehrentitel „Volkskanzler“ pochen könnte, wäre zwar möglicherweise nur ein knapper – aber mit Sicherheit läge die ÖVP um Lichtjahre vor der SPÖ. Dann hätte sich für die Roten die ungemein schlaue Taktik, sich im Ibiza-U-Ausschuss mit voller Verve auf die Türkisen zu stürzen und gleichzeitig die FPÖ, deretwegen dieser Ausschuss ja ursprünglich ins Leben gerufen worden war, nicht nur gänzlich ungeschoren davonkommen zu lassen, sondern sogar mit ihr gemeinsame Sache zu machen und sie solcherart freundlichst zu resozialisieren, endgültig voll ausgezahlt. Ebenso wie die von den hart arbeitenden, aber leider völlig entrechteten  Massen, die auf Twitter hauptgemeldet sind, im Verein mit dem vehement auf den ja wohl unbestritten wichtigsten Teil sozialdemokratischer Politik – also sein persönliches Wohlbefinden – achtenden Michael Ludwig herbeigeführte Kür eines linkspopulistischen Dampfplauderers zum Chef einer Partei, die ihn nach seinem Raketenstart in den Umfragen und der beeindruckenden Stringenz all seiner unumstößlichen Absichtserklärungen mittlerweile in weiten Teilen selbst nicht mehr ernst nimmt. Aber selbstverständlich musste eine Partei, die stets heldenhaft den Anfängen wehrt, ja in erster Linie einen gar schröcklichen Rechtsruck in den eigenen Reihen verhindern. Da kann man sich wirklich nicht auch noch darum kümmern, ob diese beeindruckende Unbeugsamkeit dazu führt, dass der einem möglicherweise doch etwas drastischeren gesamtösterreichischen Rechtsruckbegehren ja bekanntlich völlig abhold gegenüberstehende Herbert Kickl überhaupt keinen Gegner mehr hat. Zumindest solange Kurz bleibt, wo er ist. 

Wobei: Am Ende tut er das ja sogar. Denn nebst vielen beeindruckten Cineasten wird nach diesem Leinwandfurioso mit Sicherheit noch jemand anderer anrufen: Hollywood. Die suchen noch wen für „Barbie II“.

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort